Die Klasse der Fische(Pisces), mit welcher wir demgemäß die Reihe der Paarnasen beginnen, unterscheidet sich von den übrigen fünf Klassen dieser Reihe vorzüglich dadurch, daß die Schwimmblase nie- mals zur Lunge entwickelt, vielmehr nur als hydrostatischer Apparat thätig ist. Jn Uebereinstimmung damit finden wir den Umstand, daß die Nase bei den Fischen durch zwei blinde Gruben vorn auf der Schnautze gebildet wird, welche niemals den Gaumen durchbohren und in die Rachenhöhle münden. Dagegen sind die beiden Nasen- höhlen bei den übrigen fünf Klassen der Paarnasen zu Luftwegen umgebildet, welche den Gaumen durchbohren, und so den Lungen Luft zuführen. Die echten Fische (nach Ausschluß der Dipneusten) sind demnach die einzigen Paarnasen, welche ausschließlich durch Kie- men, und niemals durch Lungen athmen. Sie leben dem entspre- chend alle im Wasser und ihre beiden Beinpaare haben die ursprüng- liche Form von rudernden Flossen beibehalten.
Die echten Fische werden in drei verschiedene Unterklassen einge- theilt, in die Urfische, Schmelzfische und Knochenfische. Die älteste von diesen, welche die ursprüngliche Form am getreuesten bewahrt hat, ist diejenige der Urfische(Selachii). Davon leben heutzutage noch die Haifische (Squali) und Rochen (Rajae), welche man als Quermäuler(Plagiostomi) zusammenfaßt, sowie die seltsame Fischform der abenteuerlich gestalteten Seekatzen oder Chimären (Holocephali oder Chimaeracei). Aber diese Urfische der Gegenwart, welche in allen Meeren vorkommen, sind nur schwache Reste von der gestaltenreichen und herrschenden Thiergruppe, welche die Selachier in früheren Zeiten der Erdgeschichte, und namentlich während der pa- läolithischen Zeit bildeten. Leider besitzen alle Urfische ein knorpeliges, niemals vollständig verknöchertes Skelet, welches der Versteinerung nur wenig oder gar nicht fähig ist. Die einzigen harten Körpertheile, welche in fossilem Zustande sich erhalten konnten, sind die Zähne und die Flossenstacheln. Diese finden sich aber in solcher Menge, Formen- mannichfaltigkeit und Größe in den älteren Formationen vor, daß wir daraus mit Sicherheit auf eine höchst beträchtliche Entwickelung der-
Drei Unterklaſſen der Fiſche.
Die Klaſſe der Fiſche(Pisces), mit welcher wir demgemaͤß die Reihe der Paarnaſen beginnen, unterſcheidet ſich von den uͤbrigen fuͤnf Klaſſen dieſer Reihe vorzuͤglich dadurch, daß die Schwimmblaſe nie- mals zur Lunge entwickelt, vielmehr nur als hydroſtatiſcher Apparat thaͤtig iſt. Jn Uebereinſtimmung damit finden wir den Umſtand, daß die Naſe bei den Fiſchen durch zwei blinde Gruben vorn auf der Schnautze gebildet wird, welche niemals den Gaumen durchbohren und in die Rachenhoͤhle muͤnden. Dagegen ſind die beiden Naſen- hoͤhlen bei den uͤbrigen fuͤnf Klaſſen der Paarnaſen zu Luftwegen umgebildet, welche den Gaumen durchbohren, und ſo den Lungen Luft zufuͤhren. Die echten Fiſche (nach Ausſchluß der Dipneuſten) ſind demnach die einzigen Paarnaſen, welche ausſchließlich durch Kie- men, und niemals durch Lungen athmen. Sie leben dem entſpre- chend alle im Waſſer und ihre beiden Beinpaare haben die urſpruͤng- liche Form von rudernden Floſſen beibehalten.
Die echten Fiſche werden in drei verſchiedene Unterklaſſen einge- theilt, in die Urfiſche, Schmelzfiſche und Knochenfiſche. Die aͤlteſte von dieſen, welche die urſpruͤngliche Form am getreueſten bewahrt hat, iſt diejenige der Urfiſche(Selachii). Davon leben heutzutage noch die Haifiſche (Squali) und Rochen (Rajae), welche man als Quermaͤuler(Plagiostomi) zuſammenfaßt, ſowie die ſeltſame Fiſchform der abenteuerlich geſtalteten Seekatzen oder Chimaͤren (Holocephali oder Chimaeracei). Aber dieſe Urfiſche der Gegenwart, welche in allen Meeren vorkommen, ſind nur ſchwache Reſte von der geſtaltenreichen und herrſchenden Thiergruppe, welche die Selachier in fruͤheren Zeiten der Erdgeſchichte, und namentlich waͤhrend der pa- laͤolithiſchen Zeit bildeten. Leider beſitzen alle Urfiſche ein knorpeliges, niemals vollſtaͤndig verknoͤchertes Skelet, welches der Verſteinerung nur wenig oder gar nicht faͤhig iſt. Die einzigen harten Koͤrpertheile, welche in foſſilem Zuſtande ſich erhalten konnten, ſind die Zaͤhne und die Floſſenſtacheln. Dieſe finden ſich aber in ſolcher Menge, Formen- mannichfaltigkeit und Groͤße in den aͤlteren Formationen vor, daß wir daraus mit Sicherheit auf eine hoͤchſt betraͤchtliche Entwickelung der-
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Drei Unterklaſſen der Fiſche.
Die Klaſſe der Fiſche (Pisces), mit welcher wir demgemaͤß die
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Klaſſen dieſer Reihe vorzuͤglich dadurch, daß die Schwimmblaſe nie-
mals zur Lunge entwickelt, vielmehr nur als hydroſtatiſcher Apparat
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die Naſe bei den Fiſchen durch zwei blinde Gruben vorn auf der
Schnautze gebildet wird, welche niemals den Gaumen durchbohren
und in die Rachenhoͤhle muͤnden. Dagegen ſind die beiden Naſen-
hoͤhlen bei den uͤbrigen fuͤnf Klaſſen der Paarnaſen zu Luftwegen
umgebildet, welche den Gaumen durchbohren, und ſo den Lungen
Luft zufuͤhren. Die echten Fiſche (nach Ausſchluß der Dipneuſten)
ſind demnach die einzigen Paarnaſen, welche ausſchließlich durch Kie-
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chend alle im Waſſer und ihre beiden Beinpaare haben die urſpruͤng-
liche Form von rudernden Floſſen beibehalten.
Die echten Fiſche werden in drei verſchiedene Unterklaſſen einge-
theilt, in die Urfiſche, Schmelzfiſche und Knochenfiſche. Die aͤlteſte
von dieſen, welche die urſpruͤngliche Form am getreueſten bewahrt
hat, iſt diejenige der Urfiſche (Selachii). Davon leben heutzutage
noch die Haifiſche (Squali) und Rochen (Rajae), welche man als
Quermaͤuler (Plagiostomi) zuſammenfaßt, ſowie die ſeltſame
Fiſchform der abenteuerlich geſtalteten Seekatzen oder Chimaͤren
(Holocephali oder Chimaeracei). Aber dieſe Urfiſche der Gegenwart,
welche in allen Meeren vorkommen, ſind nur ſchwache Reſte von der
geſtaltenreichen und herrſchenden Thiergruppe, welche die Selachier
in fruͤheren Zeiten der Erdgeſchichte, und namentlich waͤhrend der pa-
laͤolithiſchen Zeit bildeten. Leider beſitzen alle Urfiſche ein knorpeliges,
niemals vollſtaͤndig verknoͤchertes Skelet, welches der Verſteinerung
nur wenig oder gar nicht faͤhig iſt. Die einzigen harten Koͤrpertheile,
welche in foſſilem Zuſtande ſich erhalten konnten, ſind die Zaͤhne und
die Floſſenſtacheln. Dieſe finden ſich aber in ſolcher Menge, Formen-
mannichfaltigkeit und Groͤße in den aͤlteren Formationen vor, daß wir
daraus mit Sicherheit auf eine hoͤchſt betraͤchtliche Entwickelung der-
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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/468>, abgerufen am 24.11.2024.
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