Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.in seiner heimatlichen Sprechweise zu reden, als sich einen künstlichen Dialekt zurecht zu machen, von dem jedermann merkt, daß er angelernt und unnatürlich ist. Es zeugt nicht von gutem Ton, stets in Übertreibungen zu sprechen, bei denen man sich noch dazu, wie bei vielen andern Ausrufen der Verwunderung, des Bedauerns, des Zweifels u. a. m. in den meisten Fällen gar nichts denkt. Wenn man nur ein ganz klein wenig vorher überlegt, was für ungereimtes Zeug man aufstellt, wenn man von einem "riesig kleinen Zwerg" spricht, oder wenn man von einer idyllischen Aussicht sagt: das ist großartig, oder das Muster einer künstlich geklöppelten Spitze "kolossal fein" nennt, aber auch, wenn man dem andern, der einem eine Neuigkeit mitteilt, einfach antwortet: "Das ist doch gar nicht wahr" oder ihm freundschaftlichst erwidert: "Du bist wohl verrückt", so wird man bald erkennen, wie sehr man solche Ausdrücke am unrechten Ort gebraucht. Noch schlimmer ist es mit einzelnen Worten, die man stets und überall gewohnheitsmäßig anwendet, wie "schneidig", "pyramidal" und dergleichen, die geradezu der Mode unterworfen sind. Es macht einen sehr oberflächlichen Eindruck, wenn man seine Rede in seiner heimatlichen Sprechweise zu reden, als sich einen künstlichen Dialekt zurecht zu machen, von dem jedermann merkt, daß er angelernt und unnatürlich ist. Es zeugt nicht von gutem Ton, stets in Übertreibungen zu sprechen, bei denen man sich noch dazu, wie bei vielen andern Ausrufen der Verwunderung, des Bedauerns, des Zweifels u. a. m. in den meisten Fällen gar nichts denkt. Wenn man nur ein ganz klein wenig vorher überlegt, was für ungereimtes Zeug man aufstellt, wenn man von einem „riesig kleinen Zwerg“ spricht, oder wenn man von einer idyllischen Aussicht sagt: das ist großartig, oder das Muster einer künstlich geklöppelten Spitze „kolossal fein“ nennt, aber auch, wenn man dem andern, der einem eine Neuigkeit mitteilt, einfach antwortet: „Das ist doch gar nicht wahr“ oder ihm freundschaftlichst erwidert: „Du bist wohl verrückt“, so wird man bald erkennen, wie sehr man solche Ausdrücke am unrechten Ort gebraucht. Noch schlimmer ist es mit einzelnen Worten, die man stets und überall gewohnheitsmäßig anwendet, wie „schneidig“, „pyramidal“ und dergleichen, die geradezu der Mode unterworfen sind. Es macht einen sehr oberflächlichen Eindruck, wenn man seine Rede <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0207" n="197"/> in seiner heimatlichen Sprechweise zu reden, als sich einen künstlichen Dialekt zurecht zu machen, von dem jedermann merkt, daß er angelernt und unnatürlich ist.</p> <p>Es zeugt nicht von gutem Ton, stets in <hi rendition="#g">Übertreibungen</hi> zu sprechen, bei denen man sich noch dazu, wie bei vielen andern Ausrufen der Verwunderung, des Bedauerns, des Zweifels u. a. m. in den meisten Fällen gar nichts denkt. Wenn man nur ein ganz klein wenig vorher überlegt, was für ungereimtes Zeug man aufstellt, wenn man von einem „riesig kleinen Zwerg“ spricht, oder wenn man von einer idyllischen Aussicht sagt: das ist großartig, oder das Muster einer künstlich geklöppelten Spitze „kolossal fein“ nennt, aber auch, wenn man dem andern, der einem eine Neuigkeit mitteilt, einfach antwortet: „Das ist doch gar nicht wahr“ oder ihm freundschaftlichst erwidert: „Du bist wohl verrückt“, so wird man bald erkennen, wie sehr man solche Ausdrücke am unrechten Ort gebraucht. Noch schlimmer ist es mit einzelnen Worten, die man stets und überall gewohnheitsmäßig anwendet, wie „schneidig“, „pyramidal“ und dergleichen, die geradezu der Mode unterworfen sind. Es macht einen sehr oberflächlichen Eindruck, wenn man seine Rede </p> </div> </body> </text> </TEI> [197/0207]
in seiner heimatlichen Sprechweise zu reden, als sich einen künstlichen Dialekt zurecht zu machen, von dem jedermann merkt, daß er angelernt und unnatürlich ist.
Es zeugt nicht von gutem Ton, stets in Übertreibungen zu sprechen, bei denen man sich noch dazu, wie bei vielen andern Ausrufen der Verwunderung, des Bedauerns, des Zweifels u. a. m. in den meisten Fällen gar nichts denkt. Wenn man nur ein ganz klein wenig vorher überlegt, was für ungereimtes Zeug man aufstellt, wenn man von einem „riesig kleinen Zwerg“ spricht, oder wenn man von einer idyllischen Aussicht sagt: das ist großartig, oder das Muster einer künstlich geklöppelten Spitze „kolossal fein“ nennt, aber auch, wenn man dem andern, der einem eine Neuigkeit mitteilt, einfach antwortet: „Das ist doch gar nicht wahr“ oder ihm freundschaftlichst erwidert: „Du bist wohl verrückt“, so wird man bald erkennen, wie sehr man solche Ausdrücke am unrechten Ort gebraucht. Noch schlimmer ist es mit einzelnen Worten, die man stets und überall gewohnheitsmäßig anwendet, wie „schneidig“, „pyramidal“ und dergleichen, die geradezu der Mode unterworfen sind. Es macht einen sehr oberflächlichen Eindruck, wenn man seine Rede
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