Jndessen hat der Fleis der neuern Gelehrten, wie es mit allen Muthmassungen zu gehen pflegt, auch diese Säzze endlich auf die Seite geschaft. Was die vorge- gebene Drüsen betrifft, so konnte sie keiner von den neu- ern Zergliederern mehr gewahr werden; und es wird die ganz einfache und leichte Geschichte von den Fettabsonde- rungen, von denen wir bald reden wollen, erweisen, daß zwischen den Schlagadern und Fettbeutelchen kein ander Behältnis Plaz finde. Es kan auch weder das unbe- waffnete Auge, noch das Vergrösserungsglas ein etwas dikker Körperchen, welches man vor eine Drüse ansehen könnte, in den zartesten Zellblätterchen entdekken. End- lich verwarf Joh. Fanton in dem neuern Werke seine vorige Meinung als unbrauchbar, und er widerlegte, mit einer ihm eignen Aufrichtigkeit, die Absonderungs- drüsen im Fette von freien Stükken (f).
Es konnte aber auch die blosse Vernunft schon die Fettgänge widerlegen, da man begreift, daß eine so trä- ge Feuchtigkeit viel geschikter auf dem kürzesten Wege aus den Schlagadern ausdünsten konnte, als vermittelst langgestrekkter, und verzögernder Gefässe. Ferner er- innert Joh. Hieron. Sharalea daß das Fett, wenn man die vor Fettgänge zeither gehaltene Streifen ver- wundete, dergestallt aus denselben herausfliesse, daß es nicht aus der ganzen Länge dieses Streifes, sondern ganz allein aus den nächsten Stellen an der Wunde hervorkä- me, und daß man diese also nicht vor Gefässe ansehen könne (g). Endlich verlis auch Malpighi selbst, nach reiferer Erwägung, die von ihm auf die Bahn gebrach- te Fettgänge (h): und es widerlegte dieselben Mor- gagni, ein für diesen berühmten Zergliederer und des- sen Drüsentheorie sehr billig denkender Mann, eben-
falls
(f)[Spaltenumbruch]Diss. anat. 1745. S. 42.
(g)Ocul. & ment. vigil. S. 60.
(h)[Spaltenumbruch]Opera posthuma. S. 85.
E
des menſchlichen Koͤrpers. Fett.
Jndeſſen hat der Fleis der neuern Gelehrten, wie es mit allen Muthmaſſungen zu gehen pflegt, auch dieſe Saͤzze endlich auf die Seite geſchaft. Was die vorge- gebene Druͤſen betrifft, ſo konnte ſie keiner von den neu- ern Zergliederern mehr gewahr werden; und es wird die ganz einfache und leichte Geſchichte von den Fettabſonde- rungen, von denen wir bald reden wollen, erweiſen, daß zwiſchen den Schlagadern und Fettbeutelchen kein ander Behaͤltnis Plaz finde. Es kan auch weder das unbe- waffnete Auge, noch das Vergroͤſſerungsglas ein etwas dikker Koͤrperchen, welches man vor eine Druͤſe anſehen koͤnnte, in den zarteſten Zellblaͤtterchen entdekken. End- lich verwarf Joh. Fanton in dem neuern Werke ſeine vorige Meinung als unbrauchbar, und er widerlegte, mit einer ihm eignen Aufrichtigkeit, die Abſonderungs- druͤſen im Fette von freien Stuͤkken (f).
Es konnte aber auch die bloſſe Vernunft ſchon die Fettgaͤnge widerlegen, da man begreift, daß eine ſo traͤ- ge Feuchtigkeit viel geſchikter auf dem kuͤrzeſten Wege aus den Schlagadern ausduͤnſten konnte, als vermittelſt langgeſtrekkter, und verzoͤgernder Gefaͤſſe. Ferner er- innert Joh. Hieron. Sharalea daß das Fett, wenn man die vor Fettgaͤnge zeither gehaltene Streifen ver- wundete, dergeſtallt aus denſelben herausflieſſe, daß es nicht aus der ganzen Laͤnge dieſes Streifes, ſondern ganz allein aus den naͤchſten Stellen an der Wunde hervorkaͤ- me, und daß man dieſe alſo nicht vor Gefaͤſſe anſehen koͤnne (g). Endlich verlis auch Malpighi ſelbſt, nach reiferer Erwaͤgung, die von ihm auf die Bahn gebrach- te Fettgaͤnge (h): und es widerlegte dieſelben Mor- gagni, ein fuͤr dieſen beruͤhmten Zergliederer und deſ- ſen Druͤſentheorie ſehr billig denkender Mann, eben-
falls
(f)[Spaltenumbruch]Diſſ. anat. 1745. S. 42.
(g)Ocul. & ment. vigil. S. 60.
(h)[Spaltenumbruch]Opera poſthuma. S. 85.
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[65/0121]
des menſchlichen Koͤrpers. Fett.
Jndeſſen hat der Fleis der neuern Gelehrten, wie es
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Saͤzze endlich auf die Seite geſchaft. Was die vorge-
gebene Druͤſen betrifft, ſo konnte ſie keiner von den neu-
ern Zergliederern mehr gewahr werden; und es wird die
ganz einfache und leichte Geſchichte von den Fettabſonde-
rungen, von denen wir bald reden wollen, erweiſen, daß
zwiſchen den Schlagadern und Fettbeutelchen kein ander
Behaͤltnis Plaz finde. Es kan auch weder das unbe-
waffnete Auge, noch das Vergroͤſſerungsglas ein etwas
dikker Koͤrperchen, welches man vor eine Druͤſe anſehen
koͤnnte, in den zarteſten Zellblaͤtterchen entdekken. End-
lich verwarf Joh. Fanton in dem neuern Werke ſeine
vorige Meinung als unbrauchbar, und er widerlegte,
mit einer ihm eignen Aufrichtigkeit, die Abſonderungs-
druͤſen im Fette von freien Stuͤkken (f).
Es konnte aber auch die bloſſe Vernunft ſchon die
Fettgaͤnge widerlegen, da man begreift, daß eine ſo traͤ-
ge Feuchtigkeit viel geſchikter auf dem kuͤrzeſten Wege
aus den Schlagadern ausduͤnſten konnte, als vermittelſt
langgeſtrekkter, und verzoͤgernder Gefaͤſſe. Ferner er-
innert Joh. Hieron. Sharalea daß das Fett, wenn
man die vor Fettgaͤnge zeither gehaltene Streifen ver-
wundete, dergeſtallt aus denſelben herausflieſſe, daß es
nicht aus der ganzen Laͤnge dieſes Streifes, ſondern ganz
allein aus den naͤchſten Stellen an der Wunde hervorkaͤ-
me, und daß man dieſe alſo nicht vor Gefaͤſſe anſehen
koͤnne (g). Endlich verlis auch Malpighi ſelbſt, nach
reiferer Erwaͤgung, die von ihm auf die Bahn gebrach-
te Fettgaͤnge (h): und es widerlegte dieſelben Mor-
gagni, ein fuͤr dieſen beruͤhmten Zergliederer und deſ-
ſen Druͤſentheorie ſehr billig denkender Mann, eben-
falls
(f)
Diſſ. anat. 1745. S. 42.
(g) Ocul. & ment. vigil. S. 60.
(h)
Opera poſthuma. S. 85.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/121>, abgerufen am 24.11.2024.
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