Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767.

Bild:
<< vorherige Seite

Kayserinn von Rußland.
den Lehrern, Lehrerinnen, und Meistern, am
allerwenigsten aber der Jugend, in deren Her-
zen er die Tugend einpflanzen soll, nichts un-
anständiges und ärgerliches sagen. Eben dieß
soll auch von andern geschehen, und aufs ge-
naueste darüber gehalten werden.

Wenn gleich Vernunft und Geschicklich-
keit sein ganzes Betragen unabänderlich leiten
soll: so soll er doch vor allen Dingen und bey
jeder Gelegenheit Sanftmuth und eine unge-
zwungne Freundlichkeit vorwalten lassen, und
solche auch andern in der Academie, besonders
aber den Kindern, und allen denen, die um
sie seyn sollen, feste einprägen, damit solcher-
gestalt auch aller Schein eines traurigen, ver-
drüßlichen, und ängstlichen Wesens vermieden
werde.

Dem zufolge soll er, so wie auch die Leh-
rer, die Lehrerinnen, und die Meister, nicht
nur in Worten, sondern auch in seinem gan-
zen Betragen, ein Beyspiel einer wahren Tu-
gend und aller derjenigen Eigenschaften geben,
die seine Pflicht von ihm fodert. Er soll sich
mit gutem Herzen zu seinen Untergebenen her-
unter lassen, und wohl zu Zeiten Strenge ge-
brauchen, jedoch immer mit Maße und der Ab-
sicht gemäß, die ein Vater, der sein Kind wohl
erziehen will, dabey hat, aber ja nicht mit Hi-

tze
N

Kayſerinn von Rußland.
den Lehrern, Lehrerinnen, und Meiſtern, am
allerwenigſten aber der Jugend, in deren Her-
zen er die Tugend einpflanzen ſoll, nichts un-
anſtaͤndiges und aͤrgerliches ſagen. Eben dieß
ſoll auch von andern geſchehen, und aufs ge-
naueſte daruͤber gehalten werden.

Wenn gleich Vernunft und Geſchicklich-
keit ſein ganzes Betragen unabaͤnderlich leiten
ſoll: ſo ſoll er doch vor allen Dingen und bey
jeder Gelegenheit Sanftmuth und eine unge-
zwungne Freundlichkeit vorwalten laſſen, und
ſolche auch andern in der Academie, beſonders
aber den Kindern, und allen denen, die um
ſie ſeyn ſollen, feſte einpraͤgen, damit ſolcher-
geſtalt auch aller Schein eines traurigen, ver-
druͤßlichen, und aͤngſtlichen Weſens vermieden
werde.

Dem zufolge ſoll er, ſo wie auch die Leh-
rer, die Lehrerinnen, und die Meiſter, nicht
nur in Worten, ſondern auch in ſeinem gan-
zen Betragen, ein Beyſpiel einer wahren Tu-
gend und aller derjenigen Eigenſchaften geben,
die ſeine Pflicht von ihm fodert. Er ſoll ſich
mit gutem Herzen zu ſeinen Untergebenen her-
unter laſſen, und wohl zu Zeiten Strenge ge-
brauchen, jedoch immer mit Maße und der Ab-
ſicht gemaͤß, die ein Vater, der ſein Kind wohl
erziehen will, dabey hat, aber ja nicht mit Hi-

tze
N
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0217" n="193"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kay&#x017F;erinn von Rußland.</hi></fw><lb/>
den Lehrern, Lehrerinnen, und Mei&#x017F;tern, am<lb/>
allerwenig&#x017F;ten aber der Jugend, in deren Her-<lb/>
zen er die Tugend einpflanzen &#x017F;oll, nichts un-<lb/>
an&#x017F;ta&#x0364;ndiges und a&#x0364;rgerliches &#x017F;agen. Eben dieß<lb/>
&#x017F;oll auch von andern ge&#x017F;chehen, und aufs ge-<lb/>
naue&#x017F;te daru&#x0364;ber gehalten werden.</p><lb/>
            <p>Wenn gleich Vernunft und Ge&#x017F;chicklich-<lb/>
keit &#x017F;ein ganzes Betragen unaba&#x0364;nderlich leiten<lb/>
&#x017F;oll: &#x017F;o &#x017F;oll er doch vor allen Dingen und bey<lb/>
jeder Gelegenheit Sanftmuth und eine unge-<lb/>
zwungne Freundlichkeit vorwalten la&#x017F;&#x017F;en, und<lb/>
&#x017F;olche auch andern in der Academie, be&#x017F;onders<lb/>
aber den Kindern, und allen denen, die um<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;eyn &#x017F;ollen, fe&#x017F;te einpra&#x0364;gen, damit &#x017F;olcher-<lb/>
ge&#x017F;talt auch aller Schein eines traurigen, ver-<lb/>
dru&#x0364;ßlichen, und a&#x0364;ng&#x017F;tlichen We&#x017F;ens vermieden<lb/>
werde.</p><lb/>
            <p>Dem zufolge &#x017F;oll er, &#x017F;o wie auch die Leh-<lb/>
rer, die Lehrerinnen, und die Mei&#x017F;ter, nicht<lb/>
nur in Worten, &#x017F;ondern auch in &#x017F;einem gan-<lb/>
zen Betragen, ein Bey&#x017F;piel einer wahren Tu-<lb/>
gend und aller derjenigen Eigen&#x017F;chaften geben,<lb/>
die &#x017F;eine Pflicht von ihm fodert. Er &#x017F;oll &#x017F;ich<lb/>
mit gutem Herzen zu &#x017F;einen Untergebenen her-<lb/>
unter la&#x017F;&#x017F;en, und wohl zu Zeiten Strenge ge-<lb/>
brauchen, jedoch immer mit Maße und der Ab-<lb/>
&#x017F;icht gema&#x0364;ß, die ein Vater, der &#x017F;ein Kind wohl<lb/>
erziehen will, dabey hat, aber ja nicht mit Hi-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">N</fw><fw place="bottom" type="catch">tze</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[193/0217] Kayſerinn von Rußland. den Lehrern, Lehrerinnen, und Meiſtern, am allerwenigſten aber der Jugend, in deren Her- zen er die Tugend einpflanzen ſoll, nichts un- anſtaͤndiges und aͤrgerliches ſagen. Eben dieß ſoll auch von andern geſchehen, und aufs ge- naueſte daruͤber gehalten werden. Wenn gleich Vernunft und Geſchicklich- keit ſein ganzes Betragen unabaͤnderlich leiten ſoll: ſo ſoll er doch vor allen Dingen und bey jeder Gelegenheit Sanftmuth und eine unge- zwungne Freundlichkeit vorwalten laſſen, und ſolche auch andern in der Academie, beſonders aber den Kindern, und allen denen, die um ſie ſeyn ſollen, feſte einpraͤgen, damit ſolcher- geſtalt auch aller Schein eines traurigen, ver- druͤßlichen, und aͤngſtlichen Weſens vermieden werde. Dem zufolge ſoll er, ſo wie auch die Leh- rer, die Lehrerinnen, und die Meiſter, nicht nur in Worten, ſondern auch in ſeinem gan- zen Betragen, ein Beyſpiel einer wahren Tu- gend und aller derjenigen Eigenſchaften geben, die ſeine Pflicht von ihm fodert. Er ſoll ſich mit gutem Herzen zu ſeinen Untergebenen her- unter laſſen, und wohl zu Zeiten Strenge ge- brauchen, jedoch immer mit Maße und der Ab- ſicht gemaͤß, die ein Vater, der ſein Kind wohl erziehen will, dabey hat, aber ja nicht mit Hi- tze N

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767/217
Zitationshilfe: [Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 1. Riga u. a., 1767, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland01_1767/217>, abgerufen am 24.11.2024.