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Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.

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Schriftstellerin, wie die Verfasserin der Lelia ist, theilen zu sehen.

Alle Gebrechen, die man in der Ehe finden kann, liegen theils nur in den Personen, die sie schlossen, theils nur in den äußern, sie umgebenden Umständen. Es ist einseitig von der Ehe und beweist genug für den Formalismus, der so oft ihrer Schließung zu Grunde liegt, daß sie sich den Verbesserungen des ehelosen Standes widersezt, daß sie keine Findelhäuser dulden, keine gefallenen Wesen mit Nachsicht aufrichten will. Kann denn ein Triumph größer seyn für ehelich verbundene, als daß sie sich bei der gestatteten Freiheit, es nicht zu thun, doch einer ewigen Einigung ihrer Lebensschicksale unterworfen haben? Die Gesetzgeber sollten darauf bedacht seyn, alle Umstände zu erleichtern, unter welchen die Ehe Statt finden kann. So lange aber diese Umstände mit Hilfsmitteln gar nicht erreichbar sind, so lange sie von einer Umgestaltung unsrer gegenwärtigen Verhältnisse abhängig sind, sollte die Orthodoxie unsrer Ehe auch nicht so intolerant seyn, daß sie überall Ketzerei und Aergerniß sieht. So scheint es, als wären weder die, welche die Ehe vertheidigen, noch die, welche sie angreifen, auf dem rechten Wege begriffen.

Es möchte hier wohl am Orte seyn, den geheimnißvollen Vorhang von einem Gemälde wegzuziehen, welches zunächst vielleicht nur den Eindruck der erregten Sinnlichkeit macht, aber im Hintergrund doch eine

Schriftstellerin, wie die Verfasserin der Lelia ist, theilen zu sehen.

Alle Gebrechen, die man in der Ehe finden kann, liegen theils nur in den Personen, die sie schlossen, theils nur in den äußern, sie umgebenden Umständen. Es ist einseitig von der Ehe und beweist genug für den Formalismus, der so oft ihrer Schließung zu Grunde liegt, daß sie sich den Verbesserungen des ehelosen Standes widersezt, daß sie keine Findelhäuser dulden, keine gefallenen Wesen mit Nachsicht aufrichten will. Kann denn ein Triumph größer seyn für ehelich verbundene, als daß sie sich bei der gestatteten Freiheit, es nicht zu thun, doch einer ewigen Einigung ihrer Lebensschicksale unterworfen haben? Die Gesetzgeber sollten darauf bedacht seyn, alle Umstände zu erleichtern, unter welchen die Ehe Statt finden kann. So lange aber diese Umstände mit Hilfsmitteln gar nicht erreichbar sind, so lange sie von einer Umgestaltung unsrer gegenwärtigen Verhältnisse abhängig sind, sollte die Orthodoxie unsrer Ehe auch nicht so intolerant seyn, daß sie überall Ketzerei und Aergerniß sieht. So scheint es, als wären weder die, welche die Ehe vertheidigen, noch die, welche sie angreifen, auf dem rechten Wege begriffen.

Es möchte hier wohl am Orte seyn, den geheimnißvollen Vorhang von einem Gemälde wegzuziehen, welches zunächst vielleicht nur den Eindruck der erregten Sinnlichkeit macht, aber im Hintergrund doch eine

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[47/0049] Schriftstellerin, wie die Verfasserin der Lelia ist, theilen zu sehen. Alle Gebrechen, die man in der Ehe finden kann, liegen theils nur in den Personen, die sie schlossen, theils nur in den äußern, sie umgebenden Umständen. Es ist einseitig von der Ehe und beweist genug für den Formalismus, der so oft ihrer Schließung zu Grunde liegt, daß sie sich den Verbesserungen des ehelosen Standes widersezt, daß sie keine Findelhäuser dulden, keine gefallenen Wesen mit Nachsicht aufrichten will. Kann denn ein Triumph größer seyn für ehelich verbundene, als daß sie sich bei der gestatteten Freiheit, es nicht zu thun, doch einer ewigen Einigung ihrer Lebensschicksale unterworfen haben? Die Gesetzgeber sollten darauf bedacht seyn, alle Umstände zu erleichtern, unter welchen die Ehe Statt finden kann. So lange aber diese Umstände mit Hilfsmitteln gar nicht erreichbar sind, so lange sie von einer Umgestaltung unsrer gegenwärtigen Verhältnisse abhängig sind, sollte die Orthodoxie unsrer Ehe auch nicht so intolerant seyn, daß sie überall Ketzerei und Aergerniß sieht. So scheint es, als wären weder die, welche die Ehe vertheidigen, noch die, welche sie angreifen, auf dem rechten Wege begriffen. Es möchte hier wohl am Orte seyn, den geheimnißvollen Vorhang von einem Gemälde wegzuziehen, welches zunächst vielleicht nur den Eindruck der erregten Sinnlichkeit macht, aber im Hintergrund doch eine

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Zitationshilfe: Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/49>, abgerufen am 21.11.2024.