Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.das richtet sich zu sehr nach den einzelnen Umständen. Auf alle Fälle aber ist es besser, besonders in einer großen Gesellschaft, sitzen zu bleiben und die Nachbarn ebenfalls dazu aufzufordern und nur mit ihnen anzustoßen: es werden dadurch so viele zerbrochene Gläser, begossene und abgetretene Schleppen, überschüttete Fräcke vermieden, daß der Gewinn entschieden ein großer ist. Ob und wann man selbst reden soll, das läßt sich erst recht nicht im allgemeinen bestimmen; wenn man erst einmal soweit im gesellschaftlichen Verkehr vorgeschritten ist, daß man in diese Verlegenheit kommen kann, dann hat man schon selber das richtige Gefühl dafür oder sollte es wenigstens haben. Nur bedenke man zuvor gründlich, ob es wirklich unumgänglich notwendig ist, daß man redet, ob man es nicht vielleicht mehr sich zur Befriedigung, als andern zum Vergnügen thut, ob die Zeit und damit die Stimmung nicht schon zu weit vorgeschritten ist, und dann - unterlasse man es doch lieber. Jeder Toast, der nicht geredet wird, ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Immerhin kann aber an jeden die Notwendigkeit herantreten, daß er doch reden muß. Dann bemühe er sich wenigstens, seinen Spruch so kurz wie das richtet sich zu sehr nach den einzelnen Umständen. Auf alle Fälle aber ist es besser, besonders in einer großen Gesellschaft, sitzen zu bleiben und die Nachbarn ebenfalls dazu aufzufordern und nur mit ihnen anzustoßen: es werden dadurch so viele zerbrochene Gläser, begossene und abgetretene Schleppen, überschüttete Fräcke vermieden, daß der Gewinn entschieden ein großer ist. Ob und wann man selbst reden soll, das läßt sich erst recht nicht im allgemeinen bestimmen; wenn man erst einmal soweit im gesellschaftlichen Verkehr vorgeschritten ist, daß man in diese Verlegenheit kommen kann, dann hat man schon selber das richtige Gefühl dafür oder sollte es wenigstens haben. Nur bedenke man zuvor gründlich, ob es wirklich unumgänglich notwendig ist, daß man redet, ob man es nicht vielleicht mehr sich zur Befriedigung, als andern zum Vergnügen thut, ob die Zeit und damit die Stimmung nicht schon zu weit vorgeschritten ist, und dann – unterlasse man es doch lieber. Jeder Toast, der nicht geredet wird, ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Immerhin kann aber an jeden die Notwendigkeit herantreten, daß er doch reden muß. Dann bemühe er sich wenigstens, seinen Spruch so kurz wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0121" n="111"/> das richtet sich zu sehr nach den einzelnen Umständen. Auf alle Fälle aber ist es besser, besonders in einer großen Gesellschaft, sitzen zu bleiben und die Nachbarn ebenfalls dazu aufzufordern und nur mit ihnen anzustoßen: es werden dadurch so viele zerbrochene Gläser, begossene und abgetretene Schleppen, überschüttete Fräcke vermieden, daß der Gewinn entschieden ein großer ist. Ob und wann man selbst reden soll, das läßt sich erst recht nicht im allgemeinen bestimmen; wenn man erst einmal soweit im gesellschaftlichen Verkehr vorgeschritten ist, daß man in diese Verlegenheit kommen kann, dann hat man schon selber das richtige Gefühl dafür oder sollte es wenigstens haben. Nur bedenke man zuvor gründlich, ob es wirklich unumgänglich notwendig ist, daß man redet, ob man es nicht vielleicht mehr sich zur Befriedigung, als andern zum Vergnügen thut, ob die Zeit und damit die Stimmung nicht schon zu weit vorgeschritten ist, und dann – unterlasse man es doch lieber. Jeder Toast, der <hi rendition="#g">nicht</hi> geredet wird, ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Immerhin kann aber an jeden die Notwendigkeit herantreten, daß er doch reden muß. Dann bemühe er sich wenigstens, seinen Spruch so kurz wie </p> </div> </body> </text> </TEI> [111/0121]
das richtet sich zu sehr nach den einzelnen Umständen. Auf alle Fälle aber ist es besser, besonders in einer großen Gesellschaft, sitzen zu bleiben und die Nachbarn ebenfalls dazu aufzufordern und nur mit ihnen anzustoßen: es werden dadurch so viele zerbrochene Gläser, begossene und abgetretene Schleppen, überschüttete Fräcke vermieden, daß der Gewinn entschieden ein großer ist. Ob und wann man selbst reden soll, das läßt sich erst recht nicht im allgemeinen bestimmen; wenn man erst einmal soweit im gesellschaftlichen Verkehr vorgeschritten ist, daß man in diese Verlegenheit kommen kann, dann hat man schon selber das richtige Gefühl dafür oder sollte es wenigstens haben. Nur bedenke man zuvor gründlich, ob es wirklich unumgänglich notwendig ist, daß man redet, ob man es nicht vielleicht mehr sich zur Befriedigung, als andern zum Vergnügen thut, ob die Zeit und damit die Stimmung nicht schon zu weit vorgeschritten ist, und dann – unterlasse man es doch lieber. Jeder Toast, der nicht geredet wird, ist ein Gewinn für die Gesellschaft. Immerhin kann aber an jeden die Notwendigkeit herantreten, daß er doch reden muß. Dann bemühe er sich wenigstens, seinen Spruch so kurz wie
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