Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.allerdings unsrer Zeit ein etwas kaufmännisches und comptoiristisches Ansehen geben. Ein so durchgeführter Lebenslauf kann auch nur mit der Politik endigen, für welche sich Louis Philipp entschieden hat. All sein Vermögen und seine Kraft ist ein Erwerb. Nachtwachen und Entbehrungen kleben daran. Die Sicherung dieses Erwerbes ist der einzige beseligende Gedanke, mit welchem er aus der Mitte seines jetzigen Glückes einmal durch den Tod heraustreten würde. Er will nicht bloß etwas erworben haben, sondern auch eine Erbschaft hinterlassen. Er findet sein Glück darin, dasjenige, was er nach und nach sich angeeignet hat, seinen Erben im Ganzen und Großen zu hinterlassen. Befestigung, Erhaltung, Sicherstellung sind die leitenden Prinzipien der Politik Louis Philipps und machen ihn zum natürlichen Oberhaupt aller derjenigen, welche nicht nur haben, sondern auch lieb haben, was sie besitzen. Was besizt nun aber Louis Philipp? Die Herrschaft über eine Nation (gegen die Herrschaft über das Land haben die Franzosen protestirt), welche durch eigenes Auflehnen gegen die überlieferte Gewohnheit, durch die Leichtigkeit, mit der sie ihre Herrscher veränderte, durch den Ehrgeiz, kein willenloses Conglomerat von Abhängigkeiten vorzustellen, eine ganz eigene Behandlung erfordert. Louis Philipp will sich zunächst durch die Franzosen erhalten, und ist weltweise genug, dahin zu arbeiten, daß die allerdings unsrer Zeit ein etwas kaufmännisches und comptoiristisches Ansehen geben. Ein so durchgeführter Lebenslauf kann auch nur mit der Politik endigen, für welche sich Louis Philipp entschieden hat. All sein Vermögen und seine Kraft ist ein Erwerb. Nachtwachen und Entbehrungen kleben daran. Die Sicherung dieses Erwerbes ist der einzige beseligende Gedanke, mit welchem er aus der Mitte seines jetzigen Glückes einmal durch den Tod heraustreten würde. Er will nicht bloß etwas erworben haben, sondern auch eine Erbschaft hinterlassen. Er findet sein Glück darin, dasjenige, was er nach und nach sich angeeignet hat, seinen Erben im Ganzen und Großen zu hinterlassen. Befestigung, Erhaltung, Sicherstellung sind die leitenden Prinzipien der Politik Louis Philipps und machen ihn zum natürlichen Oberhaupt aller derjenigen, welche nicht nur haben, sondern auch lieb haben, was sie besitzen. Was besizt nun aber Louis Philipp? Die Herrschaft über eine Nation (gegen die Herrschaft über das Land haben die Franzosen protestirt), welche durch eigenes Auflehnen gegen die überlieferte Gewohnheit, durch die Leichtigkeit, mit der sie ihre Herrscher veränderte, durch den Ehrgeiz, kein willenloses Conglomerat von Abhängigkeiten vorzustellen, eine ganz eigene Behandlung erfordert. Louis Philipp will sich zunächst durch die Franzosen erhalten, und ist weltweise genug, dahin zu arbeiten, daß die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0395" n="393"/> allerdings unsrer Zeit ein etwas kaufmännisches und comptoiristisches Ansehen geben.</p> <p>Ein so durchgeführter Lebenslauf kann auch nur mit der Politik endigen, für welche sich <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> entschieden hat. All sein Vermögen und seine Kraft ist ein Erwerb. Nachtwachen und Entbehrungen kleben daran. Die Sicherung dieses Erwerbes ist der einzige beseligende Gedanke, mit welchem er aus der Mitte seines jetzigen Glückes einmal durch den Tod heraustreten würde. Er will nicht bloß etwas erworben haben, sondern auch eine Erbschaft hinterlassen. Er findet sein Glück darin, dasjenige, was er nach und nach sich angeeignet hat, seinen Erben im Ganzen und Großen zu hinterlassen. Befestigung, Erhaltung, Sicherstellung sind die leitenden Prinzipien der Politik <hi rendition="#g">Louis Philipps</hi> und machen ihn zum natürlichen Oberhaupt aller derjenigen, welche nicht nur haben, sondern auch lieb haben, was sie besitzen. Was besizt nun aber <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi>? Die Herrschaft über eine Nation (gegen die Herrschaft über das Land haben die Franzosen protestirt), welche durch eigenes Auflehnen gegen die überlieferte Gewohnheit, durch die Leichtigkeit, mit der sie ihre Herrscher veränderte, durch den Ehrgeiz, kein willenloses Conglomerat von Abhängigkeiten vorzustellen, eine ganz eigene Behandlung erfordert. <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> will sich zunächst durch die Franzosen erhalten, und ist weltweise genug, dahin zu arbeiten, daß die </p> </div> </body> </text> </TEI> [393/0395]
allerdings unsrer Zeit ein etwas kaufmännisches und comptoiristisches Ansehen geben.
Ein so durchgeführter Lebenslauf kann auch nur mit der Politik endigen, für welche sich Louis Philipp entschieden hat. All sein Vermögen und seine Kraft ist ein Erwerb. Nachtwachen und Entbehrungen kleben daran. Die Sicherung dieses Erwerbes ist der einzige beseligende Gedanke, mit welchem er aus der Mitte seines jetzigen Glückes einmal durch den Tod heraustreten würde. Er will nicht bloß etwas erworben haben, sondern auch eine Erbschaft hinterlassen. Er findet sein Glück darin, dasjenige, was er nach und nach sich angeeignet hat, seinen Erben im Ganzen und Großen zu hinterlassen. Befestigung, Erhaltung, Sicherstellung sind die leitenden Prinzipien der Politik Louis Philipps und machen ihn zum natürlichen Oberhaupt aller derjenigen, welche nicht nur haben, sondern auch lieb haben, was sie besitzen. Was besizt nun aber Louis Philipp? Die Herrschaft über eine Nation (gegen die Herrschaft über das Land haben die Franzosen protestirt), welche durch eigenes Auflehnen gegen die überlieferte Gewohnheit, durch die Leichtigkeit, mit der sie ihre Herrscher veränderte, durch den Ehrgeiz, kein willenloses Conglomerat von Abhängigkeiten vorzustellen, eine ganz eigene Behandlung erfordert. Louis Philipp will sich zunächst durch die Franzosen erhalten, und ist weltweise genug, dahin zu arbeiten, daß die
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/395>, abgerufen am 16.07.2024. |