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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Kelchblüthige (Monochlamydeen) und Kronenblüthige (Dichlamydeen).
Weiden und Pappeln, Buchen und Eichen, ferner die nesselartigen
Pflanzen, Nesseln, Hanf und Hopfen, Feigen, Maulbeeren und
Rüstern, endlich die Wolfsmilchartigen, Amaranthartigen, Lorber-
artigen u. s. w.

Neben den Kelchblüthigen lebte aber in der Kreidezeit auch schon
die zweite und vollkommenere Unterklasse der Dicotylen, die Gruppe
der Kronenblüthigen (Dichlamydeae oder Corolliflorae).
Diese entstanden aus den Kelchblüthigen dadurch, daß sich die ein-
fache Blüthenhülle der letzteren in Kelch und Krone differenzirte. Die
Unterklasse der Kronenblüthigen zerfällt wiederum in zwei große
Hauptabtheilungen oder Legionen, deren jede eine große Menge von
verschiedenen Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten enthält.
Die erste Legion führt den Namen der Sternblüthigen oder Diapeta-
len, die zweite den Namen der Glockenblüthigen oder Gamopetalen.

Die tiefer stehende und unvollkommenere von den beiden Legio-
nen der Kronenblüthigen sind die Sternblüthigen (Diapetalae,
auch Polypetalae oder Dialypetalae genannt). Hierher gehören
die umfangreichen Familien der Doldenblüthigen oder Umbelliferen,
der Kreuzblüthigen oder Cruciferen, ferner die Ranunculaceen und
Crassulaceen, Wasserrosen und Cistrosen, Malven und Geranien,
und neben vielen anderen namentlich noch die großen Abtheilungen
der Rosenblüthigen, (welche außer den Rosen die meisten unserer Obst-
bäume umfassen) und der Schmetterlingsblüthigen, (welche unter an-
deren die Wicken, Bohnen, Klee, Ginster, Akacien und Mimosen ent-
halten). Bei allen diesen Diapetalen bleiben die Blumenblätter ge-
trennt und verwachsen nicht mit einander, wie es bei den Gamope-
talen der Fall ist. Die letzteren haben sich erst in der Tertiärzeit aus
den Diapetalen entwickelt, während diese schon in der Kreidezeit neben
den Kelchblüthigen auftraten.

Die höchste und vollkommenste Gruppe des Pflanzenreichs bildet
die zweite Abtheilung der Kronenblüthigen, die Legion der Glocken-
blüthigen
(Gamopetalae, auch Monopetalae oder Sympetalae
genannt). Hier verwachsen die Blumenblätter, welche bei den übri-

Kelchbluͤthige (Monochlamydeen) und Kronenbluͤthige (Dichlamydeen).
Weiden und Pappeln, Buchen und Eichen, ferner die neſſelartigen
Pflanzen, Neſſeln, Hanf und Hopfen, Feigen, Maulbeeren und
Ruͤſtern, endlich die Wolfsmilchartigen, Amaranthartigen, Lorber-
artigen u. ſ. w.

Neben den Kelchbluͤthigen lebte aber in der Kreidezeit auch ſchon
die zweite und vollkommenere Unterklaſſe der Dicotylen, die Gruppe
der Kronenbluͤthigen (Dichlamydeae oder Corolliflorae).
Dieſe entſtanden aus den Kelchbluͤthigen dadurch, daß ſich die ein-
fache Bluͤthenhuͤlle der letzteren in Kelch und Krone differenzirte. Die
Unterklaſſe der Kronenbluͤthigen zerfaͤllt wiederum in zwei große
Hauptabtheilungen oder Legionen, deren jede eine große Menge von
verſchiedenen Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten enthaͤlt.
Die erſte Legion fuͤhrt den Namen der Sternbluͤthigen oder Diapeta-
len, die zweite den Namen der Glockenbluͤthigen oder Gamopetalen.

Die tiefer ſtehende und unvollkommenere von den beiden Legio-
nen der Kronenbluͤthigen ſind die Sternbluͤthigen (Diapetalae,
auch Polypetalae oder Dialypetalae genannt). Hierher gehoͤren
die umfangreichen Familien der Doldenbluͤthigen oder Umbelliferen,
der Kreuzbluͤthigen oder Cruciferen, ferner die Ranunculaceen und
Craſſulaceen, Waſſerroſen und Ciſtroſen, Malven und Geranien,
und neben vielen anderen namentlich noch die großen Abtheilungen
der Roſenbluͤthigen, (welche außer den Roſen die meiſten unſerer Obſt-
baͤume umfaſſen) und der Schmetterlingsbluͤthigen, (welche unter an-
deren die Wicken, Bohnen, Klee, Ginſter, Akacien und Mimoſen ent-
halten). Bei allen dieſen Diapetalen bleiben die Blumenblaͤtter ge-
trennt und verwachſen nicht mit einander, wie es bei den Gamope-
talen der Fall iſt. Die letzteren haben ſich erſt in der Tertiaͤrzeit aus
den Diapetalen entwickelt, waͤhrend dieſe ſchon in der Kreidezeit neben
den Kelchbluͤthigen auftraten.

Die hoͤchſte und vollkommenſte Gruppe des Pflanzenreichs bildet
die zweite Abtheilung der Kronenbluͤthigen, die Legion der Glocken-
bluͤthigen
(Gamopetalae, auch Monopetalae oder Sympetalae
genannt). Hier verwachſen die Blumenblaͤtter, welche bei den uͤbri-

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[378/0403] Kelchbluͤthige (Monochlamydeen) und Kronenbluͤthige (Dichlamydeen). Weiden und Pappeln, Buchen und Eichen, ferner die neſſelartigen Pflanzen, Neſſeln, Hanf und Hopfen, Feigen, Maulbeeren und Ruͤſtern, endlich die Wolfsmilchartigen, Amaranthartigen, Lorber- artigen u. ſ. w. Neben den Kelchbluͤthigen lebte aber in der Kreidezeit auch ſchon die zweite und vollkommenere Unterklaſſe der Dicotylen, die Gruppe der Kronenbluͤthigen (Dichlamydeae oder Corolliflorae). Dieſe entſtanden aus den Kelchbluͤthigen dadurch, daß ſich die ein- fache Bluͤthenhuͤlle der letzteren in Kelch und Krone differenzirte. Die Unterklaſſe der Kronenbluͤthigen zerfaͤllt wiederum in zwei große Hauptabtheilungen oder Legionen, deren jede eine große Menge von verſchiedenen Ordnungen, Familien, Gattungen und Arten enthaͤlt. Die erſte Legion fuͤhrt den Namen der Sternbluͤthigen oder Diapeta- len, die zweite den Namen der Glockenbluͤthigen oder Gamopetalen. Die tiefer ſtehende und unvollkommenere von den beiden Legio- nen der Kronenbluͤthigen ſind die Sternbluͤthigen (Diapetalae, auch Polypetalae oder Dialypetalae genannt). Hierher gehoͤren die umfangreichen Familien der Doldenbluͤthigen oder Umbelliferen, der Kreuzbluͤthigen oder Cruciferen, ferner die Ranunculaceen und Craſſulaceen, Waſſerroſen und Ciſtroſen, Malven und Geranien, und neben vielen anderen namentlich noch die großen Abtheilungen der Roſenbluͤthigen, (welche außer den Roſen die meiſten unſerer Obſt- baͤume umfaſſen) und der Schmetterlingsbluͤthigen, (welche unter an- deren die Wicken, Bohnen, Klee, Ginſter, Akacien und Mimoſen ent- halten). Bei allen dieſen Diapetalen bleiben die Blumenblaͤtter ge- trennt und verwachſen nicht mit einander, wie es bei den Gamope- talen der Fall iſt. Die letzteren haben ſich erſt in der Tertiaͤrzeit aus den Diapetalen entwickelt, waͤhrend dieſe ſchon in der Kreidezeit neben den Kelchbluͤthigen auftraten. Die hoͤchſte und vollkommenſte Gruppe des Pflanzenreichs bildet die zweite Abtheilung der Kronenbluͤthigen, die Legion der Glocken- bluͤthigen (Gamopetalae, auch Monopetalae oder Sympetalae genannt). Hier verwachſen die Blumenblaͤtter, welche bei den uͤbri-

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/403>, abgerufen am 22.11.2024.