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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Genealogische Ansichten von Unger, Victor Carus, Schaaffhausen.
zenarten sind nur die specificirten Producte der Pflanzenbildungstriebe,
welche durch die verschiedenen Combinationen der Grundkräfte der
organischen Materie entstehen.

Der ausgezeichnete Wiener Botaniker F. Unger wurde durch
seine gründlichen und umfassenden Untersuchungen über die ausgestor-
benen Pflanzenarten zu einer paläontologischen Entwickelungsgeschichte
des Pflanzenreichs geführt, welche den Grundgedanken der Abstam-
mungslehre klar ausspricht. Jn seinem "Versuch einer Geschichte der
Pflanzenwelt" (1852) behauptet er die Abstammung aller verschiede-
nen Pflanzenarten von einigen wenigen Stammformen, und vielleicht
von einer einzigen Urpflanze, einer einfachsten Pflanzenzelle. Er zeigt,
daß diese Anschauungsweise von dem genetischen Zusammenhang aller
Pflanzenformen nicht nur physiologisch nothwendig, sondern auch
empirisch begründet sei 8).

Victor Carus in Leipzig that in der Einleitung zu seinem
1853 erschienenen trefflichen "System der thierischen Morphologie" 9),
welches die allgemeinen Bildungsgesetze des Thierkörpers durch die
vergleichende Anatomie und Entwickelungsgeschichte philosophisch zu
begründen versucht, folgenden Ausspruch: "Die in den ältesten geolo-
gischen Lagern begrabenen Organismen sind als die Urahnen zu be-
trachten, aus denen durch fortgesetzte Zeugung und Akkommodation an
progressiv sehr verschiedene Lebensverhältnisse der Formenreichthum
der jetzigen Schöpfung entstand".

Jn demselben Jahre (1853) erklärte sich der verdiente Anthropo-
loge Schaaffhausen in einem Aufsatze "über Beständigkeit und
Umwandlung der Arten" entschieden zu Gunsten der Descendenztheo-
rie. Die lebenden Pflanzen- und Thierarten sind nach ihm die um-
gebildeten Nachkommen der ausgestorbenen Species, aus denen sie
durch allmähliche Umbildung entstanden sind. Das Auseinanderwei-
chen (die Divergenz oder Sonderung) der nächstverwandten Arten
geschieht durch Zerstörung der verbindenden Zwischenstufen. Auch
für den thierischen Ursprung des Menschengeschlechts und seine all-
mähliche Entwickelung aus affenähnlichen Thieren, die wichtigste Con-

Genealogiſche Anſichten von Unger, Victor Carus, Schaaffhauſen.
zenarten ſind nur die ſpecificirten Producte der Pflanzenbildungstriebe,
welche durch die verſchiedenen Combinationen der Grundkraͤfte der
organiſchen Materie entſtehen.

Der ausgezeichnete Wiener Botaniker F. Unger wurde durch
ſeine gruͤndlichen und umfaſſenden Unterſuchungen uͤber die ausgeſtor-
benen Pflanzenarten zu einer palaͤontologiſchen Entwickelungsgeſchichte
des Pflanzenreichs gefuͤhrt, welche den Grundgedanken der Abſtam-
mungslehre klar ausſpricht. Jn ſeinem „Verſuch einer Geſchichte der
Pflanzenwelt“ (1852) behauptet er die Abſtammung aller verſchiede-
nen Pflanzenarten von einigen wenigen Stammformen, und vielleicht
von einer einzigen Urpflanze, einer einfachſten Pflanzenzelle. Er zeigt,
daß dieſe Anſchauungsweiſe von dem genetiſchen Zuſammenhang aller
Pflanzenformen nicht nur phyſiologiſch nothwendig, ſondern auch
empiriſch begruͤndet ſei 8).

Victor Carus in Leipzig that in der Einleitung zu ſeinem
1853 erſchienenen trefflichen „Syſtem der thieriſchen Morphologie“ 9),
welches die allgemeinen Bildungsgeſetze des Thierkoͤrpers durch die
vergleichende Anatomie und Entwickelungsgeſchichte philoſophiſch zu
begruͤnden verſucht, folgenden Ausſpruch: „Die in den aͤlteſten geolo-
giſchen Lagern begrabenen Organismen ſind als die Urahnen zu be-
trachten, aus denen durch fortgeſetzte Zeugung und Akkommodation an
progreſſiv ſehr verſchiedene Lebensverhaͤltniſſe der Formenreichthum
der jetzigen Schoͤpfung entſtand“.

Jn demſelben Jahre (1853) erklaͤrte ſich der verdiente Anthropo-
loge Schaaffhauſen in einem Aufſatze „uͤber Beſtaͤndigkeit und
Umwandlung der Arten“ entſchieden zu Gunſten der Deſcendenztheo-
rie. Die lebenden Pflanzen- und Thierarten ſind nach ihm die um-
gebildeten Nachkommen der ausgeſtorbenen Species, aus denen ſie
durch allmaͤhliche Umbildung entſtanden ſind. Das Auseinanderwei-
chen (die Divergenz oder Sonderung) der naͤchſtverwandten Arten
geſchieht durch Zerſtoͤrung der verbindenden Zwiſchenſtufen. Auch
fuͤr den thieriſchen Urſprung des Menſchengeſchlechts und ſeine all-
maͤhliche Entwickelung aus affenaͤhnlichen Thieren, die wichtigſte Con-

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[88/0109] Genealogiſche Anſichten von Unger, Victor Carus, Schaaffhauſen. zenarten ſind nur die ſpecificirten Producte der Pflanzenbildungstriebe, welche durch die verſchiedenen Combinationen der Grundkraͤfte der organiſchen Materie entſtehen. Der ausgezeichnete Wiener Botaniker F. Unger wurde durch ſeine gruͤndlichen und umfaſſenden Unterſuchungen uͤber die ausgeſtor- benen Pflanzenarten zu einer palaͤontologiſchen Entwickelungsgeſchichte des Pflanzenreichs gefuͤhrt, welche den Grundgedanken der Abſtam- mungslehre klar ausſpricht. Jn ſeinem „Verſuch einer Geſchichte der Pflanzenwelt“ (1852) behauptet er die Abſtammung aller verſchiede- nen Pflanzenarten von einigen wenigen Stammformen, und vielleicht von einer einzigen Urpflanze, einer einfachſten Pflanzenzelle. Er zeigt, daß dieſe Anſchauungsweiſe von dem genetiſchen Zuſammenhang aller Pflanzenformen nicht nur phyſiologiſch nothwendig, ſondern auch empiriſch begruͤndet ſei 8). Victor Carus in Leipzig that in der Einleitung zu ſeinem 1853 erſchienenen trefflichen „Syſtem der thieriſchen Morphologie“ 9), welches die allgemeinen Bildungsgeſetze des Thierkoͤrpers durch die vergleichende Anatomie und Entwickelungsgeſchichte philoſophiſch zu begruͤnden verſucht, folgenden Ausſpruch: „Die in den aͤlteſten geolo- giſchen Lagern begrabenen Organismen ſind als die Urahnen zu be- trachten, aus denen durch fortgeſetzte Zeugung und Akkommodation an progreſſiv ſehr verſchiedene Lebensverhaͤltniſſe der Formenreichthum der jetzigen Schoͤpfung entſtand“. Jn demſelben Jahre (1853) erklaͤrte ſich der verdiente Anthropo- loge Schaaffhauſen in einem Aufſatze „uͤber Beſtaͤndigkeit und Umwandlung der Arten“ entſchieden zu Gunſten der Deſcendenztheo- rie. Die lebenden Pflanzen- und Thierarten ſind nach ihm die um- gebildeten Nachkommen der ausgeſtorbenen Species, aus denen ſie durch allmaͤhliche Umbildung entſtanden ſind. Das Auseinanderwei- chen (die Divergenz oder Sonderung) der naͤchſtverwandten Arten geſchieht durch Zerſtoͤrung der verbindenden Zwiſchenſtufen. Auch fuͤr den thieriſchen Urſprung des Menſchengeſchlechts und ſeine all- maͤhliche Entwickelung aus affenaͤhnlichen Thieren, die wichtigſte Con-

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/109>, abgerufen am 21.11.2024.