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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Schöpfung und Selbstzeugung.
herigen Beobachtungen ist noch nichts bisher darüber erwiesen. Aus der
Thatsache, dass solche einfachste, structurlose, homogene Organismen oder
Moneren, vom morphologischen Werthe der einfachsten Gymnocytoden, auch
jetzt noch lebend vorkommen, dass Massen von äusserst einfach gebildeten
Protisten, die jenen am nächsten stehen (Protoplasten, Rhizopoden etc.)
unsere Meere bevölkern, könnte man vielleicht schliessen, dass dieselben
auch jetzt noch entstehen, oder vielleicht periodisch, unter Eintritt bestimm-
ter Bedingungen, sich autogon erzeugen. Dagegen lässt sich andererseits
auch behaupten, dass diese noch lebenden Moneren und die anderen ein-
fachsten Protisten die noch lebenden und wenig oder nicht veränderten
Nachkommen einfacher Urwesen sind, die vor sehr langer Zeit sich durch
Autogonie gebildet haben. Dass es immer stille einfache Stellen im Na-
turhaushalte geben muss, in denen auch solche einfachste Lebensformen sich
sehr lange Zeit unverändert fortpflanzen können, hat bereits Darwin nach-
gewiesen. Da wir nicht in der Lage sind, in dieser Beziehung irgend
welche sichere Beweisgründe für oder gegen die Frage beizubringen, ob
die Autogonie jetzt noch fortdauert und wie lange sie bestanden haben
mag, so lassen wir diese Frage, die ohnehin für uns nur ein untergeordnetes
Interesse hat, hier fallen, und begnügen uns mit Constatirung der Noth-
wendigkeit, dass der Beginn des Lebens auf der Erde, eine Autogonie von
Moneren, aus denen erst später Zellen sich entwickelten, irgend einmal
stattgefunden haben muss.

Die Anhänger der Generatio aequivoca pflegen gewöhnlich, wenn sie
die Natur der elternlos entstehenden Organismen erörtern, zu behaupten,
dass dies einzellige Wesen sein müssten. Dagegen halten wir es für viel
wahrscheinlicher, dass die einzelligen Wesen sich erst durch Differenzirung
von innerem Kern und äusserem Plasma aus den structurlosen Moneren
hervorgebildet haben, und dass diese die wirklichen Autogonen sind. Die
Gründe hierfür liegen in der Vergleichung, welche wir oben zwischen diesen
Moneren und den Krystallen ausgeführt haben, und in welcher wir zu zeigen
versuchten, wie die spontane Entstehung solcher homogenen, imbibitions-
fähigen Eiweisskörper ganz analog der spontanen Entstehung von Krystallen
in der Mutterlauge zu denken sei. Nach unserer Hypothese sind demnach
zuerst ausschliesslich vollkommen structurlose und homogene Plasmaklumpen,
gleich den Protamoeben, im Urmeere entstanden; in diesen hat sich erst
später eine Differenz von festerem Kern und weicherer Hülle gebildet, und
noch später erst sind diese einfachen kernhaltigen Zellen zur Bildung mehr-
zelliger Organismen zusammengetreten, aus denen sich dann alle höheren
allmählig durch natürliche Zuchtwahl entwickelt haben.

Die grösste Schwierigkeit in unserer Hypothese der Autogonie liegt
darin, dass wir uns von den eigenthümlichen Existenzbedingungen, unter
welchen im Urmeere die ersten Moneren entstanden, keine befriedigende
Vorstellung machen können, und dass wir die damals stattgehabte spontane,
freie Bildung von den zusammengesetzteren Kohlenstoff-Verbindungen und
insbesondere von den Eiweisskörpern, welche doch gegenwärtig als die
activen Träger der eigentlichen "Lebensthätigkeiten" im engeren Sinne auf-
treten, noch nicht beobachtet haben. Alle Eiweisskörper, sowie die meisten

Schöpfung und Selbstzeugung.
herigen Beobachtungen ist noch nichts bisher darüber erwiesen. Aus der
Thatsache, dass solche einfachste, structurlose, homogene Organismen oder
Moneren, vom morphologischen Werthe der einfachsten Gymnocytoden, auch
jetzt noch lebend vorkommen, dass Massen von äusserst einfach gebildeten
Protisten, die jenen am nächsten stehen (Protoplasten, Rhizopoden etc.)
unsere Meere bevölkern, könnte man vielleicht schliessen, dass dieselben
auch jetzt noch entstehen, oder vielleicht periodisch, unter Eintritt bestimm-
ter Bedingungen, sich autogon erzeugen. Dagegen lässt sich andererseits
auch behaupten, dass diese noch lebenden Moneren und die anderen ein-
fachsten Protisten die noch lebenden und wenig oder nicht veränderten
Nachkommen einfacher Urwesen sind, die vor sehr langer Zeit sich durch
Autogonie gebildet haben. Dass es immer stille einfache Stellen im Na-
turhaushalte geben muss, in denen auch solche einfachste Lebensformen sich
sehr lange Zeit unverändert fortpflanzen können, hat bereits Darwin nach-
gewiesen. Da wir nicht in der Lage sind, in dieser Beziehung irgend
welche sichere Beweisgründe für oder gegen die Frage beizubringen, ob
die Autogonie jetzt noch fortdauert und wie lange sie bestanden haben
mag, so lassen wir diese Frage, die ohnehin für uns nur ein untergeordnetes
Interesse hat, hier fallen, und begnügen uns mit Constatirung der Noth-
wendigkeit, dass der Beginn des Lebens auf der Erde, eine Autogonie von
Moneren, aus denen erst später Zellen sich entwickelten, irgend einmal
stattgefunden haben muss.

Die Anhänger der Generatio aequivoca pflegen gewöhnlich, wenn sie
die Natur der elternlos entstehenden Organismen erörtern, zu behaupten,
dass dies einzellige Wesen sein müssten. Dagegen halten wir es für viel
wahrscheinlicher, dass die einzelligen Wesen sich erst durch Differenzirung
von innerem Kern und äusserem Plasma aus den structurlosen Moneren
hervorgebildet haben, und dass diese die wirklichen Autogonen sind. Die
Gründe hierfür liegen in der Vergleichung, welche wir oben zwischen diesen
Moneren und den Krystallen ausgeführt haben, und in welcher wir zu zeigen
versuchten, wie die spontane Entstehung solcher homogenen, imbibitions-
fähigen Eiweisskörper ganz analog der spontanen Entstehung von Krystallen
in der Mutterlauge zu denken sei. Nach unserer Hypothese sind demnach
zuerst ausschliesslich vollkommen structurlose und homogene Plasmaklumpen,
gleich den Protamoeben, im Urmeere entstanden; in diesen hat sich erst
später eine Differenz von festerem Kern und weicherer Hülle gebildet, und
noch später erst sind diese einfachen kernhaltigen Zellen zur Bildung mehr-
zelliger Organismen zusammengetreten, aus denen sich dann alle höheren
allmählig durch natürliche Zuchtwahl entwickelt haben.

Die grösste Schwierigkeit in unserer Hypothese der Autogonie liegt
darin, dass wir uns von den eigenthümlichen Existenzbedingungen, unter
welchen im Urmeere die ersten Moneren entstanden, keine befriedigende
Vorstellung machen können, und dass wir die damals stattgehabte spontane,
freie Bildung von den zusammengesetzteren Kohlenstoff-Verbindungen und
insbesondere von den Eiweisskörpern, welche doch gegenwärtig als die
activen Träger der eigentlichen „Lebensthätigkeiten“ im engeren Sinne auf-
treten, noch nicht beobachtet haben. Alle Eiweisskörper, sowie die meisten

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[188/0227] Schöpfung und Selbstzeugung. herigen Beobachtungen ist noch nichts bisher darüber erwiesen. Aus der Thatsache, dass solche einfachste, structurlose, homogene Organismen oder Moneren, vom morphologischen Werthe der einfachsten Gymnocytoden, auch jetzt noch lebend vorkommen, dass Massen von äusserst einfach gebildeten Protisten, die jenen am nächsten stehen (Protoplasten, Rhizopoden etc.) unsere Meere bevölkern, könnte man vielleicht schliessen, dass dieselben auch jetzt noch entstehen, oder vielleicht periodisch, unter Eintritt bestimm- ter Bedingungen, sich autogon erzeugen. Dagegen lässt sich andererseits auch behaupten, dass diese noch lebenden Moneren und die anderen ein- fachsten Protisten die noch lebenden und wenig oder nicht veränderten Nachkommen einfacher Urwesen sind, die vor sehr langer Zeit sich durch Autogonie gebildet haben. Dass es immer stille einfache Stellen im Na- turhaushalte geben muss, in denen auch solche einfachste Lebensformen sich sehr lange Zeit unverändert fortpflanzen können, hat bereits Darwin nach- gewiesen. Da wir nicht in der Lage sind, in dieser Beziehung irgend welche sichere Beweisgründe für oder gegen die Frage beizubringen, ob die Autogonie jetzt noch fortdauert und wie lange sie bestanden haben mag, so lassen wir diese Frage, die ohnehin für uns nur ein untergeordnetes Interesse hat, hier fallen, und begnügen uns mit Constatirung der Noth- wendigkeit, dass der Beginn des Lebens auf der Erde, eine Autogonie von Moneren, aus denen erst später Zellen sich entwickelten, irgend einmal stattgefunden haben muss. Die Anhänger der Generatio aequivoca pflegen gewöhnlich, wenn sie die Natur der elternlos entstehenden Organismen erörtern, zu behaupten, dass dies einzellige Wesen sein müssten. Dagegen halten wir es für viel wahrscheinlicher, dass die einzelligen Wesen sich erst durch Differenzirung von innerem Kern und äusserem Plasma aus den structurlosen Moneren hervorgebildet haben, und dass diese die wirklichen Autogonen sind. Die Gründe hierfür liegen in der Vergleichung, welche wir oben zwischen diesen Moneren und den Krystallen ausgeführt haben, und in welcher wir zu zeigen versuchten, wie die spontane Entstehung solcher homogenen, imbibitions- fähigen Eiweisskörper ganz analog der spontanen Entstehung von Krystallen in der Mutterlauge zu denken sei. Nach unserer Hypothese sind demnach zuerst ausschliesslich vollkommen structurlose und homogene Plasmaklumpen, gleich den Protamoeben, im Urmeere entstanden; in diesen hat sich erst später eine Differenz von festerem Kern und weicherer Hülle gebildet, und noch später erst sind diese einfachen kernhaltigen Zellen zur Bildung mehr- zelliger Organismen zusammengetreten, aus denen sich dann alle höheren allmählig durch natürliche Zuchtwahl entwickelt haben. Die grösste Schwierigkeit in unserer Hypothese der Autogonie liegt darin, dass wir uns von den eigenthümlichen Existenzbedingungen, unter welchen im Urmeere die ersten Moneren entstanden, keine befriedigende Vorstellung machen können, und dass wir die damals stattgehabte spontane, freie Bildung von den zusammengesetzteren Kohlenstoff-Verbindungen und insbesondere von den Eiweisskörpern, welche doch gegenwärtig als die activen Träger der eigentlichen „Lebensthätigkeiten“ im engeren Sinne auf- treten, noch nicht beobachtet haben. Alle Eiweisskörper, sowie die meisten

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/227>, abgerufen am 26.11.2024.