Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.XI. Christlicher Athanismus. dings eine große Anzahl von sehr verschiedenen derartigenGlaubens-Dichtungen kennen gelehrt*); großentheils hängen dieselben eng zusammen mit den ältesten Formen des Gottes- glaubens und der Religion überhaupt. In den meisten modernen Religionen ist der Athanismus eng verknüpft mit dem Theismus, und die materialistische Vorstellung, welche sich die meisten Gläubigen von ihrem "persönlichen Gott" bilden, über- tragen sie auf ihre "unsterbliche Seele". Das gilt vor Allem von der herrschenden Weltreligion der modernen Kulturvölker, vom Christenthum. Christlicher Unsterblichkeits-Glaube. Wie allgemein be- *) Vergl. Adalbert Svoboda, Gestalten des Glaubens. 1897. 15 *
XI. Chriſtlicher Athanismus. dings eine große Anzahl von ſehr verſchiedenen derartigenGlaubens-Dichtungen kennen gelehrt*); großentheils hängen dieſelben eng zuſammen mit den älteſten Formen des Gottes- glaubens und der Religion überhaupt. In den meiſten modernen Religionen iſt der Athanismus eng verknüpft mit dem Theismus, und die materialiſtiſche Vorſtellung, welche ſich die meiſten Gläubigen von ihrem „perſönlichen Gott“ bilden, über- tragen ſie auf ihre „unſterbliche Seele“. Das gilt vor Allem von der herrſchenden Weltreligion der modernen Kulturvölker, vom Chriſtenthum. Chriſtlicher Unſterblichkeits-Glaube. Wie allgemein be- *) Vergl. Adalbert Svoboda, Geſtalten des Glaubens. 1897. 15 *
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XI. Chriſtlicher Athanismus.
dings eine große Anzahl von ſehr verſchiedenen derartigen
Glaubens-Dichtungen kennen gelehrt *); großentheils hängen
dieſelben eng zuſammen mit den älteſten Formen des Gottes-
glaubens und der Religion überhaupt. In den meiſten modernen
Religionen iſt der Athanismus eng verknüpft mit dem
Theismus, und die materialiſtiſche Vorſtellung, welche ſich die
meiſten Gläubigen von ihrem „perſönlichen Gott“ bilden, über-
tragen ſie auf ihre „unſterbliche Seele“. Das gilt vor Allem
von der herrſchenden Weltreligion der modernen Kulturvölker,
vom Chriſtenthum.
Chriſtlicher Unſterblichkeits-Glaube. Wie allgemein be-
kannt, hat das Dogma von der Unſterblichkeit der Seele in der
chriſtlichen Religion ſchon lange diejenige feſte Form angenommen,
welche ſich in dem Glaubens-Artikel ausſpricht: „Ich glaube an
die Auferſtehung des Fleiſches und ein ewiges Leben.“ Wie am
Oſterfeſt Chriſtus ſelbſt von den Todten auferſtanden iſt und
nun in Ewigkeit als „Gottes Sohn, ſitzend zur rechten Hand
Gottes“, gedacht wird, verſinnlichen uns unzählige Bilder und
Legenden. In gleicher Weiſe wird auch der Menſch „am jüngſten
Tage auferſtehen“ und ſeinen Lohn für die Führung ſeines
einſtigen Erdenlebens empfangen. Dieſer ganze chriſtliche Vor-
ſtellungskreis iſt durch und durch materialiſtiſch und anthro-
piſtiſch; er erhebt ſich nicht viel über die entſprechenden rohen
Vorſtellungen vieler niederer Naturvölker. Daß die „Auferſtehung
des Fleiſches“ unmöglich iſt, weiß eigentlich Jeder, der einige
Kenntniſſe in Anatomie und Phyſiologie beſitzt. Die Auferſtehung
Chriſti, welche von Millionen gläubiger Chriſten an jedem Oſter-
feſte gefeiert wird, iſt ebenſo ein reiner Mythus wie die „Auf-
erweckung von den Todten“, welche derſelbe mehrfach ausgeführt
haben ſoll. Für die reine Vernunft ſind dieſe myſtiſchen Glaubens-
*) Vergl. Adalbert Svoboda, Geſtalten des Glaubens. 1897.
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