Kaiser des Throns von ganz Rußland ernannt, durch den Ratschluß des Höchsten aber auch noch in dieser seiner Kindheit auf ewig ent- thront, und der rechtmäßig-erbliche Zepter der Tochter Peters des Großen, Unsrer aller- geliebtesten Muhme, der in Gott ruhenden Kaiserin Elisabeth Petrowna, zu Theil ge- worden: so ließen Wir zu allervörderst, nach- dem Wir dem allmächtigen Gott Lob und Dank gesagt hatten, aus angeborner Men- schenliebe Unsern Wunsch und Gedanken dahin gerichtet seyn, diesem durch die göttliche Schi- ckung gestürzten Menschen sein Schicksal in dem von seiner Kindheit an bedrängten Leben erträglich zu machen.
Wir entschlossen Uns gleich damals, diesen Prinzen selbst zu sehen, damit Wir nach Prüfung seiner Gemüths-Eigenschaften, ihm auch ein geruhiges Leben, das seinem Naturell und der Erziehung, welche er bis dahin ge- nossen, gemäß wäre, verschaffen könnten. Wie sehr aber wurden Wir nicht gerührt, da Wir ihn, ohne der ihm schweren und andern Leuten fast unverständlichen Sprache (kosno- jazyczestwo) zu gedenken, des Verstandes und gleichsam aller menschlichen Begriffe beraubt fanden. Alle, die damals mit Uns gewesen,
haben
XI. Aufruhr
Kaiſer des Throns von ganz Rußland ernannt, durch den Ratſchluß des Hoͤchſten aber auch noch in dieſer ſeiner Kindheit auf ewig ent- thront, und der rechtmaͤßig-erbliche Zepter der Tochter Peters des Großen, Unſrer aller- geliebteſten Muhme, der in Gott ruhenden Kaiſerin Eliſabeth Petrowna, zu Theil ge- worden: ſo ließen Wir zu allervoͤrderſt, nach- dem Wir dem allmaͤchtigen Gott Lob und Dank geſagt hatten, aus angeborner Men- ſchenliebe Unſern Wunſch und Gedanken dahin gerichtet ſeyn, dieſem durch die goͤttliche Schi- ckung geſtuͤrzten Menſchen ſein Schickſal in dem von ſeiner Kindheit an bedraͤngten Leben ertraͤglich zu machen.
Wir entſchloſſen Uns gleich damals, dieſen Prinzen ſelbſt zu ſehen, damit Wir nach Pruͤfung ſeiner Gemuͤths-Eigenſchaften, ihm auch ein geruhiges Leben, das ſeinem Naturell und der Erziehung, welche er bis dahin ge- noſſen, gemaͤß waͤre, verſchaffen koͤnnten. Wie ſehr aber wurden Wir nicht geruͤhrt, da Wir ihn, ohne der ihm ſchweren und andern Leuten faſt unverſtaͤndlichen Sprache (kosno- jazyczeſtwo) zu gedenken, des Verſtandes und gleichſam aller menſchlichen Begriffe beraubt fanden. Alle, die damals mit Uns geweſen,
haben
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XI. Aufruhr
Kaiſer des Throns von ganz Rußland ernannt,
durch den Ratſchluß des Hoͤchſten aber auch
noch in dieſer ſeiner Kindheit auf ewig ent-
thront, und der rechtmaͤßig-erbliche Zepter
der Tochter Peters des Großen, Unſrer aller-
geliebteſten Muhme, der in Gott ruhenden
Kaiſerin Eliſabeth Petrowna, zu Theil ge-
worden: ſo ließen Wir zu allervoͤrderſt, nach-
dem Wir dem allmaͤchtigen Gott Lob und
Dank geſagt hatten, aus angeborner Men-
ſchenliebe Unſern Wunſch und Gedanken dahin
gerichtet ſeyn, dieſem durch die goͤttliche Schi-
ckung geſtuͤrzten Menſchen ſein Schickſal in
dem von ſeiner Kindheit an bedraͤngten Leben
ertraͤglich zu machen.
Wir entſchloſſen Uns gleich damals, dieſen
Prinzen ſelbſt zu ſehen, damit Wir nach
Pruͤfung ſeiner Gemuͤths-Eigenſchaften, ihm
auch ein geruhiges Leben, das ſeinem Naturell
und der Erziehung, welche er bis dahin ge-
noſſen, gemaͤß waͤre, verſchaffen koͤnnten.
Wie ſehr aber wurden Wir nicht geruͤhrt, da
Wir ihn, ohne der ihm ſchweren und andern
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fanden. Alle, die damals mit Uns geweſen,
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[Schlözer, August Ludwig von]: Neuverändertes Rußland oder Leben Catharinä der Zweyten Kayserinn von Rußland. Bd. 2. Riga u. a., 1772, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haigold_russland02_1772/264>, abgerufen am 22.11.2024.
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