Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.mit solchen Ausschmückungen versieht, und ist im ernsten Gespräch und höher stehenden Personen gegenüber geradezu unhöflich. Man nimmt aber jemand, der stets in Superlativen und von der geringsten Leistung, die eben gut war, in Ausdrücken des übertriebensten Lobes, und wenn sie ihm nicht ganz gefallen hat, mit dem vernichtendsten Tadel und Abscheu spricht, nicht ernst, weiß, was man von seinem Urteil zu halten hat und mißt diesem auch dann keine Glaubwürdigkeit bei, wenn es wirklich auch einmal begründet ist. Fachausdrücke zu gebrauchen ist fremden Personen gegenüber unpassend, doch wird man immerhin dem Offizier einen militärischen Ausdruck verzeihen, dem genialen Künstler wird man es nicht übel nehmen, wenn er in begeisterten, dem Laien unverständlichen Worten von einem Kunstwerk spricht, der Musensohn darf sich wohl eines studentischen Ausdruckes bedienen. Lächerlich wird sich aber stets der machen, der solche Redensarten gebraucht, ohne Offizier oder Künstler oder Student u. s. w. zu sein. Ein junger Kaufmann, der in der Woche hinter seinem Ladentisch steht, wird ebenso die allgemeine Spottlust erregen, wenn er von einem mit solchen Ausschmückungen versieht, und ist im ernsten Gespräch und höher stehenden Personen gegenüber geradezu unhöflich. Man nimmt aber jemand, der stets in Superlativen und von der geringsten Leistung, die eben gut war, in Ausdrücken des übertriebensten Lobes, und wenn sie ihm nicht ganz gefallen hat, mit dem vernichtendsten Tadel und Abscheu spricht, nicht ernst, weiß, was man von seinem Urteil zu halten hat und mißt diesem auch dann keine Glaubwürdigkeit bei, wenn es wirklich auch einmal begründet ist. Fachausdrücke zu gebrauchen ist fremden Personen gegenüber unpassend, doch wird man immerhin dem Offizier einen militärischen Ausdruck verzeihen, dem genialen Künstler wird man es nicht übel nehmen, wenn er in begeisterten, dem Laien unverständlichen Worten von einem Kunstwerk spricht, der Musensohn darf sich wohl eines studentischen Ausdruckes bedienen. Lächerlich wird sich aber stets der machen, der solche Redensarten gebraucht, ohne Offizier oder Künstler oder Student u. s. w. zu sein. Ein junger Kaufmann, der in der Woche hinter seinem Ladentisch steht, wird ebenso die allgemeine Spottlust erregen, wenn er von einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0208" n="198"/> mit solchen Ausschmückungen versieht, und ist im ernsten Gespräch und höher stehenden Personen gegenüber geradezu unhöflich. Man nimmt aber jemand, der stets in Superlativen und von der geringsten Leistung, die eben gut war, in Ausdrücken des übertriebensten Lobes, und wenn sie ihm nicht ganz gefallen hat, mit dem vernichtendsten Tadel und Abscheu spricht, nicht ernst, weiß, was man von seinem Urteil zu halten hat und mißt diesem auch dann keine Glaubwürdigkeit bei, wenn es wirklich auch einmal begründet ist.</p> <p><hi rendition="#g">Fachausdrücke</hi> zu gebrauchen ist fremden Personen gegenüber unpassend, doch wird man immerhin dem Offizier einen militärischen Ausdruck verzeihen, dem genialen Künstler wird man es nicht übel nehmen, wenn er in begeisterten, dem Laien unverständlichen Worten von einem Kunstwerk spricht, der Musensohn darf sich wohl eines studentischen Ausdruckes bedienen. Lächerlich wird sich aber stets <hi rendition="#g">der</hi> machen, der solche Redensarten gebraucht, ohne Offizier oder Künstler oder Student u. s. w. zu sein. Ein junger Kaufmann, der in der Woche hinter seinem Ladentisch steht, wird ebenso die allgemeine Spottlust erregen, wenn er von einem </p> </div> </body> </text> </TEI> [198/0208]
mit solchen Ausschmückungen versieht, und ist im ernsten Gespräch und höher stehenden Personen gegenüber geradezu unhöflich. Man nimmt aber jemand, der stets in Superlativen und von der geringsten Leistung, die eben gut war, in Ausdrücken des übertriebensten Lobes, und wenn sie ihm nicht ganz gefallen hat, mit dem vernichtendsten Tadel und Abscheu spricht, nicht ernst, weiß, was man von seinem Urteil zu halten hat und mißt diesem auch dann keine Glaubwürdigkeit bei, wenn es wirklich auch einmal begründet ist.
Fachausdrücke zu gebrauchen ist fremden Personen gegenüber unpassend, doch wird man immerhin dem Offizier einen militärischen Ausdruck verzeihen, dem genialen Künstler wird man es nicht übel nehmen, wenn er in begeisterten, dem Laien unverständlichen Worten von einem Kunstwerk spricht, der Musensohn darf sich wohl eines studentischen Ausdruckes bedienen. Lächerlich wird sich aber stets der machen, der solche Redensarten gebraucht, ohne Offizier oder Künstler oder Student u. s. w. zu sein. Ein junger Kaufmann, der in der Woche hinter seinem Ladentisch steht, wird ebenso die allgemeine Spottlust erregen, wenn er von einem
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