Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Signal, das lustige Klingen eines Jägerhorns. Aha! dachte er freudig, die Unsrigen, sind hart dabei, da kann sich Ende und Anfang noch zusammen verbeißen! Doch ging letztere Vermuthung und guter Wunsch nicht in Erfüllung. Die Piemontesen hatten Pizzeghettone verlassen, hatten bei ihrem Abmarsch die Brücke und einen Pulverthurm in die Luft gesprengt, welche Explosion entsetzliches Unheil verursachte und sehr vielen von den eigenen Leuten das Leben kostete. Überhaupt war der heutige Tag und die Nacht für die Feinde unheilvoll gewesen, und der furchtbare Gewittersturm, der den Grafen S. im Felde überraschte, hatte schwer unter den piemontesischen Marschcolonnen gehaust und Menschen und Pferde waren von umgerissenen Bäumen und sogar von Hagelkörnern nach Angabe ihres eigenen Generals Bara erschlagen worden. Nachdem Graf S. in Pizzeghettone seine Depesche glücklich abgegeben und sich einen Augenblick unter den Gräueln der Verwüstung umgeschaut, verließ er die Stadt wieder und setzte über die Adda, um nach Casa Pusterlengo zu gelangen, wo er das Hauptquartier des vierten Armeecorps zu finden hoffte. Durchnäßt wie er war, und ergriffen von all dem Schrecklichen, das er geschaut, ritt er seine einsame Straße, sich eingestehend, daß der Krieg etwas Schreckliches sei. Neben ihm rauschte der Fluß, und da das Sausen des Windes gänzlich aufgehört hatte, so hörte er vor und neben sich nichts als das Murmeln des Wassers oder das Schnauben seines Signal, das lustige Klingen eines Jägerhorns. Aha! dachte er freudig, die Unsrigen, sind hart dabei, da kann sich Ende und Anfang noch zusammen verbeißen! Doch ging letztere Vermuthung und guter Wunsch nicht in Erfüllung. Die Piemontesen hatten Pizzeghettone verlassen, hatten bei ihrem Abmarsch die Brücke und einen Pulverthurm in die Luft gesprengt, welche Explosion entsetzliches Unheil verursachte und sehr vielen von den eigenen Leuten das Leben kostete. Überhaupt war der heutige Tag und die Nacht für die Feinde unheilvoll gewesen, und der furchtbare Gewittersturm, der den Grafen S. im Felde überraschte, hatte schwer unter den piemontesischen Marschcolonnen gehaust und Menschen und Pferde waren von umgerissenen Bäumen und sogar von Hagelkörnern nach Angabe ihres eigenen Generals Bara erschlagen worden. Nachdem Graf S. in Pizzeghettone seine Depesche glücklich abgegeben und sich einen Augenblick unter den Gräueln der Verwüstung umgeschaut, verließ er die Stadt wieder und setzte über die Adda, um nach Casa Pusterlengo zu gelangen, wo er das Hauptquartier des vierten Armeecorps zu finden hoffte. Durchnäßt wie er war, und ergriffen von all dem Schrecklichen, das er geschaut, ritt er seine einsame Straße, sich eingestehend, daß der Krieg etwas Schreckliches sei. Neben ihm rauschte der Fluß, und da das Sausen des Windes gänzlich aufgehört hatte, so hörte er vor und neben sich nichts als das Murmeln des Wassers oder das Schnauben seines <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0055"/> Signal, das lustige Klingen eines Jägerhorns. Aha! dachte er freudig, die Unsrigen, sind hart dabei, da kann sich Ende und Anfang noch zusammen verbeißen! Doch ging letztere Vermuthung und guter Wunsch nicht in Erfüllung. Die Piemontesen hatten Pizzeghettone verlassen, hatten bei ihrem Abmarsch die Brücke und einen Pulverthurm in die Luft gesprengt, welche Explosion entsetzliches Unheil verursachte und sehr vielen von den eigenen Leuten das Leben kostete. Überhaupt war der heutige Tag und die Nacht für die Feinde unheilvoll gewesen, und der furchtbare Gewittersturm, der den Grafen S. im Felde überraschte, hatte schwer unter den piemontesischen Marschcolonnen gehaust und Menschen und Pferde waren von umgerissenen Bäumen und sogar von Hagelkörnern nach Angabe ihres eigenen Generals Bara erschlagen worden.</p><lb/> <p>Nachdem Graf S. in Pizzeghettone seine Depesche glücklich abgegeben und sich einen Augenblick unter den Gräueln der Verwüstung umgeschaut, verließ er die Stadt wieder und setzte über die Adda, um nach Casa Pusterlengo zu gelangen, wo er das Hauptquartier des vierten Armeecorps zu finden hoffte. Durchnäßt wie er war, und ergriffen von all dem Schrecklichen, das er geschaut, ritt er seine einsame Straße, sich eingestehend, daß der Krieg etwas Schreckliches sei. Neben ihm rauschte der Fluß, und da das Sausen des Windes gänzlich aufgehört hatte, so hörte er vor und neben sich nichts als das Murmeln des Wassers oder das Schnauben seines<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0055]
Signal, das lustige Klingen eines Jägerhorns. Aha! dachte er freudig, die Unsrigen, sind hart dabei, da kann sich Ende und Anfang noch zusammen verbeißen! Doch ging letztere Vermuthung und guter Wunsch nicht in Erfüllung. Die Piemontesen hatten Pizzeghettone verlassen, hatten bei ihrem Abmarsch die Brücke und einen Pulverthurm in die Luft gesprengt, welche Explosion entsetzliches Unheil verursachte und sehr vielen von den eigenen Leuten das Leben kostete. Überhaupt war der heutige Tag und die Nacht für die Feinde unheilvoll gewesen, und der furchtbare Gewittersturm, der den Grafen S. im Felde überraschte, hatte schwer unter den piemontesischen Marschcolonnen gehaust und Menschen und Pferde waren von umgerissenen Bäumen und sogar von Hagelkörnern nach Angabe ihres eigenen Generals Bara erschlagen worden.
Nachdem Graf S. in Pizzeghettone seine Depesche glücklich abgegeben und sich einen Augenblick unter den Gräueln der Verwüstung umgeschaut, verließ er die Stadt wieder und setzte über die Adda, um nach Casa Pusterlengo zu gelangen, wo er das Hauptquartier des vierten Armeecorps zu finden hoffte. Durchnäßt wie er war, und ergriffen von all dem Schrecklichen, das er geschaut, ritt er seine einsame Straße, sich eingestehend, daß der Krieg etwas Schreckliches sei. Neben ihm rauschte der Fluß, und da das Sausen des Windes gänzlich aufgehört hatte, so hörte er vor und neben sich nichts als das Murmeln des Wassers oder das Schnauben seines
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Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/55>, abgerufen am 16.07.2024. |