Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hahnemann, Samuel: Organon der rationellen Heilkunde. Dresden, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Gemüthskrankheiten lassen sich, so lange
sie noch neu sind, und den Körperzustand
noch nicht allzu sehr zerrüttet haben, blos
durch psychische Mittel, Zutraulichkeit,
gütliches Zureden, Vernunftgründe, am
meisten aber durch wohl verdeckte Täu-
schungen schnell in Wohlbefinden der
Seele (und des Leibes) verwandeln.

Anm. Bei den durch Körperkrankheit ent-
standnen Geistes- und Gemüthskrankheiten,
welche einzig durch angemessene, homöo-
pathische Arzneien zu heilen sind, muß
allerdings auch, als beihülfliche Seelen-
diät, ein passendes psychisches Verhalten
der Angehörigen und des Arztes gegen
den Kranken sorgfältig beobachtet werden.
Dem wüthenden Wahnsinn setzt man
stille Unerschrockenheit, und kaltblüti-
gen festen Willen -- dem peinlich kla-
genden Iammer stummes Bedauern in Mie-
nen, dem unsinnigen Geschwätz nicht ganz
unaufmerksames Stillschweigen, ekelhaf-
tem und gräuelvollem Benehmen und
Reden völlige Unaufmerksamkeit entge-
gen. Den Verwüstungen und Beschädi-
gungen beugt man blos vor, und verhü-
tet sie ohne Vorwürfe und richtet alles
so ein, daß durchaus alle körperliche
L

Gemüthskrankheiten lassen sich, so lange
sie noch neu sind, und den Körperzustand
noch nicht allzu sehr zerrüttet haben, blos
durch psychische Mittel, Zutraulichkeit,
gütliches Zureden, Vernunftgründe, am
meisten aber durch wohl verdeckte Täu-
schungen schnell in Wohlbefinden der
Seele (und des Leibes) verwandeln.

Anm. Bei den durch Körperkrankheit ent-
standnen Geistes- und Gemüthskrankheiten,
welche einzig durch angemessene, homöo-
pathische Arzneien zu heilen sind, muß
allerdings auch, als beihülfliche Seelen-
diät, ein passendes psychisches Verhalten
der Angehörigen und des Arztes gegen
den Kranken sorgfältig beobachtet werden.
Dem wüthenden Wahnsinn setzt man
stille Unerschrockenheit, und kaltblüti-
gen festen Willen — dem peinlich kla-
genden Iammer stummes Bedauern in Mie-
nen, dem unsinnigen Geschwätz nicht ganz
unaufmerksames Stillschweigen, ekelhaf-
tem und gräuelvollem Benehmen und
Reden völlige Unaufmerksamkeit entge-
gen. Den Verwüstungen und Beschädi-
gungen beugt man blos vor, und verhü-
tet sie ohne Vorwürfe und richtet alles
so ein, daß durchaus alle körperliche
L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0217" n="161"/>
Gemüthskrankheiten lassen sich, so lange<lb/>
sie noch neu sind, und den Körperzustand<lb/>
noch nicht allzu sehr zerrüttet haben, blos<lb/>
durch psychische Mittel, Zutraulichkeit,<lb/>
gütliches Zureden, Vernunftgründe, am<lb/>
meisten aber durch wohl verdeckte Täu-<lb/>
schungen schnell in Wohlbefinden der<lb/>
Seele (und des Leibes) verwandeln.</p><lb/>
          <note place="end"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Bei den durch Körperkrankheit ent-<lb/>
standnen Geistes- und Gemüthskrankheiten,<lb/>
welche einzig durch angemessene, homöo-<lb/>
pathische Arzneien zu heilen sind, muß<lb/>
allerdings auch, als beihülfliche Seelen-<lb/>
diät, ein passendes psychisches Verhalten<lb/>
der Angehörigen und des Arztes gegen<lb/>
den Kranken sorgfältig beobachtet werden.<lb/>
Dem wüthenden Wahnsinn setzt man<lb/>
stille Unerschrockenheit, und kaltblüti-<lb/>
gen festen Willen &#x2014; dem peinlich kla-<lb/>
genden Iammer stummes Bedauern in Mie-<lb/>
nen, dem unsinnigen Geschwätz nicht ganz<lb/>
unaufmerksames Stillschweigen, ekelhaf-<lb/>
tem und gräuelvollem Benehmen und<lb/>
Reden völlige Unaufmerksamkeit entge-<lb/>
gen. Den Verwüstungen und Beschädi-<lb/>
gungen beugt man blos vor, und verhü-<lb/>
tet sie ohne Vorwürfe und richtet alles<lb/>
so ein, daß durchaus alle körperliche<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L</fw><lb/></note>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0217] Gemüthskrankheiten lassen sich, so lange sie noch neu sind, und den Körperzustand noch nicht allzu sehr zerrüttet haben, blos durch psychische Mittel, Zutraulichkeit, gütliches Zureden, Vernunftgründe, am meisten aber durch wohl verdeckte Täu- schungen schnell in Wohlbefinden der Seele (und des Leibes) verwandeln. Anm. Bei den durch Körperkrankheit ent- standnen Geistes- und Gemüthskrankheiten, welche einzig durch angemessene, homöo- pathische Arzneien zu heilen sind, muß allerdings auch, als beihülfliche Seelen- diät, ein passendes psychisches Verhalten der Angehörigen und des Arztes gegen den Kranken sorgfältig beobachtet werden. Dem wüthenden Wahnsinn setzt man stille Unerschrockenheit, und kaltblüti- gen festen Willen — dem peinlich kla- genden Iammer stummes Bedauern in Mie- nen, dem unsinnigen Geschwätz nicht ganz unaufmerksames Stillschweigen, ekelhaf- tem und gräuelvollem Benehmen und Reden völlige Unaufmerksamkeit entge- gen. Den Verwüstungen und Beschädi- gungen beugt man blos vor, und verhü- tet sie ohne Vorwürfe und richtet alles so ein, daß durchaus alle körperliche L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hahnemann_organon_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hahnemann_organon_1810/217
Zitationshilfe: Hahnemann, Samuel: Organon der rationellen Heilkunde. Dresden, 1810, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hahnemann_organon_1810/217>, abgerufen am 25.11.2024.