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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Begriff und Aufgabe der Tectologie.
einander abzuhandeln (p. 45), so müssen wir dagegen hervorheben,
dass es für das theoretische Verständniss des Organismus von der
grössten Wichtigkeit ist, die wesentlich verschiedene Aufgabe der
beiden anatomischen Hauptzweige scharf getrennt zu erfassen, und
Tectologie und Promorphologie als gesonderte coordinirte Wissen
schaften neben einander zu begreifen. Für die allgemeine und syn-
thetische Betrachtung einer Organismen-Gruppe wird daher die voll-
ständige Trennung der Tectologie und Promorphologie, wie wir sie
hier durchführen, vorzuziehen sein, während für die besondere und
analytische Erforschung eines einzelnen Organismus sich mehr die
Verschmelzung der beiden anatomischen Hauptzweige und die Ein-
theilung der gesammten Anatomie in die sechs, oben (p. 45) aufge-
führten Disciplinen empfehlen wird.

Der Körper der grossen Mehrzahl aller jetzt lebender Organismen
stellt ein verwickeltes Gebäude dar, welches aus gleichartigen und
ungleichartigen Theilen oder Organen in sehr complicirter Weise zu-
sammengesetzt ist. Allgemein können wir diese "Partes similares et
dissimilares" derart in verschiedene subordinirte Kategorieen einthei-
len, dass jede höhere Kategorie eine in sich abgeschlossene und selbst-
ständige Einheit, zugleich aber auch eine Vielheit von mehreren
Einheiten der nächstniederen Kategorie darstellt. Diese Kategorieen
betrachten wir als verschiedene Stufen oder Ordnungen von organischen
Individuen. Wir können daher auch die Tectologie oder Structurlehre
als die "Wissenschaft von der Zusammensetzung der Organis-
men aus organischen Individuen verschiedener Ordnung"

bezeichnen, wie es oben (p. 30) geschehen ist. Hiergegen ist nur zu
erinnern, dass diese verwickelte Zusammensetzung des Organismus aus
subordinirten Individualitäten verschiedener Ordnung bei sehr zahl-
reichen niederen Organismen fehlt, nämlich bei sehr vielen Protisten,
einzelligen Algen etc. und überhaupt bei allen Lebewesen, welche
zeitlebens auf der niedersten Stufe oder Ordnung der Individualität
stehen bleiben und blos den morphologischen Werth einer einzigen
Plastide (entweder einer Cytode oder einer Zelle) behalten. Auch
ist die Erwägung sehr wichtig, dass alle organischen Individuen ohne
Ausnahme, mögen sie auch in ihrer vollendeten Form die höchste
Stufe der Complication erreichen, und aus fünf verschiedenen Ord-
nungen von Individuen, wie die Wirbelthiere, oder aus sechs, wie die
meisten Phanerogamen, zusammengesetzt sein, dennoch diesen ver-
wickelten Bau erst durch die Entwickelung erreichen und in ihren
ersten Anfängen stets ein einfachstes Individuum erster Ordnung, eine
einzelne Plastide, repräsentiren. Da wir nun ausserdem in den homo-
genen und structurlosen Moneren Organismen kennen, welche über-
haupt nicht aus ungleichartigen Theilen, sondern blos aus gleichartigen

Begriff und Aufgabe der Tectologie.
einander abzuhandeln (p. 45), so müssen wir dagegen hervorheben,
dass es für das theoretische Verständniss des Organismus von der
grössten Wichtigkeit ist, die wesentlich verschiedene Aufgabe der
beiden anatomischen Hauptzweige scharf getrennt zu erfassen, und
Tectologie und Promorphologie als gesonderte coordinirte Wissen
schaften neben einander zu begreifen. Für die allgemeine und syn-
thetische Betrachtung einer Organismen-Gruppe wird daher die voll-
ständige Trennung der Tectologie und Promorphologie, wie wir sie
hier durchführen, vorzuziehen sein, während für die besondere und
analytische Erforschung eines einzelnen Organismus sich mehr die
Verschmelzung der beiden anatomischen Hauptzweige und die Ein-
theilung der gesammten Anatomie in die sechs, oben (p. 45) aufge-
führten Disciplinen empfehlen wird.

Der Körper der grossen Mehrzahl aller jetzt lebender Organismen
stellt ein verwickeltes Gebäude dar, welches aus gleichartigen und
ungleichartigen Theilen oder Organen in sehr complicirter Weise zu-
sammengesetzt ist. Allgemein können wir diese „Partes similares et
dissimilares“ derart in verschiedene subordinirte Kategorieen einthei-
len, dass jede höhere Kategorie eine in sich abgeschlossene und selbst-
ständige Einheit, zugleich aber auch eine Vielheit von mehreren
Einheiten der nächstniederen Kategorie darstellt. Diese Kategorieen
betrachten wir als verschiedene Stufen oder Ordnungen von organischen
Individuen. Wir können daher auch die Tectologie oder Structurlehre
als die „Wissenschaft von der Zusammensetzung der Organis-
men aus organischen Individuen verschiedener Ordnung“

bezeichnen, wie es oben (p. 30) geschehen ist. Hiergegen ist nur zu
erinnern, dass diese verwickelte Zusammensetzung des Organismus aus
subordinirten Individualitäten verschiedener Ordnung bei sehr zahl-
reichen niederen Organismen fehlt, nämlich bei sehr vielen Protisten,
einzelligen Algen etc. und überhaupt bei allen Lebewesen, welche
zeitlebens auf der niedersten Stufe oder Ordnung der Individualität
stehen bleiben und blos den morphologischen Werth einer einzigen
Plastide (entweder einer Cytode oder einer Zelle) behalten. Auch
ist die Erwägung sehr wichtig, dass alle organischen Individuen ohne
Ausnahme, mögen sie auch in ihrer vollendeten Form die höchste
Stufe der Complication erreichen, und aus fünf verschiedenen Ord-
nungen von Individuen, wie die Wirbelthiere, oder aus sechs, wie die
meisten Phanerogamen, zusammengesetzt sein, dennoch diesen ver-
wickelten Bau erst durch die Entwickelung erreichen und in ihren
ersten Anfängen stets ein einfachstes Individuum erster Ordnung, eine
einzelne Plastide, repräsentiren. Da wir nun ausserdem in den homo-
genen und structurlosen Moneren Organismen kennen, welche über-
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[242/0281] Begriff und Aufgabe der Tectologie. einander abzuhandeln (p. 45), so müssen wir dagegen hervorheben, dass es für das theoretische Verständniss des Organismus von der grössten Wichtigkeit ist, die wesentlich verschiedene Aufgabe der beiden anatomischen Hauptzweige scharf getrennt zu erfassen, und Tectologie und Promorphologie als gesonderte coordinirte Wissen schaften neben einander zu begreifen. Für die allgemeine und syn- thetische Betrachtung einer Organismen-Gruppe wird daher die voll- ständige Trennung der Tectologie und Promorphologie, wie wir sie hier durchführen, vorzuziehen sein, während für die besondere und analytische Erforschung eines einzelnen Organismus sich mehr die Verschmelzung der beiden anatomischen Hauptzweige und die Ein- theilung der gesammten Anatomie in die sechs, oben (p. 45) aufge- führten Disciplinen empfehlen wird. Der Körper der grossen Mehrzahl aller jetzt lebender Organismen stellt ein verwickeltes Gebäude dar, welches aus gleichartigen und ungleichartigen Theilen oder Organen in sehr complicirter Weise zu- sammengesetzt ist. Allgemein können wir diese „Partes similares et dissimilares“ derart in verschiedene subordinirte Kategorieen einthei- len, dass jede höhere Kategorie eine in sich abgeschlossene und selbst- ständige Einheit, zugleich aber auch eine Vielheit von mehreren Einheiten der nächstniederen Kategorie darstellt. Diese Kategorieen betrachten wir als verschiedene Stufen oder Ordnungen von organischen Individuen. Wir können daher auch die Tectologie oder Structurlehre als die „Wissenschaft von der Zusammensetzung der Organis- men aus organischen Individuen verschiedener Ordnung“ bezeichnen, wie es oben (p. 30) geschehen ist. Hiergegen ist nur zu erinnern, dass diese verwickelte Zusammensetzung des Organismus aus subordinirten Individualitäten verschiedener Ordnung bei sehr zahl- reichen niederen Organismen fehlt, nämlich bei sehr vielen Protisten, einzelligen Algen etc. und überhaupt bei allen Lebewesen, welche zeitlebens auf der niedersten Stufe oder Ordnung der Individualität stehen bleiben und blos den morphologischen Werth einer einzigen Plastide (entweder einer Cytode oder einer Zelle) behalten. Auch ist die Erwägung sehr wichtig, dass alle organischen Individuen ohne Ausnahme, mögen sie auch in ihrer vollendeten Form die höchste Stufe der Complication erreichen, und aus fünf verschiedenen Ord- nungen von Individuen, wie die Wirbelthiere, oder aus sechs, wie die meisten Phanerogamen, zusammengesetzt sein, dennoch diesen ver- wickelten Bau erst durch die Entwickelung erreichen und in ihren ersten Anfängen stets ein einfachstes Individuum erster Ordnung, eine einzelne Plastide, repräsentiren. Da wir nun ausserdem in den homo- genen und structurlosen Moneren Organismen kennen, welche über- haupt nicht aus ungleichartigen Theilen, sondern blos aus gleichartigen

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/281>, abgerufen am 24.11.2024.