Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842.das Christenthum aber suchte die Mündung zu verstopfen. Das Christenthum erfreute sich eines Erfolges; werden die Philanthropen dasselbe von sich sagen können?" Jch weiß es nicht; aber sagen sollte ihnen auch dieser versteckte Jesuit, wo denn das Christenthum die schöne Arbeit, von der er immer spricht, hergenommen hat? Das Christenthum schuf doch die Bauplätze nicht, sondern ermunterte nur, hinzugehen und Hand anzulegen und sein Brod im Schweiß des Angesichts zu essen. Bestärkt etwa die Philanthropie den Müßiggang? Sie wäre gewiß froh, wenn die Nationalökonomen ihr das Geschäft, Räuber und Mörder zu bessern, erleichterten und durch die Gelegenheit, gute Verdienste zu haben, Räuber und Mörder, wie unser Jesuit für möglich hält, gar nicht entstehen ließen. Wenn es nicht soviel hochweise Neuerungen gäbe, die da glauben, die Philanthropie und den Liberalismus lächerlich machen zu können, weil sie mehr Geist, als diese, die manchmal nur Gefühl haben, besitzen; so mögen die Entwickelungen des französischen Doktrinärs hier weiter fortfahren. Man höre folgende Sophismen: "Sonderbar und auffallend an dieser Manie unsrer Zeit bleibt es, daß ernste Männer, wie die Herren de Beaumont und de Tocqueville, welche zu diesem Behufe sich nach den vereinigten Staaten begaben und ein Buch darüber schrieben, denen es also nicht an der Zeit fehlte, um das Christenthum aber suchte die Mündung zu verstopfen. Das Christenthum erfreute sich eines Erfolges; werden die Philanthropen dasselbe von sich sagen können?“ Jch weiß es nicht; aber sagen sollte ihnen auch dieser versteckte Jesuit, wo denn das Christenthum die schöne Arbeit, von der er immer spricht, hergenommen hat? Das Christenthum schuf doch die Bauplätze nicht, sondern ermunterte nur, hinzugehen und Hand anzulegen und sein Brod im Schweiß des Angesichts zu essen. Bestärkt etwa die Philanthropie den Müßiggang? Sie wäre gewiß froh, wenn die Nationalökonomen ihr das Geschäft, Räuber und Mörder zu bessern, erleichterten und durch die Gelegenheit, gute Verdienste zu haben, Räuber und Mörder, wie unser Jesuit für möglich hält, gar nicht entstehen ließen. Wenn es nicht soviel hochweise Neuerungen gäbe, die da glauben, die Philanthropie und den Liberalismus lächerlich machen zu können, weil sie mehr Geist, als diese, die manchmal nur Gefühl haben, besitzen; so mögen die Entwickelungen des französischen Doktrinärs hier weiter fortfahren. Man höre folgende Sophismen: "Sonderbar und auffallend an dieser Manie unsrer Zeit bleibt es, daß ernste Männer, wie die Herren de Beaumont und de Tocqueville, welche zu diesem Behufe sich nach den vereinigten Staaten begaben und ein Buch darüber schrieben, denen es also nicht an der Zeit fehlte, um <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0073" n="71"/> das Christenthum aber suchte die Mündung zu verstopfen. Das Christenthum erfreute sich eines Erfolges; werden die Philanthropen dasselbe von sich sagen können?“</p> <p>Jch weiß es nicht; aber sagen sollte ihnen auch dieser versteckte Jesuit, wo denn das Christenthum die schöne <hi rendition="#g">Arbeit</hi>, von der er <hi rendition="#g">immer</hi> spricht, hergenommen hat? Das Christenthum schuf doch die <hi rendition="#g">Bauplätze</hi> nicht, sondern ermunterte nur, hinzugehen und Hand anzulegen und sein Brod im Schweiß des Angesichts zu essen. Bestärkt etwa die Philanthropie den Müßiggang? Sie wäre gewiß froh, wenn die Nationalökonomen ihr das Geschäft, Räuber und Mörder zu bessern, erleichterten und durch die Gelegenheit, gute Verdienste zu haben, Räuber und Mörder, wie unser Jesuit für möglich hält, gar nicht entstehen ließen. Wenn es nicht soviel hochweise Neuerungen gäbe, die da glauben, die Philanthropie und den Liberalismus lächerlich machen zu können, weil sie mehr Geist, als diese, die manchmal nur Gefühl haben, besitzen; so mögen die Entwickelungen des französischen Doktrinärs hier weiter fortfahren. Man höre folgende Sophismen: "Sonderbar und auffallend an dieser Manie unsrer Zeit bleibt es, daß ernste Männer, wie die Herren <hi rendition="#g">de Beaumont</hi> und <hi rendition="#g">de Tocqueville</hi>, welche zu diesem Behufe sich nach den vereinigten Staaten begaben und ein Buch darüber schrieben, denen es also nicht an der Zeit fehlte, um </p> </div> </body> </text> </TEI> [71/0073]
das Christenthum aber suchte die Mündung zu verstopfen. Das Christenthum erfreute sich eines Erfolges; werden die Philanthropen dasselbe von sich sagen können?“
Jch weiß es nicht; aber sagen sollte ihnen auch dieser versteckte Jesuit, wo denn das Christenthum die schöne Arbeit, von der er immer spricht, hergenommen hat? Das Christenthum schuf doch die Bauplätze nicht, sondern ermunterte nur, hinzugehen und Hand anzulegen und sein Brod im Schweiß des Angesichts zu essen. Bestärkt etwa die Philanthropie den Müßiggang? Sie wäre gewiß froh, wenn die Nationalökonomen ihr das Geschäft, Räuber und Mörder zu bessern, erleichterten und durch die Gelegenheit, gute Verdienste zu haben, Räuber und Mörder, wie unser Jesuit für möglich hält, gar nicht entstehen ließen. Wenn es nicht soviel hochweise Neuerungen gäbe, die da glauben, die Philanthropie und den Liberalismus lächerlich machen zu können, weil sie mehr Geist, als diese, die manchmal nur Gefühl haben, besitzen; so mögen die Entwickelungen des französischen Doktrinärs hier weiter fortfahren. Man höre folgende Sophismen: "Sonderbar und auffallend an dieser Manie unsrer Zeit bleibt es, daß ernste Männer, wie die Herren de Beaumont und de Tocqueville, welche zu diesem Behufe sich nach den vereinigten Staaten begaben und ein Buch darüber schrieben, denen es also nicht an der Zeit fehlte, um
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Zitationshilfe: | Gutzkow, Karl: Die Zeitgenossen. 2. Bd. 2. Aufl. Pforzheim, 1842, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gutzkow_zeitgenossen02_1842/73>, abgerufen am 16.07.2024. |