Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.des menschlichen Körpers. Fett. herrschers von Heraklea (y), es eben nichts unwarschein-liches ist, daß man diesen sehr fetten und schläfrigen Her- ren mit langen Nadeln, damit man bis in sein Fleisch gestochen, habe aufwekken müssen; so sind auch Var- rons (z) und Buffons (a) Erzälungen gar nicht un- glaublich, da sie beide gesehen, daß Mäuse im Schwein- spekke sich Nester gemacht, und ersterer von ihnen war- genommen, daß der Abstand der Haut vom Knochen auf 15 Zolle betragen. So haben ehemals die Aerzte den Sohn des L. Apronius von seinem häufigen Fette, und seiner allzugrossen Last wieder befreiet (b). Denn obgleich freilich Nerven durch die Zellräume unter der Haut fortlaufen, und in die Haut treten, so erstrekken sie sich dennoch nicht bis in die Fettzellen und ihre Blät- terchen, sondern sie endigen sich, wenn man ihnen ge- nau nachspüret, mit allen ihren und so gar denen klein- sten Zweigen in der Haut. Daher kömmt es, daß das Zellgewebe unempfindlich ist, und daß die Nadel, die durch selbiges fährt, keinen Schmerz ehe erregt, als in dem Augenblikke, wenn sie die ihr entgegenstehende Haut berühret (c). Diejenigen wenigen Nerven aber, die durch das Zellgewebe hin und wieder gleichsam durch- wandern, haben in den angeführten Geschichten keine Empfindungen geäussert, weil ihre Anzal sehr geringe, und überflüssiges Fett dazwischen befindlich war, daher sie dann bey denen mehresten Verwundungen unbeschädigt geblieben, und vielleicht eben so, wie die Gefässe, von dem Fette zusammengedrükt worden, und ihre scharfe Fühlbarkeit dadurch verloren haben. Ueber- (y) [Spaltenumbruch]
phot. in Biblioth. S. 269. aelian. var. lect. L. IX. c. 13. Athen. (z) Lib. II. c. 4. (a) Histoire naturelle, T. V. S. 112. (b) [Spaltenumbruch]
plinivs. L. XI. S. 632. Harduins Ausgabe. (c) Memoir. 2. sur les part. ir-
rit. & sensibles Exp. 52. 53. u. w. des menſchlichen Koͤrpers. Fett. herrſchers von Heraklea (y), es eben nichts unwarſchein-liches iſt, daß man dieſen ſehr fetten und ſchlaͤfrigen Her- ren mit langen Nadeln, damit man bis in ſein Fleiſch geſtochen, habe aufwekken muͤſſen; ſo ſind auch Var- rons (z) und Buffons (a) Erzaͤlungen gar nicht un- glaublich, da ſie beide geſehen, daß Maͤuſe im Schwein- ſpekke ſich Neſter gemacht, und erſterer von ihnen war- genommen, daß der Abſtand der Haut vom Knochen auf 15 Zolle betragen. So haben ehemals die Aerzte den Sohn des L. Apronius von ſeinem haͤufigen Fette, und ſeiner allzugroſſen Laſt wieder befreiet (b). Denn obgleich freilich Nerven durch die Zellraͤume unter der Haut fortlaufen, und in die Haut treten, ſo erſtrekken ſie ſich dennoch nicht bis in die Fettzellen und ihre Blaͤt- terchen, ſondern ſie endigen ſich, wenn man ihnen ge- nau nachſpuͤret, mit allen ihren und ſo gar denen klein- ſten Zweigen in der Haut. Daher koͤmmt es, daß das Zellgewebe unempfindlich iſt, und daß die Nadel, die durch ſelbiges faͤhrt, keinen Schmerz ehe erregt, als in dem Augenblikke, wenn ſie die ihr entgegenſtehende Haut beruͤhret (c). Diejenigen wenigen Nerven aber, die durch das Zellgewebe hin und wieder gleichſam durch- wandern, haben in den angefuͤhrten Geſchichten keine Empfindungen geaͤuſſert, weil ihre Anzal ſehr geringe, und uͤberfluͤſſiges Fett dazwiſchen befindlich war, daher ſie dann bey denen mehreſten Verwundungen unbeſchaͤdigt geblieben, und vielleicht eben ſo, wie die Gefaͤſſe, von dem Fette zuſammengedruͤkt worden, und ihre ſcharfe Fuͤhlbarkeit dadurch verloren haben. Ueber- (y) [Spaltenumbruch]
phot. in Biblioth. S. 269. aelian. var. lect. L. IX. c. 13. Athen. (z) Lib. II. c. 4. (a) Hiſtoire naturelle, T. V. S. 112. (b) [Spaltenumbruch]
plinivs. L. XI. S. 632. Harduins Ausgabe. (c) Memoir. 2. ſur les part. ir-
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herrſchers von Heraklea (y), es eben nichts unwarſchein-
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ren mit langen Nadeln, damit man bis in ſein Fleiſch
geſtochen, habe aufwekken muͤſſen; ſo ſind auch Var-
rons (z) und Buffons (a) Erzaͤlungen gar nicht un-
glaublich, da ſie beide geſehen, daß Maͤuſe im Schwein-
ſpekke ſich Neſter gemacht, und erſterer von ihnen war-
genommen, daß der Abſtand der Haut vom Knochen
auf 15 Zolle betragen. So haben ehemals die Aerzte
den Sohn des L. Apronius von ſeinem haͤufigen Fette,
und ſeiner allzugroſſen Laſt wieder befreiet (b). Denn
obgleich freilich Nerven durch die Zellraͤume unter der
Haut fortlaufen, und in die Haut treten, ſo erſtrekken
ſie ſich dennoch nicht bis in die Fettzellen und ihre Blaͤt-
terchen, ſondern ſie endigen ſich, wenn man ihnen ge-
nau nachſpuͤret, mit allen ihren und ſo gar denen klein-
ſten Zweigen in der Haut. Daher koͤmmt es, daß das
Zellgewebe unempfindlich iſt, und daß die Nadel, die
durch ſelbiges faͤhrt, keinen Schmerz ehe erregt, als in
dem Augenblikke, wenn ſie die ihr entgegenſtehende Haut
beruͤhret (c). Diejenigen wenigen Nerven aber, die
durch das Zellgewebe hin und wieder gleichſam durch-
wandern, haben in den angefuͤhrten Geſchichten keine
Empfindungen geaͤuſſert, weil ihre Anzal ſehr geringe,
und uͤberfluͤſſiges Fett dazwiſchen befindlich war, daher ſie
dann bey denen mehreſten Verwundungen unbeſchaͤdigt
geblieben, und vielleicht eben ſo, wie die Gefaͤſſe, von
dem Fette zuſammengedruͤkt worden, und ihre ſcharfe
Fuͤhlbarkeit dadurch verloren haben.
Ueber-
(y)
phot. in Biblioth. S. 269.
aelian. var. lect. L. IX. c. 13.
Athen.
(z) Lib. II. c. 4.
(a) Hiſtoire naturelle, T. V.
S. 112.
(b)
plinivs. L. XI. S. 632.
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