Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.lodern soll. Die meiste Schuld liegt auf jenem Felde, das unten an den Zinnen Troja's liegt, wo die Griechen und Trojaner sich bekämpfen, während sich oben die Frauen mit der Gesellschaft verliebter aber alter Graubärte begnügen müssen. Bereits oben ist bei Gelegenheit der Uebervölkerung von Rechten die Rede gewesen, welche man dem ehelosen Stande der Ehe gegenüber einräumen soll. Jch dringe auch hier darauf, die unehliche Geburt nicht mit polizeilichen Schwierigkeiten zu belasten, weil jeder Einsichtsvolle nur in dieser Schwierigkeit die Gefahren einer Uebervölkerung und mit ihr verbundenen Nahrungslosigkeit sehen kann. Allein der Einsichtsvolle sollte auch weit davon entfernt seyn, diese Emanzipation der Unehe darin zu finden, daß man die Ehe selbst untergräbt. Das Hagestolziat ist, wie wir an Lord Bubbleton sahen, eine natürliche Folge der auf der Existenz lastenden Hindernisse und Schwierigkeiten; allein den Junggesellen sollte es gelingen, uns den ehelichen Stand zu verleiden? Sie sollten Macht gewinnen, einen Pantheismus der Geschlechtsneigung zu predigen, der zu Auflösung aller Sitte und Ordnung führen würde? Jch verdenke ihnen nicht, daß sie sich rächen, daß sie darnach streben, ihre Kryptogamie in bessere Achtung einzusetzen; allein daß sie deßhalb in der Ehe logische und metaphysische Widersprüche zu entdecken glauben, ist eine Verblendung, wo es mir leid thut, sie eine so geistvolle lodern soll. Die meiste Schuld liegt auf jenem Felde, das unten an den Zinnen Troja’s liegt, wo die Griechen und Trojaner sich bekämpfen, während sich oben die Frauen mit der Gesellschaft verliebter aber alter Graubärte begnügen müssen. Bereits oben ist bei Gelegenheit der Uebervölkerung von Rechten die Rede gewesen, welche man dem ehelosen Stande der Ehe gegenüber einräumen soll. Jch dringe auch hier darauf, die unehliche Geburt nicht mit polizeilichen Schwierigkeiten zu belasten, weil jeder Einsichtsvolle nur in dieser Schwierigkeit die Gefahren einer Uebervölkerung und mit ihr verbundenen Nahrungslosigkeit sehen kann. Allein der Einsichtsvolle sollte auch weit davon entfernt seyn, diese Emanzipation der Unehe darin zu finden, daß man die Ehe selbst untergräbt. Das Hagestolziat ist, wie wir an Lord Bubbleton sahen, eine natürliche Folge der auf der Existenz lastenden Hindernisse und Schwierigkeiten; allein den Junggesellen sollte es gelingen, uns den ehelichen Stand zu verleiden? Sie sollten Macht gewinnen, einen Pantheismus der Geschlechtsneigung zu predigen, der zu Auflösung aller Sitte und Ordnung führen würde? Jch verdenke ihnen nicht, daß sie sich rächen, daß sie darnach streben, ihre Kryptogamie in bessere Achtung einzusetzen; allein daß sie deßhalb in der Ehe logische und metaphysische Widersprüche zu entdecken glauben, ist eine Verblendung, wo es mir leid thut, sie eine so geistvolle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="46"/> lodern soll. Die meiste Schuld liegt auf jenem Felde, das unten an den Zinnen Troja’s liegt, wo die Griechen und Trojaner sich bekämpfen, während sich oben die Frauen mit der Gesellschaft verliebter aber alter Graubärte begnügen müssen.</p> <p>Bereits oben ist bei Gelegenheit der Uebervölkerung von Rechten die Rede gewesen, welche man dem ehelosen Stande der Ehe gegenüber einräumen soll. Jch dringe auch hier darauf, die unehliche Geburt nicht mit polizeilichen Schwierigkeiten zu belasten, weil jeder Einsichtsvolle nur in dieser Schwierigkeit die Gefahren einer Uebervölkerung und mit ihr verbundenen Nahrungslosigkeit sehen kann. Allein der Einsichtsvolle sollte auch weit davon entfernt seyn, diese Emanzipation der Unehe darin zu finden, daß man die Ehe selbst untergräbt. Das Hagestolziat ist, wie wir an Lord <hi rendition="#g">Bubbleton</hi> sahen, eine natürliche Folge der auf der Existenz lastenden Hindernisse und Schwierigkeiten; allein den Junggesellen sollte es gelingen, uns den ehelichen Stand zu verleiden? Sie sollten Macht gewinnen, einen Pantheismus der Geschlechtsneigung zu predigen, der zu Auflösung aller Sitte und Ordnung führen würde? Jch verdenke ihnen nicht, daß sie sich rächen, daß sie darnach streben, ihre Kryptogamie in bessere Achtung einzusetzen; allein daß sie deßhalb in der Ehe logische und metaphysische Widersprüche zu entdecken glauben, ist eine Verblendung, wo es mir leid thut, sie eine so geistvolle </p> </div> </body> </text> </TEI> [46/0048]
lodern soll. Die meiste Schuld liegt auf jenem Felde, das unten an den Zinnen Troja’s liegt, wo die Griechen und Trojaner sich bekämpfen, während sich oben die Frauen mit der Gesellschaft verliebter aber alter Graubärte begnügen müssen.
Bereits oben ist bei Gelegenheit der Uebervölkerung von Rechten die Rede gewesen, welche man dem ehelosen Stande der Ehe gegenüber einräumen soll. Jch dringe auch hier darauf, die unehliche Geburt nicht mit polizeilichen Schwierigkeiten zu belasten, weil jeder Einsichtsvolle nur in dieser Schwierigkeit die Gefahren einer Uebervölkerung und mit ihr verbundenen Nahrungslosigkeit sehen kann. Allein der Einsichtsvolle sollte auch weit davon entfernt seyn, diese Emanzipation der Unehe darin zu finden, daß man die Ehe selbst untergräbt. Das Hagestolziat ist, wie wir an Lord Bubbleton sahen, eine natürliche Folge der auf der Existenz lastenden Hindernisse und Schwierigkeiten; allein den Junggesellen sollte es gelingen, uns den ehelichen Stand zu verleiden? Sie sollten Macht gewinnen, einen Pantheismus der Geschlechtsneigung zu predigen, der zu Auflösung aller Sitte und Ordnung führen würde? Jch verdenke ihnen nicht, daß sie sich rächen, daß sie darnach streben, ihre Kryptogamie in bessere Achtung einzusetzen; allein daß sie deßhalb in der Ehe logische und metaphysische Widersprüche zu entdecken glauben, ist eine Verblendung, wo es mir leid thut, sie eine so geistvolle
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/48>, abgerufen am 16.07.2024. |