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Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.

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Amnionthiere (Amnioten) und Amnionlose (Anamnien).
fleckter Landsalamander (Salamandra maculata) und unsere flinken
Wassermolche (Triton) gehören. Manche von ihnen, z. B. der be-
rühmte Riesenmolch von Japan (Cryptobranchus japonicus) haben
noch die Kiemenspalte beibehalten, trotzdem sie die Kiemen selbst ver-
loren haben. Alle aber behalten den Schwanz zeitlebens. Bisweilen
conserviren die Tritonen auch die Kiemen und bleiben so ganz auf der
Stufe der Kiemenlurche stehen, wenn man sie nämlich zwingt, be-
ständig im Wasser zu bleiben (Vergl. oben S. 192). Die dritte Ord-
nung, die Schwanzlosen oder Froschlurche (Anura), verlieren bei
der Metamorphose nicht nur die Kiemen, durch welche sie in früher
Jugend (als sogenannte "Kaulquappen") Wasser athmen, sondern
auch den Schwanz, mit dem sie umherschwimmen. Sie durchlaufen
also während ihrer Ontogenie den Entwickelungsgang der ganzen
Unterklasse, indem sie zuerst Kiemenlurche, später Schwanzlurche, und
zuletzt Froschlurche sind. Offenbar ergiebt sich daraus, daß die Frosch-
lurche sich erst später aus den Schwanzlurchen, wie diese selbst aus
den ursprünglich allein vorhandenen Kiemenlurchen entwickelt haben.

Jndem wir nun von den Amphibien zu der nächsten Wirbelthier-
klasse, den Reptilien übergehen, bemerken wir eine sehr bedeutende
Vervollkommnung in der stufenweise fortschreitenden Organisation der
Wirbelthiere. Alle bisher betrachteten Paarnasen oder Amphirrhinen,
nämlich die drei nahe verwandten Klassen der Fische, Lurchfische und
Lurche, stimmen in einer Anzahl von wichtigen Charakteren überein,
durch welche sie sich von den drei noch übrigen Wirbelthierklassen, den
Reptilien, Vögeln und Säugethieren, sehr wesentlich unterscheiden.
Bei diesen letzteren bildet sich während der embryonalen Entwickelung
rings um den Embryo eine von seinem Nabel auswachsende beson-
dere zarte Hülle, die Fruchthaut oder das Amnion, welche
mit dem Fruchtwasser oder Amnionwasser gefüllt ist, und in diesem
den Embryo oder Keim blasenförmig umschließt. Wegen dieser sehr
wichtigen und charakteristischen Bildung können wir jene drei höchst
entwickelten Wirbelthierklassen als Amnionthiere (Amniota) zu-
sammenfassen. Die drei soeben betrachteten Klassen der Paarnasen

Amnionthiere (Amnioten) und Amnionloſe (Anamnien).
fleckter Landſalamander (Salamandra maculata) und unſere flinken
Waſſermolche (Triton) gehoͤren. Manche von ihnen, z. B. der be-
ruͤhmte Rieſenmolch von Japan (Cryptobranchus japonicus) haben
noch die Kiemenſpalte beibehalten, trotzdem ſie die Kiemen ſelbſt ver-
loren haben. Alle aber behalten den Schwanz zeitlebens. Bisweilen
conſerviren die Tritonen auch die Kiemen und bleiben ſo ganz auf der
Stufe der Kiemenlurche ſtehen, wenn man ſie naͤmlich zwingt, be-
ſtaͤndig im Waſſer zu bleiben (Vergl. oben S. 192). Die dritte Ord-
nung, die Schwanzloſen oder Froſchlurche (Anura), verlieren bei
der Metamorphoſe nicht nur die Kiemen, durch welche ſie in fruͤher
Jugend (als ſogenannte „Kaulquappen“) Waſſer athmen, ſondern
auch den Schwanz, mit dem ſie umherſchwimmen. Sie durchlaufen
alſo waͤhrend ihrer Ontogenie den Entwickelungsgang der ganzen
Unterklaſſe, indem ſie zuerſt Kiemenlurche, ſpaͤter Schwanzlurche, und
zuletzt Froſchlurche ſind. Offenbar ergiebt ſich daraus, daß die Froſch-
lurche ſich erſt ſpaͤter aus den Schwanzlurchen, wie dieſe ſelbſt aus
den urſpruͤnglich allein vorhandenen Kiemenlurchen entwickelt haben.

Jndem wir nun von den Amphibien zu der naͤchſten Wirbelthier-
klaſſe, den Reptilien uͤbergehen, bemerken wir eine ſehr bedeutende
Vervollkommnung in der ſtufenweiſe fortſchreitenden Organiſation der
Wirbelthiere. Alle bisher betrachteten Paarnaſen oder Amphirrhinen,
naͤmlich die drei nahe verwandten Klaſſen der Fiſche, Lurchfiſche und
Lurche, ſtimmen in einer Anzahl von wichtigen Charakteren uͤberein,
durch welche ſie ſich von den drei noch uͤbrigen Wirbelthierklaſſen, den
Reptilien, Voͤgeln und Saͤugethieren, ſehr weſentlich unterſcheiden.
Bei dieſen letzteren bildet ſich waͤhrend der embryonalen Entwickelung
rings um den Embryo eine von ſeinem Nabel auswachſende beſon-
dere zarte Huͤlle, die Fruchthaut oder das Amnion, welche
mit dem Fruchtwaſſer oder Amnionwaſſer gefuͤllt iſt, und in dieſem
den Embryo oder Keim blaſenfoͤrmig umſchließt. Wegen dieſer ſehr
wichtigen und charakteriſtiſchen Bildung koͤnnen wir jene drei hoͤchſt
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ſammenfaſſen. Die drei ſoeben betrachteten Klaſſen der Paarnaſen

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[450/0475] Amnionthiere (Amnioten) und Amnionloſe (Anamnien). fleckter Landſalamander (Salamandra maculata) und unſere flinken Waſſermolche (Triton) gehoͤren. Manche von ihnen, z. B. der be- ruͤhmte Rieſenmolch von Japan (Cryptobranchus japonicus) haben noch die Kiemenſpalte beibehalten, trotzdem ſie die Kiemen ſelbſt ver- loren haben. Alle aber behalten den Schwanz zeitlebens. Bisweilen conſerviren die Tritonen auch die Kiemen und bleiben ſo ganz auf der Stufe der Kiemenlurche ſtehen, wenn man ſie naͤmlich zwingt, be- ſtaͤndig im Waſſer zu bleiben (Vergl. oben S. 192). Die dritte Ord- nung, die Schwanzloſen oder Froſchlurche (Anura), verlieren bei der Metamorphoſe nicht nur die Kiemen, durch welche ſie in fruͤher Jugend (als ſogenannte „Kaulquappen“) Waſſer athmen, ſondern auch den Schwanz, mit dem ſie umherſchwimmen. Sie durchlaufen alſo waͤhrend ihrer Ontogenie den Entwickelungsgang der ganzen Unterklaſſe, indem ſie zuerſt Kiemenlurche, ſpaͤter Schwanzlurche, und zuletzt Froſchlurche ſind. Offenbar ergiebt ſich daraus, daß die Froſch- lurche ſich erſt ſpaͤter aus den Schwanzlurchen, wie dieſe ſelbſt aus den urſpruͤnglich allein vorhandenen Kiemenlurchen entwickelt haben. Jndem wir nun von den Amphibien zu der naͤchſten Wirbelthier- klaſſe, den Reptilien uͤbergehen, bemerken wir eine ſehr bedeutende Vervollkommnung in der ſtufenweiſe fortſchreitenden Organiſation der Wirbelthiere. Alle bisher betrachteten Paarnaſen oder Amphirrhinen, naͤmlich die drei nahe verwandten Klaſſen der Fiſche, Lurchfiſche und Lurche, ſtimmen in einer Anzahl von wichtigen Charakteren uͤberein, durch welche ſie ſich von den drei noch uͤbrigen Wirbelthierklaſſen, den Reptilien, Voͤgeln und Saͤugethieren, ſehr weſentlich unterſcheiden. Bei dieſen letzteren bildet ſich waͤhrend der embryonalen Entwickelung rings um den Embryo eine von ſeinem Nabel auswachſende beſon- dere zarte Huͤlle, die Fruchthaut oder das Amnion, welche mit dem Fruchtwaſſer oder Amnionwaſſer gefuͤllt iſt, und in dieſem den Embryo oder Keim blaſenfoͤrmig umſchließt. Wegen dieſer ſehr wichtigen und charakteriſtiſchen Bildung koͤnnen wir jene drei hoͤchſt entwickelten Wirbelthierklaſſen als Amnionthiere (Amniota) zu- ſammenfaſſen. Die drei ſoeben betrachteten Klaſſen der Paarnaſen

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_schoepfungsgeschichte_1868/475>, abgerufen am 24.11.2024.