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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Zusammenhang der Vererbung mit der Fortpflanzung.
jetzt, bei dem heutigen Zustande der Physiologie, mit vollkommner
Sicherheit nachweisen, daß alle Erblichkeitserscheinungen durchaus na-
türliche Vorgänge sind, daß sie durch mechanische Ursachen bewirkt
werden, und daß sie auf materiellen Bewegungserscheinungen im
Körper der Organismen beruhen, welche wir als Theilerscheinungen
der Fortpflanzung betrachten können. Alle Erblichkeitserscheinungen
und Vererbungsgesetze lassen sich auf die materiellen Vorgänge der
Fortpflanzung zurückführen.

Jeder einzelne Organismus, jedes lebendige Jndividuum ver-
dankt sein Dasein entweder einem Acte der elternlosen Zeugung
oder Urzeugung (Generatio spontanea, Archigonia), oder
einem Acte der elterlichen Zeugung oder Fortpflanzung (Gene-
ratio parentalis, Tocogonia).
Auf die Urzeugung oder Archigonie
werden wir in einem späteren Vortrage zurückkommen. Jetzt haben
wir uns nur mit der Fortpflanzung oder Tocogonie zu beschäftigen,
deren nähere Betrachtung für das Verständniß der Vererbung von
der größten Wichtigkeit ist. Die Meisten von Jhnen werden von den
Fortpflanzungserscheinungen wahrscheinlich nur diejenigen kennen, wel-
che Sie allgemein bei den höheren Pflanzen und Thieren beobachten,
die Vorgänge der geschlechtlichen Fortpflanzung oder der Amphigonie.
Viel weniger allgemein bekannt sind die Vorgänge der ungeschlechtli-
chen Fortpflanzung oder der Monogonie. Gerade diese sind aber bei
weitem mehr als die vorhergehenden geeignet, ein erklärendes Licht
auf die Natur der mit der Fortpflanzung zusammenhängenden Ver-
erbung zu werfen.

Aus diesem Grunde ersuche ich Sie, jetzt zunächst bloß die Er-
scheinungen der ungeschlechtlichen oder monogonen Fort-
pflanzung
(Monogonia) in das Auge zu fassen. Diese tritt in
mannichfach verschiedener Form auf, als Selbsttheilung, Knospenbil-
dung und Keimzellen- oder Sporenbildung (Gen. Morph. II., 36 --
58). Am lehrreichsten ist es hier, zunächst die Fortpflanzung bei den
einfachsten Organismen zu betrachten, welche wir kennen, und auf
welche wir später bei der Frage von der Urzeugung zurückkommen

Zuſammenhang der Vererbung mit der Fortpflanzung.
jetzt, bei dem heutigen Zuſtande der Phyſiologie, mit vollkommner
Sicherheit nachweiſen, daß alle Erblichkeitserſcheinungen durchaus na-
tuͤrliche Vorgaͤnge ſind, daß ſie durch mechaniſche Urſachen bewirkt
werden, und daß ſie auf materiellen Bewegungserſcheinungen im
Koͤrper der Organismen beruhen, welche wir als Theilerſcheinungen
der Fortpflanzung betrachten koͤnnen. Alle Erblichkeitserſcheinungen
und Vererbungsgeſetze laſſen ſich auf die materiellen Vorgaͤnge der
Fortpflanzung zuruͤckfuͤhren.

Jeder einzelne Organismus, jedes lebendige Jndividuum ver-
dankt ſein Daſein entweder einem Acte der elternloſen Zeugung
oder Urzeugung (Generatio spontanea, Archigonia), oder
einem Acte der elterlichen Zeugung oder Fortpflanzung (Gene-
ratio parentalis, Tocogonia).
Auf die Urzeugung oder Archigonie
werden wir in einem ſpaͤteren Vortrage zuruͤckkommen. Jetzt haben
wir uns nur mit der Fortpflanzung oder Tocogonie zu beſchaͤftigen,
deren naͤhere Betrachtung fuͤr das Verſtaͤndniß der Vererbung von
der groͤßten Wichtigkeit iſt. Die Meiſten von Jhnen werden von den
Fortpflanzungserſcheinungen wahrſcheinlich nur diejenigen kennen, wel-
che Sie allgemein bei den hoͤheren Pflanzen und Thieren beobachten,
die Vorgaͤnge der geſchlechtlichen Fortpflanzung oder der Amphigonie.
Viel weniger allgemein bekannt ſind die Vorgaͤnge der ungeſchlechtli-
chen Fortpflanzung oder der Monogonie. Gerade dieſe ſind aber bei
weitem mehr als die vorhergehenden geeignet, ein erklaͤrendes Licht
auf die Natur der mit der Fortpflanzung zuſammenhaͤngenden Ver-
erbung zu werfen.

Aus dieſem Grunde erſuche ich Sie, jetzt zunaͤchſt bloß die Er-
ſcheinungen der ungeſchlechtlichen oder monogonen Fort-
pflanzung
(Monogonia) in das Auge zu faſſen. Dieſe tritt in
mannichfach verſchiedener Form auf, als Selbſttheilung, Knospenbil-
dung und Keimzellen- oder Sporenbildung (Gen. Morph. II., 36 —
58). Am lehrreichſten iſt es hier, zunaͤchſt die Fortpflanzung bei den
einfachſten Organismen zu betrachten, welche wir kennen, und auf
welche wir ſpaͤter bei der Frage von der Urzeugung zuruͤckkommen

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[141/0162] Zuſammenhang der Vererbung mit der Fortpflanzung. jetzt, bei dem heutigen Zuſtande der Phyſiologie, mit vollkommner Sicherheit nachweiſen, daß alle Erblichkeitserſcheinungen durchaus na- tuͤrliche Vorgaͤnge ſind, daß ſie durch mechaniſche Urſachen bewirkt werden, und daß ſie auf materiellen Bewegungserſcheinungen im Koͤrper der Organismen beruhen, welche wir als Theilerſcheinungen der Fortpflanzung betrachten koͤnnen. Alle Erblichkeitserſcheinungen und Vererbungsgeſetze laſſen ſich auf die materiellen Vorgaͤnge der Fortpflanzung zuruͤckfuͤhren. Jeder einzelne Organismus, jedes lebendige Jndividuum ver- dankt ſein Daſein entweder einem Acte der elternloſen Zeugung oder Urzeugung (Generatio spontanea, Archigonia), oder einem Acte der elterlichen Zeugung oder Fortpflanzung (Gene- ratio parentalis, Tocogonia). Auf die Urzeugung oder Archigonie werden wir in einem ſpaͤteren Vortrage zuruͤckkommen. Jetzt haben wir uns nur mit der Fortpflanzung oder Tocogonie zu beſchaͤftigen, deren naͤhere Betrachtung fuͤr das Verſtaͤndniß der Vererbung von der groͤßten Wichtigkeit iſt. Die Meiſten von Jhnen werden von den Fortpflanzungserſcheinungen wahrſcheinlich nur diejenigen kennen, wel- che Sie allgemein bei den hoͤheren Pflanzen und Thieren beobachten, die Vorgaͤnge der geſchlechtlichen Fortpflanzung oder der Amphigonie. Viel weniger allgemein bekannt ſind die Vorgaͤnge der ungeſchlechtli- chen Fortpflanzung oder der Monogonie. Gerade dieſe ſind aber bei weitem mehr als die vorhergehenden geeignet, ein erklaͤrendes Licht auf die Natur der mit der Fortpflanzung zuſammenhaͤngenden Ver- erbung zu werfen. Aus dieſem Grunde erſuche ich Sie, jetzt zunaͤchſt bloß die Er- ſcheinungen der ungeſchlechtlichen oder monogonen Fort- pflanzung (Monogonia) in das Auge zu faſſen. Dieſe tritt in mannichfach verſchiedener Form auf, als Selbſttheilung, Knospenbil- dung und Keimzellen- oder Sporenbildung (Gen. Morph. II., 36 — 58). Am lehrreichſten iſt es hier, zunaͤchſt die Fortpflanzung bei den einfachſten Organismen zu betrachten, welche wir kennen, und auf welche wir ſpaͤter bei der Frage von der Urzeugung zuruͤckkommen

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/162>, abgerufen am 23.11.2024.