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Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.

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Menschenseele und Thierseele. VI.
Fritz Schultze und Karl Groos in Deutschland, Alfred
Espinas
und E. Jourdan in Frankreich, Tito Vignoli
in Italien. (Ich habe die Titel von einigen der bedeutendsten
Werke auf der Rückseite der Kapitel-Vorblätter angeführt.)

In Deutschland gilt gegenwärtig als einer der bedeutendsten
Psychologen Wilhelm Wundt in Leipzig; er besitzt vor den
meisten anderen Philosophen den unschätzbaren Vorzug einer
gründlichen zoologischen, anatomischen und physio-
logischen
Bildung. Früher Assistent und Schüler von Helm-
holtz
, hatte sich Wundt frühzeitig daran gewöhnt, die Grund-
gesetze der Physik und Chemie im gesammten Gebiete der
Physiologie geltend zu machen, also auch im Sinne von
Johannes Müller in der Psychologie, als einem Theilgebiete
der letzteren. Von diesen Gesichtspunkten geleitet, veröffentlichte
Wundt 1863 seine werthvollen "Vorlesungen über die Menschen-
und Thier-Seele". Er liefert darin, wie er selbst in der Vorrede
sagt, den Nachweis, wie der Schauplatz der wichtigsten Seelen-
Vorgänge in der unbewußten Seele liegt, und er eröffnet uns
"einen Einblick in jenen Mechanismus, der im unbewußten
Hintergrund der Seele die Anregungen verarbeitet, die aus den
äußeren Eindrücken stammen". Was mir aber besonders wichtig
und werthvoll an Wundt's Werk erscheint, ist, daß er "hier
zum ersten Male das Gesetz der Erhaltung der Kraft
auf das psychische Gebiet ausdehnt
und dabei eine
Reihe von Thatsachen der Elektrophysiologie zur Beweisführung
benutzt" (l. c. p. VIII).

Dreißig Jahre später veröffentlichte Wundt (1892) eine
zweite, wesentlich verkürzte und gänzlich umgearbeitete Auflage
seiner "Vorlesungen über die Menschen- und Thier-Seele". Die
wichtigsten Principien der ersten Auflage sind in dieser zweiten
völlig aufgegeben, und der monistische Standpunkt der ersteren
ist mit einem rein dualistischen vertauscht. Wundt selbst

Menſchenſeele und Thierſeele. VI.
Fritz Schultze und Karl Groos in Deutſchland, Alfred
Eſpinas
und E. Jourdan in Frankreich, Tito Vignoli
in Italien. (Ich habe die Titel von einigen der bedeutendſten
Werke auf der Rückſeite der Kapitel-Vorblätter angeführt.)

In Deutſchland gilt gegenwärtig als einer der bedeutendſten
Pſychologen Wilhelm Wundt in Leipzig; er beſitzt vor den
meiſten anderen Philoſophen den unſchätzbaren Vorzug einer
gründlichen zoologiſchen, anatomiſchen und phyſio-
logiſchen
Bildung. Früher Aſſiſtent und Schüler von Helm-
holtz
, hatte ſich Wundt frühzeitig daran gewöhnt, die Grund-
geſetze der Phyſik und Chemie im geſammten Gebiete der
Phyſiologie geltend zu machen, alſo auch im Sinne von
Johannes Müller in der Pſychologie, als einem Theilgebiete
der letzteren. Von dieſen Geſichtspunkten geleitet, veröffentlichte
Wundt 1863 ſeine werthvollen „Vorleſungen über die Menſchen-
und Thier-Seele“. Er liefert darin, wie er ſelbſt in der Vorrede
ſagt, den Nachweis, wie der Schauplatz der wichtigſten Seelen-
Vorgänge in der unbewußten Seele liegt, und er eröffnet uns
„einen Einblick in jenen Mechanismus, der im unbewußten
Hintergrund der Seele die Anregungen verarbeitet, die aus den
äußeren Eindrücken ſtammen“. Was mir aber beſonders wichtig
und werthvoll an Wundt's Werk erſcheint, iſt, daß er „hier
zum erſten Male das Geſetz der Erhaltung der Kraft
auf das pſychiſche Gebiet ausdehnt
und dabei eine
Reihe von Thatſachen der Elektrophyſiologie zur Beweisführung
benutzt“ (l. c. p. VIII).

Dreißig Jahre ſpäter veröffentlichte Wundt (1892) eine
zweite, weſentlich verkürzte und gänzlich umgearbeitete Auflage
ſeiner „Vorleſungen über die Menſchen- und Thier-Seele“. Die
wichtigſten Principien der erſten Auflage ſind in dieſer zweiten
völlig aufgegeben, und der moniſtiſche Standpunkt der erſteren
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[116/0132] Menſchenſeele und Thierſeele. VI. Fritz Schultze und Karl Groos in Deutſchland, Alfred Eſpinas und E. Jourdan in Frankreich, Tito Vignoli in Italien. (Ich habe die Titel von einigen der bedeutendſten Werke auf der Rückſeite der Kapitel-Vorblätter angeführt.) In Deutſchland gilt gegenwärtig als einer der bedeutendſten Pſychologen Wilhelm Wundt in Leipzig; er beſitzt vor den meiſten anderen Philoſophen den unſchätzbaren Vorzug einer gründlichen zoologiſchen, anatomiſchen und phyſio- logiſchen Bildung. Früher Aſſiſtent und Schüler von Helm- holtz, hatte ſich Wundt frühzeitig daran gewöhnt, die Grund- geſetze der Phyſik und Chemie im geſammten Gebiete der Phyſiologie geltend zu machen, alſo auch im Sinne von Johannes Müller in der Pſychologie, als einem Theilgebiete der letzteren. Von dieſen Geſichtspunkten geleitet, veröffentlichte Wundt 1863 ſeine werthvollen „Vorleſungen über die Menſchen- und Thier-Seele“. Er liefert darin, wie er ſelbſt in der Vorrede ſagt, den Nachweis, wie der Schauplatz der wichtigſten Seelen- Vorgänge in der unbewußten Seele liegt, und er eröffnet uns „einen Einblick in jenen Mechanismus, der im unbewußten Hintergrund der Seele die Anregungen verarbeitet, die aus den äußeren Eindrücken ſtammen“. Was mir aber beſonders wichtig und werthvoll an Wundt's Werk erſcheint, iſt, daß er „hier zum erſten Male das Geſetz der Erhaltung der Kraft auf das pſychiſche Gebiet ausdehnt und dabei eine Reihe von Thatſachen der Elektrophyſiologie zur Beweisführung benutzt“ (l. c. p. VIII). Dreißig Jahre ſpäter veröffentlichte Wundt (1892) eine zweite, weſentlich verkürzte und gänzlich umgearbeitete Auflage ſeiner „Vorleſungen über die Menſchen- und Thier-Seele“. Die wichtigſten Principien der erſten Auflage ſind in dieſer zweiten völlig aufgegeben, und der moniſtiſche Standpunkt der erſteren iſt mit einem rein dualiſtiſchen vertauſcht. Wundt ſelbſt

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Zitationshilfe: Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haeckel_weltraethsel_1899/132>, abgerufen am 24.11.2024.