Hahn, Alban von: Der Verkehr in der Guten Gesellschaft. 2. Auflage. Leipzig, ca. 1898.des Menschen beherrschen, ja ein untrennbarer Teil seiner Bildung sein. "Takt" muß dem Menschen angeboren sein, "Gute Manieren" kann er sich anlernen: das aber, was der Mensch für den Umgang und den Verkehr in der Gesellschaft braucht und was man im allgemeinen "feinen Ton" nennt, muß so mit seinem ganzen Wesen verbunden werden und ihm derart in Fleisch und Blut übergehen, daß er es gar nicht als Regel oder Vorschrift empfindet, sondern daß er gleichsam aus seinem eignen Innern heraus danach lebt und denkt. Man muß daher auch vor allem mit der Anwendung der guten Tones bei sich selbst beginnen und mit sich selbst nach seinen Regeln verkehren. Darin liegt eben der Unterschied zwischen "Guten Manieren" und wirklicher, gesellschaftlicher Bildung, daß man jene nur andern gegenüber zur Schau trägt, daß diese aber den Verkehr und den Umgang des Menschen auch mit sich selbst beherrschen soll. Der feine Ton verlangt, daß man sich in Gesellschaft mit andern in keiner Weise, weder körperlich noch geistig, gehen lassen soll; worin liegt denn die Berechtigung, daß man dies dürfe, daß man sich vernachlässigen dürfe, wenn man allein ist? Der des Menschen beherrschen, ja ein untrennbarer Teil seiner Bildung sein. „Takt“ muß dem Menschen angeboren sein, „Gute Manieren“ kann er sich anlernen: das aber, was der Mensch für den Umgang und den Verkehr in der Gesellschaft braucht und was man im allgemeinen „feinen Ton“ nennt, muß so mit seinem ganzen Wesen verbunden werden und ihm derart in Fleisch und Blut übergehen, daß er es gar nicht als Regel oder Vorschrift empfindet, sondern daß er gleichsam aus seinem eignen Innern heraus danach lebt und denkt. Man muß daher auch vor allem mit der Anwendung der guten Tones bei sich selbst beginnen und mit sich selbst nach seinen Regeln verkehren. Darin liegt eben der Unterschied zwischen „Guten Manieren“ und wirklicher, gesellschaftlicher Bildung, daß man jene nur andern gegenüber zur Schau trägt, daß diese aber den Verkehr und den Umgang des Menschen auch mit sich selbst beherrschen soll. Der feine Ton verlangt, daß man sich in Gesellschaft mit andern in keiner Weise, weder körperlich noch geistig, gehen lassen soll; worin liegt denn die Berechtigung, daß man dies dürfe, daß man sich vernachlässigen dürfe, wenn man allein ist? Der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="VIII"/> des Menschen beherrschen, ja ein untrennbarer Teil seiner Bildung sein. „Takt“ muß dem Menschen angeboren sein, „Gute Manieren“ kann er sich anlernen: das aber, was der Mensch für den Umgang und den Verkehr in der Gesellschaft braucht und was man im allgemeinen „feinen Ton“ nennt, muß so mit seinem ganzen Wesen verbunden werden und ihm derart in Fleisch und Blut übergehen, daß er es gar nicht als Regel oder Vorschrift empfindet, sondern daß er gleichsam aus seinem eignen Innern heraus danach lebt und denkt.</p> <p>Man muß daher auch vor allem mit der Anwendung der guten Tones bei sich selbst beginnen und mit sich selbst nach seinen Regeln verkehren. Darin liegt eben der Unterschied zwischen „Guten Manieren“ und wirklicher, gesellschaftlicher Bildung, daß man jene nur andern gegenüber zur Schau trägt, daß diese aber den Verkehr und den Umgang des Menschen auch mit sich selbst beherrschen soll. Der feine Ton verlangt, daß man sich in Gesellschaft mit andern in keiner Weise, weder körperlich noch geistig, gehen lassen soll; worin liegt denn die Berechtigung, daß man dies dürfe, daß man sich vernachlässigen dürfe, wenn man allein ist? Der </p> </div> </body> </text> </TEI> [VIII/0008]
des Menschen beherrschen, ja ein untrennbarer Teil seiner Bildung sein. „Takt“ muß dem Menschen angeboren sein, „Gute Manieren“ kann er sich anlernen: das aber, was der Mensch für den Umgang und den Verkehr in der Gesellschaft braucht und was man im allgemeinen „feinen Ton“ nennt, muß so mit seinem ganzen Wesen verbunden werden und ihm derart in Fleisch und Blut übergehen, daß er es gar nicht als Regel oder Vorschrift empfindet, sondern daß er gleichsam aus seinem eignen Innern heraus danach lebt und denkt.
Man muß daher auch vor allem mit der Anwendung der guten Tones bei sich selbst beginnen und mit sich selbst nach seinen Regeln verkehren. Darin liegt eben der Unterschied zwischen „Guten Manieren“ und wirklicher, gesellschaftlicher Bildung, daß man jene nur andern gegenüber zur Schau trägt, daß diese aber den Verkehr und den Umgang des Menschen auch mit sich selbst beherrschen soll. Der feine Ton verlangt, daß man sich in Gesellschaft mit andern in keiner Weise, weder körperlich noch geistig, gehen lassen soll; worin liegt denn die Berechtigung, daß man dies dürfe, daß man sich vernachlässigen dürfe, wenn man allein ist? Der
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