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Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866.

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Vorwort.
weiter gekommen bin, so verdanke ich dies wesentlich der
Vergleichung der thierischen und pflanzlichen Formen. Zwei-
felsohne würde der botanische Theil meiner Arbeit viel reich-
haltiger und besser ausgefallen sein, wenn mir das Glück der
Unterstützung eines Botanikers zu Theil geworden wäre,
dessen offenes Auge auf das grosse Ganze der pflanzlichen
Formenwelt und ihren genealogischen Causalnexus gerichtet
ist. Da es mir aber nur dann und wann auf kurze Stunden ge-
gönnt war, aus dem jugendfrischen und gedankenreichen
Wissensquell meines hochverehrten Lehrers, Alexander
Braun
in Berlin, Belehrung und Rath zu erholen, so blieb
ich grösstentheils auf die mangelhafte empirische Grundlage
beschränkt, welche ich mir durch leidenschaftliche Zuneigung
zur Scientia amabilis in früherer Zeit erworben hatte, ehe ich
durch den überwiegenden Einfluss von Johannes Müller
zur vergleichenden Anatomie der Thiere herübergezogen
wurde.

Bei dem höchst unvollkommenen und niedrigen Entwicke-
lungs-Zustande, auf welchem sich die allgemeine Anatomie
und Entwickelungsgeschichte noch gegenwärtig befindet,
musste der vorliegende Versuch, sie als einheitliches Ganzes
zusammenzufassen, mehr eine Sammlung von bestimmt for-
mulirten Problemen, als von bereits gelösten Aufgaben
werden. Unter diesen Umständen schien es mir eines der drin-
gendsten Bedürfnisse, besondere Aufmerksamkeit der schar-
fen Bestimmung und Umschreibung der morphologischen Be-
griffe
zuzuwenden. In Folge der allgemeinen Vernachlässi-
gung der unentbehrlichen philosophischen Grundlagen ist in
der gesammten Zoologie und Botanik eine so weitgehende
Unklarheit und eine so babylonische Sprachverwirrung einge-
rissen, dass es oft unmöglich ist, sich ohne weitläufige Um-

Vorwort.
weiter gekommen bin, so verdanke ich dies wesentlich der
Vergleichung der thierischen und pflanzlichen Formen. Zwei-
felsohne würde der botanische Theil meiner Arbeit viel reich-
haltiger und besser ausgefallen sein, wenn mir das Glück der
Unterstützung eines Botanikers zu Theil geworden wäre,
dessen offenes Auge auf das grosse Ganze der pflanzlichen
Formenwelt und ihren genealogischen Causalnexus gerichtet
ist. Da es mir aber nur dann und wann auf kurze Stunden ge-
gönnt war, aus dem jugendfrischen und gedankenreichen
Wissensquell meines hochverehrten Lehrers, Alexander
Braun
in Berlin, Belehrung und Rath zu erholen, so blieb
ich grösstentheils auf die mangelhafte empirische Grundlage
beschränkt, welche ich mir durch leidenschaftliche Zuneigung
zur Scientia amabilis in früherer Zeit erworben hatte, ehe ich
durch den überwiegenden Einfluss von Johannes Müller
zur vergleichenden Anatomie der Thiere herübergezogen
wurde.

Bei dem höchst unvollkommenen und niedrigen Entwicke-
lungs-Zustande, auf welchem sich die allgemeine Anatomie
und Entwickelungsgeschichte noch gegenwärtig befindet,
musste der vorliegende Versuch, sie als einheitliches Ganzes
zusammenzufassen, mehr eine Sammlung von bestimmt for-
mulirten Problemen, als von bereits gelösten Aufgaben
werden. Unter diesen Umständen schien es mir eines der drin-
gendsten Bedürfnisse, besondere Aufmerksamkeit der schar-
fen Bestimmung und Umschreibung der morphologischen Be-
griffe
zuzuwenden. In Folge der allgemeinen Vernachlässi-
gung der unentbehrlichen philosophischen Grundlagen ist in
der gesammten Zoologie und Botanik eine so weitgehende
Unklarheit und eine so babylonische Sprachverwirrung einge-
rissen, dass es oft unmöglich ist, sich ohne weitläufige Um-

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[XXII/0029] Vorwort. weiter gekommen bin, so verdanke ich dies wesentlich der Vergleichung der thierischen und pflanzlichen Formen. Zwei- felsohne würde der botanische Theil meiner Arbeit viel reich- haltiger und besser ausgefallen sein, wenn mir das Glück der Unterstützung eines Botanikers zu Theil geworden wäre, dessen offenes Auge auf das grosse Ganze der pflanzlichen Formenwelt und ihren genealogischen Causalnexus gerichtet ist. Da es mir aber nur dann und wann auf kurze Stunden ge- gönnt war, aus dem jugendfrischen und gedankenreichen Wissensquell meines hochverehrten Lehrers, Alexander Braun in Berlin, Belehrung und Rath zu erholen, so blieb ich grösstentheils auf die mangelhafte empirische Grundlage beschränkt, welche ich mir durch leidenschaftliche Zuneigung zur Scientia amabilis in früherer Zeit erworben hatte, ehe ich durch den überwiegenden Einfluss von Johannes Müller zur vergleichenden Anatomie der Thiere herübergezogen wurde. Bei dem höchst unvollkommenen und niedrigen Entwicke- lungs-Zustande, auf welchem sich die allgemeine Anatomie und Entwickelungsgeschichte noch gegenwärtig befindet, musste der vorliegende Versuch, sie als einheitliches Ganzes zusammenzufassen, mehr eine Sammlung von bestimmt for- mulirten Problemen, als von bereits gelösten Aufgaben werden. Unter diesen Umständen schien es mir eines der drin- gendsten Bedürfnisse, besondere Aufmerksamkeit der schar- fen Bestimmung und Umschreibung der morphologischen Be- griffe zuzuwenden. In Folge der allgemeinen Vernachlässi- gung der unentbehrlichen philosophischen Grundlagen ist in der gesammten Zoologie und Botanik eine so weitgehende Unklarheit und eine so babylonische Sprachverwirrung einge- rissen, dass es oft unmöglich ist, sich ohne weitläufige Um-

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Zitationshilfe: Haeckel, Erich: Generelle Morphologie der Organismen. Bd. 1. Berlin, 1866, S. XXII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_morphologie01_1866/29>, abgerufen am 21.11.2024.