Haeckel, Ernst: Die Welträthsel. Bonn, 1899.Unzweckmäßige Einrichtungen. XIV. an, welcher der organischen Substanz eine zweckmäßige, auf einbestimmtes Ziel gerichtete Organisation beigegeben habe. Diese seltsamen teleologischen Hypothesen bedürfen heute eben so wenig mehr einer wissenschaftlichen Widerlegung, als die naiven, meistens damit verknüpften Einwürfe gegen den Darwinismus. Unzweckmäßigkeitslehre (Dysteleologie). Unter diesem Alle höheren Thiere und Pflanzen, überhaupt alle diejenigen *) E. Haeckel, Generelle Morphologie. 1866, Bd. II, S. 266-285.
Vergl. auch meine Natürl. Schöpf. IX. Auflage 1898, S. 14, 18, 288, 792. Unzweckmäßige Einrichtungen. XIV. an, welcher der organiſchen Subſtanz eine zweckmäßige, auf einbeſtimmtes Ziel gerichtete Organiſation beigegeben habe. Dieſe ſeltſamen teleologiſchen Hypotheſen bedürfen heute eben ſo wenig mehr einer wiſſenſchaftlichen Widerlegung, als die naiven, meiſtens damit verknüpften Einwürfe gegen den Darwinismus. Unzweckmäßigkeitslehre (Dysteleologie). Unter dieſem Alle höheren Thiere und Pflanzen, überhaupt alle diejenigen *) E. Haeckel, Generelle Morphologie. 1866, Bd. II, S. 266-285.
Vergl. auch meine Natürl. Schöpf. IX. Auflage 1898, S. 14, 18, 288, 792. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0322" n="306"/><fw place="top" type="header">Unzweckmäßige Einrichtungen. <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/> an, welcher der organiſchen Subſtanz eine zweckmäßige, auf ein<lb/> beſtimmtes Ziel gerichtete Organiſation beigegeben habe. Dieſe<lb/> ſeltſamen teleologiſchen Hypotheſen bedürfen heute eben ſo wenig<lb/> mehr einer wiſſenſchaftlichen Widerlegung, als die naiven,<lb/> meiſtens damit verknüpften Einwürfe gegen den Darwinismus.</p><lb/> <p><hi rendition="#b">Unzweckmäßigkeitslehre</hi> (<hi rendition="#g">Dysteleologie</hi>). Unter dieſem<lb/> Begriffe habe ich ſchon vor 33 Jahren die Wiſſenſchaft von den-<lb/> jenigen, überaus intereſſanten und wichtigen biologiſchen That-<lb/> ſachen zuſammengeſtellt, welche in handgreiflichſter Weiſe die<lb/> hergebrachte teleologiſche Auffaſſung von der „zweckmäßigen<lb/> Einrichtung der lebendigen Naturkörper“ direkt widerlegen <note place="foot" n="*)"> E. <hi rendition="#g">Haeckel</hi>, Generelle Morphologie. 1866, Bd. <hi rendition="#aq">II</hi>, S. 266-285.<lb/> Vergl. auch meine Natürl. Schöpf. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Auflage 1898, S. 14, 18, 288, 792.</note>.<lb/> Dieſe „Wiſſenſchaft von den rudimentären, abortiven, ver-<lb/> kümmerten, fehlgeſchlagenen, atrophiſchen oder kataplaſtiſchen<lb/> Individuen“ ſtützt ſich auf eine unermeßliche Fülle der merk-<lb/> würdigſten Erſcheinungen, welche zwar den Zoologen und Bo-<lb/> tanikern längſt bekannt waren, aber erſt durch <hi rendition="#g">Darwin</hi><lb/> urſächlich erklärt und in ihrer hohen philoſophiſchen Bedeutung<lb/> gewürdigt worden ſind.</p><lb/> <p>Alle höheren Thiere und Pflanzen, überhaupt alle diejenigen<lb/> Organismen, deren Körper nicht ganz einfach gebaut, ſondern aus<lb/> mehreren, zweckmäßig zuſammenwirkenden Organen zuſammen-<lb/> geſetzt iſt, laſſen bei aufmerkſamer Unterſuchung eine Anzahl von<lb/> nutzloſen oder unwirkſamen, ja zum Theil ſogar gefährlichen und<lb/> ſchädlichen Einrichtungen erkennen. In den Blüthen der meiſten<lb/> Pflanzen finden ſich neben den wirkſamen Geſchlechts-Blättern,<lb/> welche die Fortpflanzung vermitteln, einzelne nutzloſe Blatt-<lb/> Organe ohne Bedeutung (verkümmerte oder „fehlgeſchlagene“<lb/> Staubfäden, Fruchtblätter, Kronen-, Kelchblätter u. ſ. w.) In<lb/> den beiden großen und formenreichen Klaſſen der fliegenden<lb/> Thiere, Vögel und Inſekten, gibt es neben den gewöhnlichen,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [306/0322]
Unzweckmäßige Einrichtungen. XIV.
an, welcher der organiſchen Subſtanz eine zweckmäßige, auf ein
beſtimmtes Ziel gerichtete Organiſation beigegeben habe. Dieſe
ſeltſamen teleologiſchen Hypotheſen bedürfen heute eben ſo wenig
mehr einer wiſſenſchaftlichen Widerlegung, als die naiven,
meiſtens damit verknüpften Einwürfe gegen den Darwinismus.
Unzweckmäßigkeitslehre (Dysteleologie). Unter dieſem
Begriffe habe ich ſchon vor 33 Jahren die Wiſſenſchaft von den-
jenigen, überaus intereſſanten und wichtigen biologiſchen That-
ſachen zuſammengeſtellt, welche in handgreiflichſter Weiſe die
hergebrachte teleologiſche Auffaſſung von der „zweckmäßigen
Einrichtung der lebendigen Naturkörper“ direkt widerlegen *).
Dieſe „Wiſſenſchaft von den rudimentären, abortiven, ver-
kümmerten, fehlgeſchlagenen, atrophiſchen oder kataplaſtiſchen
Individuen“ ſtützt ſich auf eine unermeßliche Fülle der merk-
würdigſten Erſcheinungen, welche zwar den Zoologen und Bo-
tanikern längſt bekannt waren, aber erſt durch Darwin
urſächlich erklärt und in ihrer hohen philoſophiſchen Bedeutung
gewürdigt worden ſind.
Alle höheren Thiere und Pflanzen, überhaupt alle diejenigen
Organismen, deren Körper nicht ganz einfach gebaut, ſondern aus
mehreren, zweckmäßig zuſammenwirkenden Organen zuſammen-
geſetzt iſt, laſſen bei aufmerkſamer Unterſuchung eine Anzahl von
nutzloſen oder unwirkſamen, ja zum Theil ſogar gefährlichen und
ſchädlichen Einrichtungen erkennen. In den Blüthen der meiſten
Pflanzen finden ſich neben den wirkſamen Geſchlechts-Blättern,
welche die Fortpflanzung vermitteln, einzelne nutzloſe Blatt-
Organe ohne Bedeutung (verkümmerte oder „fehlgeſchlagene“
Staubfäden, Fruchtblätter, Kronen-, Kelchblätter u. ſ. w.) In
den beiden großen und formenreichen Klaſſen der fliegenden
Thiere, Vögel und Inſekten, gibt es neben den gewöhnlichen,
*) E. Haeckel, Generelle Morphologie. 1866, Bd. II, S. 266-285.
Vergl. auch meine Natürl. Schöpf. IX. Auflage 1898, S. 14, 18, 288, 792.
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