Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.Franzosen nur wünschen sollen, sich ihn zu erhalten. Vielleicht ist es auch Ueberzeugung, wenn Louis Philipp noch nach jedem Attentate auf sein Leben jenen von der Opposition vielfach bekrittelten Satz aufgestellt hat: "Jch sehe, daß mein eigenes Leben das Unterpfand für Frankreichs Ruhe und Glück ist." Louis Philipp kennt die Geschichte genug, um alle Jnteressen der Jeztwelt nebeneinander zu stellen, das Gleichartige aus ihnen auszuziehen und auf das, was der Majorität förderlich ist, einen Schluß zu machen, der zufällig mit seinem eigenen Jnteresse übereinstimmt. Jch glaube, daß Louis Philipp abdanken würde, wenn er die Majorität der Nation gegen sich hätte. Da er sie aber für sich hat, so nimmt er diese Erfahrung zwar zunächst als eine Pflicht, zulezt aber immer als eine Gunst des Glückes auf, die einmal erlangt, man sich auch dauernd zu sichern verpflichtet und berechtigt sey. Nimmt man für die Rathschläge, welche den König der Franzosen bedienen wollen, drei Nüancen, Guizot, Dupin und Odillon Barrot an, so steht es fest, daß, wenn auch für den Augenblick der König irgend einer dieser drei Parteien den Handschuh einer augenblicklichen Gunst in den Schooß wirft, doch hinter dem Visiere des von ihnen entlehnten Systems immer sein eigenes specielles Hausinteresse durchschimmert. Casimir Perier war der einzige Rathgeber des Königs, bei welchem es zweifelhaft Franzosen nur wünschen sollen, sich ihn zu erhalten. Vielleicht ist es auch Ueberzeugung, wenn Louis Philipp noch nach jedem Attentate auf sein Leben jenen von der Opposition vielfach bekrittelten Satz aufgestellt hat: "Jch sehe, daß mein eigenes Leben das Unterpfand für Frankreichs Ruhe und Glück ist.“ Louis Philipp kennt die Geschichte genug, um alle Jnteressen der Jeztwelt nebeneinander zu stellen, das Gleichartige aus ihnen auszuziehen und auf das, was der Majorität förderlich ist, einen Schluß zu machen, der zufällig mit seinem eigenen Jnteresse übereinstimmt. Jch glaube, daß Louis Philipp abdanken würde, wenn er die Majorität der Nation gegen sich hätte. Da er sie aber für sich hat, so nimmt er diese Erfahrung zwar zunächst als eine Pflicht, zulezt aber immer als eine Gunst des Glückes auf, die einmal erlangt, man sich auch dauernd zu sichern verpflichtet und berechtigt sey. Nimmt man für die Rathschläge, welche den König der Franzosen bedienen wollen, drei Nüancen, Guizot, Dupin und Odillon Barrot an, so steht es fest, daß, wenn auch für den Augenblick der König irgend einer dieser drei Parteien den Handschuh einer augenblicklichen Gunst in den Schooß wirft, doch hinter dem Visiere des von ihnen entlehnten Systems immer sein eigenes specielles Hausinteresse durchschimmert. Casimir Perier war der einzige Rathgeber des Königs, bei welchem es zweifelhaft <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0396" n="394"/> Franzosen nur wünschen sollen, sich <hi rendition="#g">ihn</hi> zu erhalten. Vielleicht ist es auch Ueberzeugung, wenn <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> noch nach jedem Attentate auf sein Leben jenen von der Opposition vielfach bekrittelten Satz aufgestellt hat: "Jch sehe, daß mein eigenes Leben das Unterpfand für Frankreichs Ruhe und Glück ist.“ <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> kennt die Geschichte genug, um alle Jnteressen der Jeztwelt nebeneinander zu stellen, das Gleichartige aus ihnen auszuziehen und auf das, was der Majorität förderlich ist, einen Schluß zu machen, der zufällig mit seinem eigenen Jnteresse übereinstimmt. Jch glaube, daß <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> abdanken würde, wenn er die Majorität der Nation gegen sich hätte. Da er sie aber für sich hat, so nimmt er diese Erfahrung zwar zunächst als eine Pflicht, zulezt aber immer als eine Gunst des Glückes auf, die einmal erlangt, man sich auch dauernd zu sichern verpflichtet und berechtigt sey.</p> <p>Nimmt man für die Rathschläge, welche den König der Franzosen bedienen wollen, drei Nüancen, <hi rendition="#g">Guizot</hi>, <hi rendition="#g">Dupin</hi> und <hi rendition="#g">Odillon Barrot</hi> an, so steht es fest, daß, wenn auch für den Augenblick der König irgend einer dieser drei Parteien den Handschuh einer augenblicklichen Gunst in den Schooß wirft, doch hinter dem Visiere des von ihnen entlehnten Systems immer sein eigenes specielles Hausinteresse durchschimmert. <hi rendition="#g">Casimir Perier</hi> war der einzige Rathgeber des Königs, bei welchem es zweifelhaft </p> </div> </body> </text> </TEI> [394/0396]
Franzosen nur wünschen sollen, sich ihn zu erhalten. Vielleicht ist es auch Ueberzeugung, wenn Louis Philipp noch nach jedem Attentate auf sein Leben jenen von der Opposition vielfach bekrittelten Satz aufgestellt hat: "Jch sehe, daß mein eigenes Leben das Unterpfand für Frankreichs Ruhe und Glück ist.“ Louis Philipp kennt die Geschichte genug, um alle Jnteressen der Jeztwelt nebeneinander zu stellen, das Gleichartige aus ihnen auszuziehen und auf das, was der Majorität förderlich ist, einen Schluß zu machen, der zufällig mit seinem eigenen Jnteresse übereinstimmt. Jch glaube, daß Louis Philipp abdanken würde, wenn er die Majorität der Nation gegen sich hätte. Da er sie aber für sich hat, so nimmt er diese Erfahrung zwar zunächst als eine Pflicht, zulezt aber immer als eine Gunst des Glückes auf, die einmal erlangt, man sich auch dauernd zu sichern verpflichtet und berechtigt sey.
Nimmt man für die Rathschläge, welche den König der Franzosen bedienen wollen, drei Nüancen, Guizot, Dupin und Odillon Barrot an, so steht es fest, daß, wenn auch für den Augenblick der König irgend einer dieser drei Parteien den Handschuh einer augenblicklichen Gunst in den Schooß wirft, doch hinter dem Visiere des von ihnen entlehnten Systems immer sein eigenes specielles Hausinteresse durchschimmert. Casimir Perier war der einzige Rathgeber des Königs, bei welchem es zweifelhaft
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