Haeckel, Ernst: Natürliche Schöpfungsgeschichte. Berlin, 1868.Entstehung des Menschen aus schmalnasigen Affen. tung des Menschen auf der Erdoberfläche die größte Bedeutung be-sitzt, daß der Mensch sich aus den Katarrhinen entwickelt hat. Denn wir sind nicht im Stande, einen zoologischen Charakter auf- zufinden, der den Menschen von den nächstverwandten Affen der alten Welt in einem höheren Grade unterschiede, als die entferntesten For- men dieser Gruppe unter sich verschieden sind. Es ist dies das wich- tigste Resultat der sehr genauen vergleichend-anatomischen Untersu- chungen Huxley's, welches nicht genug berücksichtigt werden kann. Jn jeder Beziehung sind die anatomischen Unterschiede zwischen dem Menschen und den menschenähnlichsten Katarrhinen (Orang, Gorilla, Schimpanse) geringer, als die anatomischen Unterschiede zwischen die- sen und den niedrigsten, tiefst stehenden Katarrhinen, insbesondere den hundeähnlichen Pavianen. Dieses höchst bedeutsame Resultat ergiebt sich aus einer unbefangenen anatomischen Vergleichung zwischen den verschiedenen Formen der Katarrhinen als unzweifelhaft. Wenn wir also überhaupt, der Descendenztheorie entsprechend, das natürliche System der Thiere als Leitfaden unserer Betrachtung anerkennen, und darauf unseren Stammbaum begründen, so müssen wir nothwendig zu dem unabweislichen Schlusse kommen, daß das Menschenge- schlecht ein Aestchen der Katarrhinengruppe ist, und sich aus längst ausgestorbenen Affen dieser Gruppe in der alten Welt entwickelt hat. Einige Anhänger der Descendenz- theorie haben gemeint, daß die amerikanischen Menschen sich unab- hängig von denen der alten Welt aus amerikanischen Affen entwickelt hätten. Diese Hypothese halte ich für ganz irrig. Denn die völlige Uebereinstimmung aller Menschen mit den Katarrhinen in Bezug auf die charakteristische Bildung der Nase und des Gebisses beweist deutlich, daß sie eines Ursprungs sind, und sich aus einer gemeinsamen Wurzel erst entwickelt haben, nachdem die Platyrrhinen oder amerikanischen Affen sich bereits von dieser abge- zweigt hatten. Die amerikanischen Ureinwohner sind vielmehr, wie auch zahlreiche ethnographische Thatsachen beweisen, aus Asien, und theil- weise vielleicht auch aus Polynesien eingewandert. Entſtehung des Menſchen aus ſchmalnaſigen Affen. tung des Menſchen auf der Erdoberflaͤche die groͤßte Bedeutung be-ſitzt, daß der Menſch ſich aus den Katarrhinen entwickelt hat. Denn wir ſind nicht im Stande, einen zoologiſchen Charakter auf- zufinden, der den Menſchen von den naͤchſtverwandten Affen der alten Welt in einem hoͤheren Grade unterſchiede, als die entfernteſten For- men dieſer Gruppe unter ſich verſchieden ſind. Es iſt dies das wich- tigſte Reſultat der ſehr genauen vergleichend-anatomiſchen Unterſu- chungen Huxley’s, welches nicht genug beruͤckſichtigt werden kann. Jn jeder Beziehung ſind die anatomiſchen Unterſchiede zwiſchen dem Menſchen und den menſchenaͤhnlichſten Katarrhinen (Orang, Gorilla, Schimpanſe) geringer, als die anatomiſchen Unterſchiede zwiſchen die- ſen und den niedrigſten, tiefſt ſtehenden Katarrhinen, insbeſondere den hundeaͤhnlichen Pavianen. Dieſes hoͤchſt bedeutſame Reſultat ergiebt ſich aus einer unbefangenen anatomiſchen Vergleichung zwiſchen den verſchiedenen Formen der Katarrhinen als unzweifelhaft. Wenn wir alſo uͤberhaupt, der Deſcendenztheorie entſprechend, das natuͤrliche Syſtem der Thiere als Leitfaden unſerer Betrachtung anerkennen, und darauf unſeren Stammbaum begruͤnden, ſo muͤſſen wir nothwendig zu dem unabweislichen Schluſſe kommen, daß das Menſchenge- ſchlecht ein Aeſtchen der Katarrhinengruppe iſt, und ſich aus laͤngſt ausgeſtorbenen Affen dieſer Gruppe in der alten Welt entwickelt hat. Einige Anhaͤnger der Deſcendenz- theorie haben gemeint, daß die amerikaniſchen Menſchen ſich unab- haͤngig von denen der alten Welt aus amerikaniſchen Affen entwickelt haͤtten. Dieſe Hypotheſe halte ich fuͤr ganz irrig. Denn die voͤllige Uebereinſtimmung aller Menſchen mit den Katarrhinen in Bezug auf die charakteriſtiſche Bildung der Naſe und des Gebiſſes beweiſt deutlich, daß ſie eines Urſprungs ſind, und ſich aus einer gemeinſamen Wurzel erſt entwickelt haben, nachdem die Platyrrhinen oder amerikaniſchen Affen ſich bereits von dieſer abge- zweigt hatten. Die amerikaniſchen Ureinwohner ſind vielmehr, wie auch zahlreiche ethnographiſche Thatſachen beweiſen, aus Aſien, und theil- weiſe vielleicht auch aus Polyneſien eingewandert. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0521" n="496"/><fw place="top" type="header">Entſtehung des Menſchen aus ſchmalnaſigen Affen.</fw><lb/> tung des Menſchen auf der Erdoberflaͤche die groͤßte Bedeutung be-<lb/> ſitzt, daß <hi rendition="#g">der Menſch ſich aus den Katarrhinen entwickelt</hi><lb/> hat. Denn wir ſind nicht im Stande, einen zoologiſchen Charakter auf-<lb/> zufinden, der den Menſchen von den naͤchſtverwandten Affen der alten<lb/> Welt in einem hoͤheren Grade unterſchiede, als die entfernteſten For-<lb/> men dieſer Gruppe unter ſich verſchieden ſind. 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Entſtehung des Menſchen aus ſchmalnaſigen Affen.
tung des Menſchen auf der Erdoberflaͤche die groͤßte Bedeutung be-
ſitzt, daß der Menſch ſich aus den Katarrhinen entwickelt
hat. Denn wir ſind nicht im Stande, einen zoologiſchen Charakter auf-
zufinden, der den Menſchen von den naͤchſtverwandten Affen der alten
Welt in einem hoͤheren Grade unterſchiede, als die entfernteſten For-
men dieſer Gruppe unter ſich verſchieden ſind. Es iſt dies das wich-
tigſte Reſultat der ſehr genauen vergleichend-anatomiſchen Unterſu-
chungen Huxley’s, welches nicht genug beruͤckſichtigt werden kann.
Jn jeder Beziehung ſind die anatomiſchen Unterſchiede zwiſchen dem
Menſchen und den menſchenaͤhnlichſten Katarrhinen (Orang, Gorilla,
Schimpanſe) geringer, als die anatomiſchen Unterſchiede zwiſchen die-
ſen und den niedrigſten, tiefſt ſtehenden Katarrhinen, insbeſondere den
hundeaͤhnlichen Pavianen. Dieſes hoͤchſt bedeutſame Reſultat ergiebt
ſich aus einer unbefangenen anatomiſchen Vergleichung zwiſchen den
verſchiedenen Formen der Katarrhinen als unzweifelhaft. Wenn wir
alſo uͤberhaupt, der Deſcendenztheorie entſprechend, das natuͤrliche
Syſtem der Thiere als Leitfaden unſerer Betrachtung anerkennen, und
darauf unſeren Stammbaum begruͤnden, ſo muͤſſen wir nothwendig
zu dem unabweislichen Schluſſe kommen, daß das Menſchenge-
ſchlecht ein Aeſtchen der Katarrhinengruppe iſt, und ſich
aus laͤngſt ausgeſtorbenen Affen dieſer Gruppe in der
alten Welt entwickelt hat. Einige Anhaͤnger der Deſcendenz-
theorie haben gemeint, daß die amerikaniſchen Menſchen ſich unab-
haͤngig von denen der alten Welt aus amerikaniſchen Affen entwickelt
haͤtten. Dieſe Hypotheſe halte ich fuͤr ganz irrig. Denn die voͤllige
Uebereinſtimmung aller Menſchen mit den Katarrhinen
in Bezug auf die charakteriſtiſche Bildung der Naſe und
des Gebiſſes beweiſt deutlich, daß ſie eines Urſprungs ſind, und
ſich aus einer gemeinſamen Wurzel erſt entwickelt haben, nachdem die
Platyrrhinen oder amerikaniſchen Affen ſich bereits von dieſer abge-
zweigt hatten. Die amerikaniſchen Ureinwohner ſind vielmehr, wie auch
zahlreiche ethnographiſche Thatſachen beweiſen, aus Aſien, und theil-
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