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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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las es Gediegeneres, die Theilnahme an der Erörterung moralischer Fragen von tieferer und himmlischerer Bedeutung war weit allgemeiner, als sie es jezt ist. Jezt läßt der Jndifferentismus das Meiste, was jedem über das Ewige zu wissen ziemt, unberührt und unerörtert. Soll dieser Zustand fortdauern? sollen die Gemüther verflachen und die Herzen, diese starren Eisblöcke, nicht wieder aufthauen? Sollen moralische und spirituelle Jnteressen nicht jene Geister wieder versöhnen können, die sich über die politischen Discussionen so schroff gegenüber stellten? Es ist wahrlich eines Jeden, der durch Rede und Schrift auf das Volk einwirken kann, würdig, Gedankenreihen von solcher Verbindung vor allen übrigen Vorschub zu leisten. Man soll als Schriftsteller seine Aufgabe darin erblicken, die Menschen abzulenken von dem jähen Zuge, mit welchem sich in der Verfolgung der vom Augenblick auf die Tagesordnung gebrachten Fragen überstürzen. Es hat Perioden in der Geschichte gegeben, wo die Appellation von dem, was man um sich her erlebte, an die höhern Regionen der Kunst, Wissenschaft, der Erziehung und Religion ein Trost war; jezt sollten wir aus dieser Appellation eine Belehrung machen. Um in unsern Begriffen nicht auf die äußerste einseitige Spitze getrieben zu werden, ist es dringend nöthig, daß wir das Terrain derselben ausdehnen und verallgemeinern.

las es Gediegeneres, die Theilnahme an der Erörterung moralischer Fragen von tieferer und himmlischerer Bedeutung war weit allgemeiner, als sie es jezt ist. Jezt läßt der Jndifferentismus das Meiste, was jedem über das Ewige zu wissen ziemt, unberührt und unerörtert. Soll dieser Zustand fortdauern? sollen die Gemüther verflachen und die Herzen, diese starren Eisblöcke, nicht wieder aufthauen? Sollen moralische und spirituelle Jnteressen nicht jene Geister wieder versöhnen können, die sich über die politischen Discussionen so schroff gegenüber stellten? Es ist wahrlich eines Jeden, der durch Rede und Schrift auf das Volk einwirken kann, würdig, Gedankenreihen von solcher Verbindung vor allen übrigen Vorschub zu leisten. Man soll als Schriftsteller seine Aufgabe darin erblicken, die Menschen abzulenken von dem jähen Zuge, mit welchem sich in der Verfolgung der vom Augenblick auf die Tagesordnung gebrachten Fragen überstürzen. Es hat Perioden in der Geschichte gegeben, wo die Appellation von dem, was man um sich her erlebte, an die höhern Regionen der Kunst, Wissenschaft, der Erziehung und Religion ein Trost war; jezt sollten wir aus dieser Appellation eine Belehrung machen. Um in unsern Begriffen nicht auf die äußerste einseitige Spitze getrieben zu werden, ist es dringend nöthig, daß wir das Terrain derselben ausdehnen und verallgemeinern.

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[432/0434] las es Gediegeneres, die Theilnahme an der Erörterung moralischer Fragen von tieferer und himmlischerer Bedeutung war weit allgemeiner, als sie es jezt ist. Jezt läßt der Jndifferentismus das Meiste, was jedem über das Ewige zu wissen ziemt, unberührt und unerörtert. Soll dieser Zustand fortdauern? sollen die Gemüther verflachen und die Herzen, diese starren Eisblöcke, nicht wieder aufthauen? Sollen moralische und spirituelle Jnteressen nicht jene Geister wieder versöhnen können, die sich über die politischen Discussionen so schroff gegenüber stellten? Es ist wahrlich eines Jeden, der durch Rede und Schrift auf das Volk einwirken kann, würdig, Gedankenreihen von solcher Verbindung vor allen übrigen Vorschub zu leisten. Man soll als Schriftsteller seine Aufgabe darin erblicken, die Menschen abzulenken von dem jähen Zuge, mit welchem sich in der Verfolgung der vom Augenblick auf die Tagesordnung gebrachten Fragen überstürzen. Es hat Perioden in der Geschichte gegeben, wo die Appellation von dem, was man um sich her erlebte, an die höhern Regionen der Kunst, Wissenschaft, der Erziehung und Religion ein Trost war; jezt sollten wir aus dieser Appellation eine Belehrung machen. Um in unsern Begriffen nicht auf die äußerste einseitige Spitze getrieben zu werden, ist es dringend nöthig, daß wir das Terrain derselben ausdehnen und verallgemeinern.

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 432. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/434>, abgerufen am 21.11.2024.