Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.Schlagadern. dessen Grösse veränderlich ist, also daß, nach den ver-schiedenen Veränderungen der menschlichen Lebensart, der- gleichen Schlagadern bald länger, bald kürzer werden müssen. Auf gleiche Art sind auch die Kranzschlagadern an den Lippen (s), die Schlagadern der Gebärmutter (t), der Gedärme, besonders der dikken, des Augenregenbo- gens und der Nabelschnur, krumm gebogen. Denn es ziehen sich die Lippen bald sehr enge zusammen, wenn man den Mund entweder unter dem Saugen, oder in- dem man ein Gezische damit macht, dichte zuschliesset, bald verlängern sie sich wieder merklich, wenn man jähnt oder lacht. Von der Gebärmutter ist es an sich offen- bar und schon zur Gnüge bekannt, daß die Schlagadern derselben unter der Schwangerschaft gerader ausgedehnt werden. Das dikke Gedärme läst sich von dem Unrathe des Stuhlganges, und den Blehungen, wunderbar auf- treiben, es verengert sich aber wieder unter der wurm- förmigen Bewegung (motu peristaltico) so genau, daß dadurch Fischgraeten und Nadeln weiter können fortge- trieben werden. Der Regenbogen im Auge verengert und erweitert sich nach der verschiedenen Beschaffenheit des Lichts. Eben so nöthig ist es, daß sich die Nabel- schnur, nach der verschiednen Lage der Frucht, bald wei- ter von dem Mutterkuchen entferne, bald auch demsel- ben wieder nähere. Auf gleiche Weise entfernt sich die krumm gebogene Milzschlagader (u), nebst ihrer Milz, und dem von Speise und Luft ausgedehnten Magen, wei- ter von ihrem Ursprunge nach der linken Dünnung hin, sonst aber ist sie kürzer, wenn sie sich näher bei ihren un- veränderten Ursprung befindet. Eben dieses zeiget sich auch also in Ansehung der Zungenschlagader (x), als wel- che sich zugleich mit der Zunge entweder aus der Höle des Mundes hervorbegiebt, oder hinwiederum zurükge- zogen (s) [Spaltenumbruch]
Fasc. III. Tab. II. (t) Fasc. IV. Tab. I. pelv. (u) [Spaltenumbruch]
Fasc. II. Tab. arter. coel. II. (x) Fasc. III. Tab. I. z.
Schlagadern. deſſen Groͤſſe veraͤnderlich iſt, alſo daß, nach den ver-ſchiedenen Veraͤnderungen der menſchlichen Lebensart, der- gleichen Schlagadern bald laͤnger, bald kuͤrzer werden muͤſſen. Auf gleiche Art ſind auch die Kranzſchlagadern an den Lippen (s), die Schlagadern der Gebaͤrmutter (t), der Gedaͤrme, beſonders der dikken, des Augenregenbo- gens und der Nabelſchnur, krumm gebogen. Denn es ziehen ſich die Lippen bald ſehr enge zuſammen, wenn man den Mund entweder unter dem Saugen, oder in- dem man ein Geziſche damit macht, dichte zuſchlieſſet, bald verlaͤngern ſie ſich wieder merklich, wenn man jaͤhnt oder lacht. Von der Gebaͤrmutter iſt es an ſich offen- bar und ſchon zur Gnuͤge bekannt, daß die Schlagadern derſelben unter der Schwangerſchaft gerader ausgedehnt werden. Das dikke Gedaͤrme laͤſt ſich von dem Unrathe des Stuhlganges, und den Blehungen, wunderbar auf- treiben, es verengert ſich aber wieder unter der wurm- foͤrmigen Bewegung (motu periſtaltico) ſo genau, daß dadurch Fiſchgraeten und Nadeln weiter koͤnnen fortge- trieben werden. Der Regenbogen im Auge verengert und erweitert ſich nach der verſchiedenen Beſchaffenheit des Lichts. Eben ſo noͤthig iſt es, daß ſich die Nabel- ſchnur, nach der verſchiednen Lage der Frucht, bald wei- ter von dem Mutterkuchen entferne, bald auch demſel- ben wieder naͤhere. Auf gleiche Weiſe entfernt ſich die krumm gebogene Milzſchlagader (u), nebſt ihrer Milz, und dem von Speiſe und Luft ausgedehnten Magen, wei- ter von ihrem Urſprunge nach der linken Duͤnnung hin, ſonſt aber iſt ſie kuͤrzer, wenn ſie ſich naͤher bei ihren un- veraͤnderten Urſprung befindet. Eben dieſes zeiget ſich auch alſo in Anſehung der Zungenſchlagader (x), als wel- che ſich zugleich mit der Zunge entweder aus der Hoͤle des Mundes hervorbegiebt, oder hinwiederum zuruͤkge- zogen (s) [Spaltenumbruch]
Faſc. III. Tab. II. (t) Faſc. IV. Tab. I. pelv. (u) [Spaltenumbruch]
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Schlagadern.
deſſen Groͤſſe veraͤnderlich iſt, alſo daß, nach den ver-
ſchiedenen Veraͤnderungen der menſchlichen Lebensart, der-
gleichen Schlagadern bald laͤnger, bald kuͤrzer werden
muͤſſen. Auf gleiche Art ſind auch die Kranzſchlagadern
an den Lippen (s), die Schlagadern der Gebaͤrmutter (t),
der Gedaͤrme, beſonders der dikken, des Augenregenbo-
gens und der Nabelſchnur, krumm gebogen. Denn es
ziehen ſich die Lippen bald ſehr enge zuſammen, wenn
man den Mund entweder unter dem Saugen, oder in-
dem man ein Geziſche damit macht, dichte zuſchlieſſet,
bald verlaͤngern ſie ſich wieder merklich, wenn man jaͤhnt
oder lacht. Von der Gebaͤrmutter iſt es an ſich offen-
bar und ſchon zur Gnuͤge bekannt, daß die Schlagadern
derſelben unter der Schwangerſchaft gerader ausgedehnt
werden. Das dikke Gedaͤrme laͤſt ſich von dem Unrathe
des Stuhlganges, und den Blehungen, wunderbar auf-
treiben, es verengert ſich aber wieder unter der wurm-
foͤrmigen Bewegung (motu periſtaltico) ſo genau, daß
dadurch Fiſchgraeten und Nadeln weiter koͤnnen fortge-
trieben werden. Der Regenbogen im Auge verengert
und erweitert ſich nach der verſchiedenen Beſchaffenheit
des Lichts. Eben ſo noͤthig iſt es, daß ſich die Nabel-
ſchnur, nach der verſchiednen Lage der Frucht, bald wei-
ter von dem Mutterkuchen entferne, bald auch demſel-
ben wieder naͤhere. Auf gleiche Weiſe entfernt ſich die
krumm gebogene Milzſchlagader (u), nebſt ihrer Milz,
und dem von Speiſe und Luft ausgedehnten Magen, wei-
ter von ihrem Urſprunge nach der linken Duͤnnung hin,
ſonſt aber iſt ſie kuͤrzer, wenn ſie ſich naͤher bei ihren un-
veraͤnderten Urſprung befindet. Eben dieſes zeiget ſich
auch alſo in Anſehung der Zungenſchlagader (x), als wel-
che ſich zugleich mit der Zunge entweder aus der Hoͤle
des Mundes hervorbegiebt, oder hinwiederum zuruͤkge-
zogen
(s)
Faſc. III. Tab. II.
(t) Faſc. IV. Tab. I. pelv.
(u)
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