Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Rosses, das bei jedem Schritte in den aufgeweichten Boden einsank. Sein durchnäßter Mantel hing schwer an seinem Körper, und von seinem Haar und Bart rollten dichte Wassertropfen herab. Es regnete immerfort, nicht mehr heftig, wie bei Anfang des Gewitters, aber fein und durchdringlich. So mochte er eine Stunde fortgeritten sein, als er vor sich Pferdegetrappel hörte und eine Husarenpatrouille einholte, von welcher er erfuhr, daß sich das vierte Armeeeorps in Casal Pusterlengo befinde. Wenn Sie etwas scharf reiten, sagte ihm der Führer der Patrouille, so werden Sie in Kurzem auf eine Schwadron Chevaulegers stoßen, welche die Nachhut bildet. Der Rappe flog gehorsam dem Schenkeldruck davon, und bald erblickte der junge Ordonnanzoffizier vor sich eine Masse Cavallerie, sah matt leuchtende Helme und weiße Mäntel durch das Dunkel der Nacht schimmern. In Kurzem hatte er die Schwadron erreicht und fand seinen Freund, den er Nachmittags unter der Veranda an der Adda gelassen. Beim Anblick desselben, durchnäßt, beschmutzt, den Mantel schwer herabhängend, das Pferd mit eingezogenem Schweife gehend, konnte er sich eine Idee machen, wie er selbst aussehen müsse. Die Leute ritten still und mißmuthig ihres Weges, denn keiner von ihnen hatte einen trockenen Faden am Leibe. Der Chevaulegeroffizier bemühte sich, eine sehr durchfeuchtete Cigarre brennend zu erhalten. Verdammtes Wetter! rief er dem Ordonnanzoffizier zu, wir Rosses, das bei jedem Schritte in den aufgeweichten Boden einsank. Sein durchnäßter Mantel hing schwer an seinem Körper, und von seinem Haar und Bart rollten dichte Wassertropfen herab. Es regnete immerfort, nicht mehr heftig, wie bei Anfang des Gewitters, aber fein und durchdringlich. So mochte er eine Stunde fortgeritten sein, als er vor sich Pferdegetrappel hörte und eine Husarenpatrouille einholte, von welcher er erfuhr, daß sich das vierte Armeeeorps in Casal Pusterlengo befinde. Wenn Sie etwas scharf reiten, sagte ihm der Führer der Patrouille, so werden Sie in Kurzem auf eine Schwadron Chevaulegers stoßen, welche die Nachhut bildet. Der Rappe flog gehorsam dem Schenkeldruck davon, und bald erblickte der junge Ordonnanzoffizier vor sich eine Masse Cavallerie, sah matt leuchtende Helme und weiße Mäntel durch das Dunkel der Nacht schimmern. In Kurzem hatte er die Schwadron erreicht und fand seinen Freund, den er Nachmittags unter der Veranda an der Adda gelassen. Beim Anblick desselben, durchnäßt, beschmutzt, den Mantel schwer herabhängend, das Pferd mit eingezogenem Schweife gehend, konnte er sich eine Idee machen, wie er selbst aussehen müsse. Die Leute ritten still und mißmuthig ihres Weges, denn keiner von ihnen hatte einen trockenen Faden am Leibe. Der Chevaulegeroffizier bemühte sich, eine sehr durchfeuchtete Cigarre brennend zu erhalten. Verdammtes Wetter! rief er dem Ordonnanzoffizier zu, wir <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0056"/> Rosses, das bei jedem Schritte in den aufgeweichten Boden einsank. Sein durchnäßter Mantel hing schwer an seinem Körper, und von seinem Haar und Bart rollten dichte Wassertropfen herab. Es regnete immerfort, nicht mehr heftig, wie bei Anfang des Gewitters, aber fein und durchdringlich.</p><lb/> <p>So mochte er eine Stunde fortgeritten sein, als er vor sich Pferdegetrappel hörte und eine Husarenpatrouille einholte, von welcher er erfuhr, daß sich das vierte Armeeeorps in Casal Pusterlengo befinde. Wenn Sie etwas scharf reiten, sagte ihm der Führer der Patrouille, so werden Sie in Kurzem auf eine Schwadron Chevaulegers stoßen, welche die Nachhut bildet. Der Rappe flog gehorsam dem Schenkeldruck davon, und bald erblickte der junge Ordonnanzoffizier vor sich eine Masse Cavallerie, sah matt leuchtende Helme und weiße Mäntel durch das Dunkel der Nacht schimmern. In Kurzem hatte er die Schwadron erreicht und fand seinen Freund, den er Nachmittags unter der Veranda an der Adda gelassen. Beim Anblick desselben, durchnäßt, beschmutzt, den Mantel schwer herabhängend, das Pferd mit eingezogenem Schweife gehend, konnte er sich eine Idee machen, wie er selbst aussehen müsse. Die Leute ritten still und mißmuthig ihres Weges, denn keiner von ihnen hatte einen trockenen Faden am Leibe.</p><lb/> <p>Der Chevaulegeroffizier bemühte sich, eine sehr durchfeuchtete Cigarre brennend zu erhalten. Verdammtes Wetter! rief er dem Ordonnanzoffizier zu, wir<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0056]
Rosses, das bei jedem Schritte in den aufgeweichten Boden einsank. Sein durchnäßter Mantel hing schwer an seinem Körper, und von seinem Haar und Bart rollten dichte Wassertropfen herab. Es regnete immerfort, nicht mehr heftig, wie bei Anfang des Gewitters, aber fein und durchdringlich.
So mochte er eine Stunde fortgeritten sein, als er vor sich Pferdegetrappel hörte und eine Husarenpatrouille einholte, von welcher er erfuhr, daß sich das vierte Armeeeorps in Casal Pusterlengo befinde. Wenn Sie etwas scharf reiten, sagte ihm der Führer der Patrouille, so werden Sie in Kurzem auf eine Schwadron Chevaulegers stoßen, welche die Nachhut bildet. Der Rappe flog gehorsam dem Schenkeldruck davon, und bald erblickte der junge Ordonnanzoffizier vor sich eine Masse Cavallerie, sah matt leuchtende Helme und weiße Mäntel durch das Dunkel der Nacht schimmern. In Kurzem hatte er die Schwadron erreicht und fand seinen Freund, den er Nachmittags unter der Veranda an der Adda gelassen. Beim Anblick desselben, durchnäßt, beschmutzt, den Mantel schwer herabhängend, das Pferd mit eingezogenem Schweife gehend, konnte er sich eine Idee machen, wie er selbst aussehen müsse. Die Leute ritten still und mißmuthig ihres Weges, denn keiner von ihnen hatte einen trockenen Faden am Leibe.
Der Chevaulegeroffizier bemühte sich, eine sehr durchfeuchtete Cigarre brennend zu erhalten. Verdammtes Wetter! rief er dem Ordonnanzoffizier zu, wir
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Zitationshilfe: | Hackländer, Friedrich Wilhelm: Zwei Nächte. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 23. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 109–174. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hacklaender_naechte_1910/56>, abgerufen am 16.07.2024. |