Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

auf derjenigen der Plastiden, der Cytoden und Zellen. Die
verschiedenen Gewebe, welche jenen Organen ihre phy¬
siologischen Eigenthümlichkeiten verleihen, sind aus ver¬
schiedenen Zellenarten zusammengesetzt, aus Nervenzellen,
Muskelzellen, Knochenzellen, Drüsenzellen, Darmzellen,
Geschlechtszellen u. s. w. Wie alle diese verschiedenen
Zellen-Species durch Arbeitstheilung aus einer einzigen,
einfachen, ursprünglichen Zellenform phylogenetisch ent¬
standen sind, das zeigt uns noch heute die individuelle
Entwickelung jedes höheren Thier-Eies. Denn die be¬
fruchtete Eizelle zerfällt zunächst durch wiederholte
Theilung in eine grosse Anzahl von ganz einfachen gleich¬
artigen Zellen. Aus diesen "Morula-Zellen" dann
die beiden primären Keimblätter der Gastrula hervor, und
diese Sonderung in zwei verschiedene Zellenschichten ist
der erste Anfang der histologischen Arbeitsteilung. In¬
dem dann die Zellen des äusseren Keimblattes oder die
Exoderm-Zellen weiterhin in Hautzellen, Nervenzellen,
Muskelzellen u. s. w. sich sondern, und indem aus den
Zellen des inneren Keimblattes oder den Entoderm-Zellen
durch Differenzirung die Darmzellen, Drüsenzellen u. s. w.
entstehen, erfolgt die Gewebebildung oder die histologische
Differenzirung, auf der die Ausbildung der verschiedenen
Organe beruht. Aber die ontogenetische Arbeitstheilung
der Zellen, wie wir sie so an jedem Thier-Ei Schritt für
Schritt unter dem Mikroskop verfolgen können, ist nur die
rasche, nach dem biogenetischen Grundgesetze erfolgende
Wiederholung der langsamen phylogenetischen Gewebe¬
bildung, wie sie durch die active Arbeitstheilung der Zellen
ursprünglich bedingt wurde.

Haeckel, Perigenesis der Plastidule. 4

auf derjenigen der Plastiden, der Cytoden und Zellen. Die
verschiedenen Gewebe, welche jenen Organen ihre phy¬
siologischen Eigenthümlichkeiten verleihen, sind aus ver¬
schiedenen Zellenarten zusammengesetzt, aus Nervenzellen,
Muskelzellen, Knochenzellen, Drüsenzellen, Darmzellen,
Geschlechtszellen u. s. w. Wie alle diese verschiedenen
Zellen-Species durch Arbeitstheilung aus einer einzigen,
einfachen, ursprünglichen Zellenform phylogenetisch ent¬
standen sind, das zeigt uns noch heute die individuelle
Entwickelung jedes höheren Thier-Eies. Denn die be¬
fruchtete Eizelle zerfällt zunächst durch wiederholte
Theilung in eine grosse Anzahl von ganz einfachen gleich¬
artigen Zellen. Aus diesen „Morula-Zellen“ dann
die beiden primären Keimblätter der Gastrula hervor, und
diese Sonderung in zwei verschiedene Zellenschichten ist
der erste Anfang der histologischen Arbeitsteilung. In¬
dem dann die Zellen des äusseren Keimblattes oder die
Exoderm-Zellen weiterhin in Hautzellen, Nervenzellen,
Muskelzellen u. s. w. sich sondern, und indem aus den
Zellen des inneren Keimblattes oder den Entoderm-Zellen
durch Differenzirung die Darmzellen, Drüsenzellen u. s. w.
entstehen, erfolgt die Gewebebildung oder die histologische
Differenzirung, auf der die Ausbildung der verschiedenen
Organe beruht. Aber die ontogenetische Arbeitstheilung
der Zellen, wie wir sie so an jedem Thier-Ei Schritt für
Schritt unter dem Mikroskop verfolgen können, ist nur die
rasche, nach dem biogenetischen Grundgesetze erfolgende
Wiederholung der langsamen phylogenetischen Gewebe¬
bildung, wie sie durch die active Arbeitstheilung der Zellen
ursprünglich bedingt wurde.

Haeckel, Perigenesis der Plastidule. 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0055" n="49"/>
auf derjenigen der Plastiden, der Cytoden und Zellen. Die<lb/>
verschiedenen Gewebe, welche jenen Organen ihre phy¬<lb/>
siologischen Eigenthümlichkeiten verleihen, sind aus ver¬<lb/>
schiedenen Zellenarten zusammengesetzt, aus Nervenzellen,<lb/>
Muskelzellen, Knochenzellen, Drüsenzellen, Darmzellen,<lb/>
Geschlechtszellen u. s. w. Wie alle diese verschiedenen<lb/>
Zellen-Species durch Arbeitstheilung aus einer einzigen,<lb/>
einfachen, ursprünglichen Zellenform phylogenetisch ent¬<lb/>
standen sind, das zeigt uns noch heute die individuelle<lb/>
Entwickelung jedes höheren Thier-Eies. Denn die be¬<lb/>
fruchtete Eizelle zerfällt zunächst durch wiederholte<lb/>
Theilung in eine grosse Anzahl von ganz einfachen gleich¬<lb/>
artigen Zellen. Aus diesen &#x201E;Morula-Zellen&#x201C; dann<lb/>
die beiden primären Keimblätter der Gastrula hervor, und<lb/>
diese Sonderung in zwei verschiedene Zellenschichten ist<lb/>
der erste Anfang der histologischen Arbeitsteilung. In¬<lb/>
dem dann die Zellen des äusseren Keimblattes oder die<lb/>
Exoderm-Zellen weiterhin in Hautzellen, Nervenzellen,<lb/>
Muskelzellen u. s. w. sich sondern, und indem aus den<lb/>
Zellen des inneren Keimblattes oder den Entoderm-Zellen<lb/>
durch Differenzirung die Darmzellen, Drüsenzellen u. s. w.<lb/>
entstehen, erfolgt die Gewebebildung oder die histologische<lb/>
Differenzirung, auf der die Ausbildung der verschiedenen<lb/>
Organe beruht. Aber die <hi rendition="#g">ontogenetische</hi> Arbeitstheilung<lb/>
der Zellen, wie wir sie so an jedem Thier-Ei Schritt für<lb/>
Schritt unter dem Mikroskop verfolgen können, ist nur die<lb/>
rasche, nach dem biogenetischen Grundgesetze erfolgende<lb/>
Wiederholung der langsamen <hi rendition="#g">phylogenetischen</hi> Gewebe¬<lb/>
bildung, wie sie durch die active Arbeitstheilung der Zellen<lb/>
ursprünglich bedingt wurde.<lb/></p>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Haeckel</hi>, Perigenesis der Plastidule. 4<lb/></fw>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[49/0055] auf derjenigen der Plastiden, der Cytoden und Zellen. Die verschiedenen Gewebe, welche jenen Organen ihre phy¬ siologischen Eigenthümlichkeiten verleihen, sind aus ver¬ schiedenen Zellenarten zusammengesetzt, aus Nervenzellen, Muskelzellen, Knochenzellen, Drüsenzellen, Darmzellen, Geschlechtszellen u. s. w. Wie alle diese verschiedenen Zellen-Species durch Arbeitstheilung aus einer einzigen, einfachen, ursprünglichen Zellenform phylogenetisch ent¬ standen sind, das zeigt uns noch heute die individuelle Entwickelung jedes höheren Thier-Eies. Denn die be¬ fruchtete Eizelle zerfällt zunächst durch wiederholte Theilung in eine grosse Anzahl von ganz einfachen gleich¬ artigen Zellen. Aus diesen „Morula-Zellen“ dann die beiden primären Keimblätter der Gastrula hervor, und diese Sonderung in zwei verschiedene Zellenschichten ist der erste Anfang der histologischen Arbeitsteilung. In¬ dem dann die Zellen des äusseren Keimblattes oder die Exoderm-Zellen weiterhin in Hautzellen, Nervenzellen, Muskelzellen u. s. w. sich sondern, und indem aus den Zellen des inneren Keimblattes oder den Entoderm-Zellen durch Differenzirung die Darmzellen, Drüsenzellen u. s. w. entstehen, erfolgt die Gewebebildung oder die histologische Differenzirung, auf der die Ausbildung der verschiedenen Organe beruht. Aber die ontogenetische Arbeitstheilung der Zellen, wie wir sie so an jedem Thier-Ei Schritt für Schritt unter dem Mikroskop verfolgen können, ist nur die rasche, nach dem biogenetischen Grundgesetze erfolgende Wiederholung der langsamen phylogenetischen Gewebe¬ bildung, wie sie durch die active Arbeitstheilung der Zellen ursprünglich bedingt wurde. Haeckel, Perigenesis der Plastidule. 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/55
Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Perigenesis der Plastidule oder die Wellenerzeugung der Lebenstheilchen. Berlin, 1876, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_plastidule_1876/55>, abgerufen am 22.11.2024.