Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Parallelismus der individuellen und der systematischen Entwickelung. ebenfalls im Ganzen parallel läuft. Das ist nämlich diejenige Ent-wickelungsreihe von Formen, welche das Untersuchungsobject der vergleichenden Anatomie ist, und welche wir kurz die syste- matische oder specifische Entwickelung nennen wollen. Wir verstehen darunter die Kette von verschiedenartigen, aber doch verwandten und zusammenhängenden Formen, welche zu irgend einer Zeit der Erdgeschichte, also z. B. in der Gegenwart, neben ein- ander existiren. Jndem die vergleichende Anatomie die verschiedenen ausgebildeten Formen der entwickelten Organismen mit einander ver- gleicht, sucht sie das gemeinsame Urbild zu erkennen, welches den mannichfaltigen Formen der verwandten Arten, Gattungen, Klassen u. s. w. zu Grunde liegt, und welches durch deren Differenzirung nur mehr oder minder versteckt wird. Sie sucht die Stufenleiter des Fort- schritts festzustellen, welche durch den verschiedenen Vervollkommnungs- grad der divergenten Zweige des Stammes bedingt ist. Um bei dem angeführten Beispiele zu bleiben, so zeigt uns die vergleichende Ana- tomie, wie die einzelnen Organe und Organisysteme des Wirbelthier- stammes in den verschiedenen Klassen, Familien, Arten desselben sich ungleichartig entwickelt, differenzirt und vervollkommnet haben. Sie erklärt uns, in welchen Beziehungen die Reihenfolge der Wirbelthier- klassen von den Fischen aufwärts durch die Amphibien zu den Säuge- thieren, und hier wieder von den niederen zu den höheren Säugethier- ordnungen, eine aufsteigende Stufenleiter bildet. Diesem Bestreben, eine zusammenhängende anatomische Entwickelungsreihe herzustellen, begegnen Sie in den Arbeiten der großen vergleichenden Anatomen aller Zeiten, in den Arbeiten von Goethe3), Meckel, Cuvier, Jo- hannes Müller, Gegenbaur 21), Huxley. Die Entwickelungsreihe der ausgebildeten Formen, welche die Parallelismus der individuellen und der ſyſtematiſchen Entwickelung. ebenfalls im Ganzen parallel laͤuft. Das iſt naͤmlich diejenige Ent-wickelungsreihe von Formen, welche das Unterſuchungsobject der vergleichenden Anatomie iſt, und welche wir kurz die ſyſte- matiſche oder ſpecifiſche Entwickelung nennen wollen. Wir verſtehen darunter die Kette von verſchiedenartigen, aber doch verwandten und zuſammenhaͤngenden Formen, welche zu irgend einer Zeit der Erdgeſchichte, alſo z. B. in der Gegenwart, neben ein- ander exiſtiren. Jndem die vergleichende Anatomie die verſchiedenen ausgebildeten Formen der entwickelten Organismen mit einander ver- gleicht, ſucht ſie das gemeinſame Urbild zu erkennen, welches den mannichfaltigen Formen der verwandten Arten, Gattungen, Klaſſen u. ſ. w. zu Grunde liegt, und welches durch deren Differenzirung nur mehr oder minder verſteckt wird. Sie ſucht die Stufenleiter des Fort- ſchritts feſtzuſtellen, welche durch den verſchiedenen Vervollkommnungs- grad der divergenten Zweige des Stammes bedingt iſt. Um bei dem angefuͤhrten Beiſpiele zu bleiben, ſo zeigt uns die vergleichende Ana- tomie, wie die einzelnen Organe und Organiſyſteme des Wirbelthier- ſtammes in den verſchiedenen Klaſſen, Familien, Arten deſſelben ſich ungleichartig entwickelt, differenzirt und vervollkommnet haben. Sie erklaͤrt uns, in welchen Beziehungen die Reihenfolge der Wirbelthier- klaſſen von den Fiſchen aufwaͤrts durch die Amphibien zu den Saͤuge- thieren, und hier wieder von den niederen zu den hoͤheren Saͤugethier- ordnungen, eine aufſteigende Stufenleiter bildet. Dieſem Beſtreben, eine zuſammenhaͤngende anatomiſche Entwickelungsreihe herzuſtellen, begegnen Sie in den Arbeiten der großen vergleichenden Anatomen aller Zeiten, in den Arbeiten von Goethe3), Meckel, Cuvier, Jo- hannes Muͤller, Gegenbaur 21), Huxley. 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Parallelismus der individuellen und der ſyſtematiſchen Entwickelung.
ebenfalls im Ganzen parallel laͤuft. Das iſt naͤmlich diejenige Ent-
wickelungsreihe von Formen, welche das Unterſuchungsobject der
vergleichenden Anatomie iſt, und welche wir kurz die ſyſte-
matiſche oder ſpecifiſche Entwickelung nennen wollen.
Wir verſtehen darunter die Kette von verſchiedenartigen, aber doch
verwandten und zuſammenhaͤngenden Formen, welche zu irgend einer
Zeit der Erdgeſchichte, alſo z. B. in der Gegenwart, neben ein-
ander exiſtiren. Jndem die vergleichende Anatomie die verſchiedenen
ausgebildeten Formen der entwickelten Organismen mit einander ver-
gleicht, ſucht ſie das gemeinſame Urbild zu erkennen, welches den
mannichfaltigen Formen der verwandten Arten, Gattungen, Klaſſen
u. ſ. w. zu Grunde liegt, und welches durch deren Differenzirung nur
mehr oder minder verſteckt wird. Sie ſucht die Stufenleiter des Fort-
ſchritts feſtzuſtellen, welche durch den verſchiedenen Vervollkommnungs-
grad der divergenten Zweige des Stammes bedingt iſt. Um bei dem
angefuͤhrten Beiſpiele zu bleiben, ſo zeigt uns die vergleichende Ana-
tomie, wie die einzelnen Organe und Organiſyſteme des Wirbelthier-
ſtammes in den verſchiedenen Klaſſen, Familien, Arten deſſelben ſich
ungleichartig entwickelt, differenzirt und vervollkommnet haben. Sie
erklaͤrt uns, in welchen Beziehungen die Reihenfolge der Wirbelthier-
klaſſen von den Fiſchen aufwaͤrts durch die Amphibien zu den Saͤuge-
thieren, und hier wieder von den niederen zu den hoͤheren Saͤugethier-
ordnungen, eine aufſteigende Stufenleiter bildet. Dieſem Beſtreben,
eine zuſammenhaͤngende anatomiſche Entwickelungsreihe herzuſtellen,
begegnen Sie in den Arbeiten der großen vergleichenden Anatomen aller
Zeiten, in den Arbeiten von Goethe3), Meckel, Cuvier, Jo-
hannes Muͤller, Gegenbaur 21), Huxley.
Die Entwickelungsreihe der ausgebildeten Formen, welche die
vergleichende Anatomie in den verſchiedenen Divergenz- und Fort-
ſchrittsſtufen des organiſchen Syſtems nachweiſt, und welche wir die
ſyſtematiſche Entwickelungsreihe nannten, iſt parallel der palaͤontolo-
giſchen Entwickelungsreihe, weil ſie das anatomiſche Reſultat der
letzteren betrachtet, und ſie iſt parallel der individuellen Entwickelungs-
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