Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.blieb, ob seine Politik das ganz-identische Jnteresse Louis Philipps deckte, oder ob der König auch bei ihm eine Annäherung vermißte, welcher zu Liebe Guizot schon einigemal und Thiers vielleicht auf immer gefallen ist. Vielleicht betrachtete Louis Philipp seine Stellung in den ersten Jahren nach der Julirevolution noch immer als interimistisch; vielleicht suchte er damals noch den Schwerpunkt der Jnteressen Frankreichs irgendwo zu finden, bis er ihn, wie er oft genug gesagt hat, in seinem eigenen Leben fand. Diese unverdeckte Ueberzeugung ist die merkwürdige Kluft, die ihn selbst von seinen Freunden trennt, die ihm mit der Zeit sogar diejenigen abwendig gemacht hat, welche doch alles dazu beigetragen hatten, ihn in dieser siegreichen Ueberzeugung zu stärken, die ihm behilflich waren, erst die englische Allianz zu schließen, dann sie mit der russischen zu vertauschen, die als Brautwerber für seine Söhne und Töchter auftraten und ihn in jeder Weise an die europäischen Dynastien assimilirten. Und doch ist dies das Abweichende, welches sich in den Systemen selbst der entschiedensten Hingebung gegen Louis Philipp zeigt, daß die Doktrin, der Tiersparti, die dynastische Opposition, Jeder in seiner Art, vom Glücke Frankreichs eine Meinung hat, die auf Thatsachen, Erfahrungssätze und historische Prinzipien gegründet ist. Diese Positivität abstrakter Systeme, dies Verwerfen aller Persönlichkeit hat Guizot mit Odillon Barrot so gut gemein, blieb, ob seine Politik das ganz-identische Jnteresse Louis Philipps deckte, oder ob der König auch bei ihm eine Annäherung vermißte, welcher zu Liebe Guizot schon einigemal und Thiers vielleicht auf immer gefallen ist. Vielleicht betrachtete Louis Philipp seine Stellung in den ersten Jahren nach der Julirevolution noch immer als interimistisch; vielleicht suchte er damals noch den Schwerpunkt der Jnteressen Frankreichs irgendwo zu finden, bis er ihn, wie er oft genug gesagt hat, in seinem eigenen Leben fand. Diese unverdeckte Ueberzeugung ist die merkwürdige Kluft, die ihn selbst von seinen Freunden trennt, die ihm mit der Zeit sogar diejenigen abwendig gemacht hat, welche doch alles dazu beigetragen hatten, ihn in dieser siegreichen Ueberzeugung zu stärken, die ihm behilflich waren, erst die englische Allianz zu schließen, dann sie mit der russischen zu vertauschen, die als Brautwerber für seine Söhne und Töchter auftraten und ihn in jeder Weise an die europäischen Dynastien assimilirten. Und doch ist dies das Abweichende, welches sich in den Systemen selbst der entschiedensten Hingebung gegen Louis Philipp zeigt, daß die Doktrin, der Tiersparti, die dynastische Opposition, Jeder in seiner Art, vom Glücke Frankreichs eine Meinung hat, die auf Thatsachen, Erfahrungssätze und historische Prinzipien gegründet ist. Diese Positivität abstrakter Systeme, dies Verwerfen aller Persönlichkeit hat Guizot mit Odillon Barrot so gut gemein, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0397" n="395"/> blieb, ob seine Politik das ganz-identische Jnteresse <hi rendition="#g">Louis Philipps</hi> deckte, oder ob der König auch bei ihm eine Annäherung vermißte, welcher zu Liebe <hi rendition="#g">Guizot</hi> schon einigemal und <hi rendition="#g">Thiers</hi> vielleicht auf immer gefallen ist. Vielleicht betrachtete <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> seine Stellung in den ersten Jahren nach der Julirevolution noch immer als interimistisch; vielleicht suchte er damals noch den Schwerpunkt der Jnteressen Frankreichs irgendwo zu finden, bis er ihn, wie er oft genug gesagt hat, in seinem eigenen Leben fand. Diese unverdeckte Ueberzeugung ist die merkwürdige Kluft, die ihn selbst von seinen Freunden trennt, die ihm mit der Zeit sogar diejenigen abwendig gemacht hat, welche doch alles dazu beigetragen hatten, ihn in dieser siegreichen Ueberzeugung zu stärken, die ihm behilflich waren, erst die englische Allianz zu schließen, dann sie mit der russischen zu vertauschen, die als Brautwerber für seine Söhne und Töchter auftraten und ihn in jeder Weise an die europäischen Dynastien assimilirten. Und doch ist dies das Abweichende, welches sich in den Systemen selbst der entschiedensten Hingebung gegen <hi rendition="#g">Louis Philipp</hi> zeigt, daß die Doktrin, der Tiersparti, die dynastische Opposition, Jeder in seiner Art, vom Glücke Frankreichs eine Meinung hat, die auf Thatsachen, Erfahrungssätze und historische Prinzipien gegründet ist. Diese Positivität abstrakter Systeme, dies Verwerfen aller Persönlichkeit hat <hi rendition="#g">Guizot</hi> mit <hi rendition="#g">Odillon Barrot</hi> so gut gemein, </p> </div> </body> </text> </TEI> [395/0397]
blieb, ob seine Politik das ganz-identische Jnteresse Louis Philipps deckte, oder ob der König auch bei ihm eine Annäherung vermißte, welcher zu Liebe Guizot schon einigemal und Thiers vielleicht auf immer gefallen ist. Vielleicht betrachtete Louis Philipp seine Stellung in den ersten Jahren nach der Julirevolution noch immer als interimistisch; vielleicht suchte er damals noch den Schwerpunkt der Jnteressen Frankreichs irgendwo zu finden, bis er ihn, wie er oft genug gesagt hat, in seinem eigenen Leben fand. Diese unverdeckte Ueberzeugung ist die merkwürdige Kluft, die ihn selbst von seinen Freunden trennt, die ihm mit der Zeit sogar diejenigen abwendig gemacht hat, welche doch alles dazu beigetragen hatten, ihn in dieser siegreichen Ueberzeugung zu stärken, die ihm behilflich waren, erst die englische Allianz zu schließen, dann sie mit der russischen zu vertauschen, die als Brautwerber für seine Söhne und Töchter auftraten und ihn in jeder Weise an die europäischen Dynastien assimilirten. Und doch ist dies das Abweichende, welches sich in den Systemen selbst der entschiedensten Hingebung gegen Louis Philipp zeigt, daß die Doktrin, der Tiersparti, die dynastische Opposition, Jeder in seiner Art, vom Glücke Frankreichs eine Meinung hat, die auf Thatsachen, Erfahrungssätze und historische Prinzipien gegründet ist. Diese Positivität abstrakter Systeme, dies Verwerfen aller Persönlichkeit hat Guizot mit Odillon Barrot so gut gemein,
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