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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Product des erhebenden gemeinsamen Naturgenusses sein,
welchen uns die malerischen Formen der Jenenser Muschelkalk-
Berge bereiteten, wenn sie im letzten Abendsonnenstrahl uns
durch die Farben-Harmonie ihrer purpur-goldigen Felsen-
flanken und violett-blauen Schlagschatten die entschwundenen
Zauberbilder der calabrischen Gebirgskette wieder vor Augen
führten.

Es dürfte befremdend erscheinen, einer "mechanischen
Morphologie" solche Erinnerungen voranzuschicken. Und
dennoch geschieht es mit Fug und Recht. Denn wie jeder
Organismus, wie jede Form und jede Function des Organis-
mus, so ist auch das vorliegende Werk weiter Nichts, als
das nothwendige Product aus der Wechselwirkung zweier
Factoren, der Vererbung und der Anpassung. Wenn dasselbe,
wie ich zu hoffen wage, zur weiteren Entwickelung unserer
Wissenschaft beitragen sollte, so bin ich weit entfernt, mir
dies als mein freies Verdienst anzurechnen. Denn die per-
sönlichen Eigenschaften, welche mir die grosse und schwierige

Product des erhebenden gemeinsamen Naturgenusses sein,
welchen uns die malerischen Formen der Jenenser Muschelkalk-
Berge bereiteten, wenn sie im letzten Abendsonnenstrahl uns
durch die Farben-Harmonie ihrer purpur-goldigen Felsen-
flanken und violett-blauen Schlagschatten die entschwundenen
Zauberbilder der calabrischen Gebirgskette wieder vor Augen
führten.

Es dürfte befremdend erscheinen, einer „mechanischen
Morphologie“ solche Erinnerungen voranzuschicken. Und
dennoch geschieht es mit Fug und Recht. Denn wie jeder
Organismus, wie jede Form und jede Function des Organis-
mus, so ist auch das vorliegende Werk weiter Nichts, als
das nothwendige Product aus der Wechselwirkung zweier
Factoren, der Vererbung und der Anpassung. Wenn dasselbe,
wie ich zu hoffen wage, zur weiteren Entwickelung unserer
Wissenschaft beitragen sollte, so bin ich weit entfernt, mir
dies als mein freies Verdienst anzurechnen. Denn die per-
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[[XI]/0018] Product des erhebenden gemeinsamen Naturgenusses sein, welchen uns die malerischen Formen der Jenenser Muschelkalk- Berge bereiteten, wenn sie im letzten Abendsonnenstrahl uns durch die Farben-Harmonie ihrer purpur-goldigen Felsen- flanken und violett-blauen Schlagschatten die entschwundenen Zauberbilder der calabrischen Gebirgskette wieder vor Augen führten. Es dürfte befremdend erscheinen, einer „mechanischen Morphologie“ solche Erinnerungen voranzuschicken. Und dennoch geschieht es mit Fug und Recht. Denn wie jeder Organismus, wie jede Form und jede Function des Organis- mus, so ist auch das vorliegende Werk weiter Nichts, als das nothwendige Product aus der Wechselwirkung zweier Factoren, der Vererbung und der Anpassung. Wenn dasselbe, wie ich zu hoffen wage, zur weiteren Entwickelung unserer Wissenschaft beitragen sollte, so bin ich weit entfernt, mir dies als mein freies Verdienst anzurechnen. Denn die per- sönlichen Eigenschaften, welche mir die grosse und schwierige

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. [XI]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/18>, abgerufen am 21.11.2024.