Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.beängstigend wirkt und nicht zum mindesten auf den unvorsichtigen Künstler, der sich sein Publikum nicht vorher angesehen hat. Wer einige Übung im gesellschaftlichen Verkehr hat, wird schnell erkennen, ob ein Gespräch, in welches er mit einer andern Person gekommen ist, wirklich aus Interesse an der Sache oder an einem selbst, oder nur der Unterhaltung halber geführt wird. Ist ersteres der Fall, so wird man später, wenn man dieselbe Person wieder trifft, auch wieder auf dasselbe Thema kommen können, zumal wenn man sich vielleicht nachträglich darüber des weiteren unterrichtet hat; ja, man wird sogar, den Umständen nach, sich erlauben können, wenn es sich um ein Datum, einen Namen oder dergleichen handelt, ohne zudringlich zu erscheinen, schon am andern Morgen nach der Gesellschaft in einem kurzen Billet eine Auskunft zu geben, die man am Abend vorher nicht gewußt hat; nur geschehe es mit der nötigen Bescheidenheit und ohne den Anschein, irgend welche Vertraulichkeit hervorzurufen. Auf der andern Seite liegt eine große Gefahr darin, jedes beliebige Gespräch als ernst anzusehen und mehr hinter ihm zu suchen, als eben eine Gesellschaftsunterhaltung. Man kann sogar zu einer größeren Intimität während beängstigend wirkt und nicht zum mindesten auf den unvorsichtigen Künstler, der sich sein Publikum nicht vorher angesehen hat. Wer einige Übung im gesellschaftlichen Verkehr hat, wird schnell erkennen, ob ein Gespräch, in welches er mit einer andern Person gekommen ist, wirklich aus Interesse an der Sache oder an einem selbst, oder nur der Unterhaltung halber geführt wird. Ist ersteres der Fall, so wird man später, wenn man dieselbe Person wieder trifft, auch wieder auf dasselbe Thema kommen können, zumal wenn man sich vielleicht nachträglich darüber des weiteren unterrichtet hat; ja, man wird sogar, den Umständen nach, sich erlauben können, wenn es sich um ein Datum, einen Namen oder dergleichen handelt, ohne zudringlich zu erscheinen, schon am andern Morgen nach der Gesellschaft in einem kurzen Billet eine Auskunft zu geben, die man am Abend vorher nicht gewußt hat; nur geschehe es mit der nötigen Bescheidenheit und ohne den Anschein, irgend welche Vertraulichkeit hervorzurufen. Auf der andern Seite liegt eine große Gefahr darin, jedes beliebige Gespräch als ernst anzusehen und mehr hinter ihm zu suchen, als eben eine Gesellschaftsunterhaltung. Man kann sogar zu einer größeren Intimität während <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0212" n="202"/> beängstigend wirkt und nicht zum mindesten auf den unvorsichtigen Künstler, der sich sein Publikum nicht vorher angesehen hat.</p> <p>Wer einige Übung im gesellschaftlichen Verkehr hat, wird schnell erkennen, ob ein Gespräch, in welches er mit einer andern Person gekommen ist, wirklich aus Interesse an der Sache oder an einem selbst, oder nur der Unterhaltung halber geführt wird. Ist ersteres der Fall, so wird man später, wenn man dieselbe Person wieder trifft, auch wieder auf dasselbe Thema kommen können, zumal wenn man sich vielleicht nachträglich darüber des weiteren unterrichtet hat; ja, man wird sogar, den Umständen nach, sich erlauben können, wenn es sich um ein Datum, einen Namen oder dergleichen handelt, ohne zudringlich zu erscheinen, schon am andern Morgen nach der Gesellschaft in einem kurzen Billet eine Auskunft zu geben, die man am Abend vorher nicht gewußt hat; nur geschehe es mit der nötigen Bescheidenheit und ohne den Anschein, irgend welche Vertraulichkeit hervorzurufen. Auf der andern Seite liegt eine große Gefahr darin, jedes beliebige Gespräch als ernst anzusehen und mehr hinter ihm zu suchen, als eben eine Gesellschaftsunterhaltung. Man kann sogar zu einer größeren Intimität während </p> </div> </body> </text> </TEI> [202/0212]
beängstigend wirkt und nicht zum mindesten auf den unvorsichtigen Künstler, der sich sein Publikum nicht vorher angesehen hat.
Wer einige Übung im gesellschaftlichen Verkehr hat, wird schnell erkennen, ob ein Gespräch, in welches er mit einer andern Person gekommen ist, wirklich aus Interesse an der Sache oder an einem selbst, oder nur der Unterhaltung halber geführt wird. Ist ersteres der Fall, so wird man später, wenn man dieselbe Person wieder trifft, auch wieder auf dasselbe Thema kommen können, zumal wenn man sich vielleicht nachträglich darüber des weiteren unterrichtet hat; ja, man wird sogar, den Umständen nach, sich erlauben können, wenn es sich um ein Datum, einen Namen oder dergleichen handelt, ohne zudringlich zu erscheinen, schon am andern Morgen nach der Gesellschaft in einem kurzen Billet eine Auskunft zu geben, die man am Abend vorher nicht gewußt hat; nur geschehe es mit der nötigen Bescheidenheit und ohne den Anschein, irgend welche Vertraulichkeit hervorzurufen. Auf der andern Seite liegt eine große Gefahr darin, jedes beliebige Gespräch als ernst anzusehen und mehr hinter ihm zu suchen, als eben eine Gesellschaftsunterhaltung. Man kann sogar zu einer größeren Intimität während
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