dieses nun ein Zellgewebe, welches weis bleibt, oder Ge- fässe von kleiner Art seyn, in welche keine etwas dikke Materie eindringen kann (t). Wir übergehen anjezo mit guten Vorbedacht die ganz sonderbare Gemeinschaft zwischen den Schlag- und Blutadern, da die Blutadern sehr gros, und die Schlagadern nur ganz klein seyn, wie an dem Mutterkuchen (u), oder auf andre Weise die ganz kleine Gefässe von der gewöhnlichen Bauart abgehen.
Uebrigens sind diese ganz kleinen Gefässe, in denen das Blut aus den Schlagadern in die Blutadern über- fliest, allerdings sehr zart, höchst durchsichtig, mit blos- sen Augen gar nicht zu entdekken (x), noch durch ein Ver- grösserungsglas leicht wahrzunehmen; denn man kann Blutadern, die ein einziges Kügelchen führen, viel leich- ter sehen, als die Schlagadern. Jedennoch haben sie ihre Membranen, ob sich Anton van Leeuwenhoek (y) gleich durch eine gemeine Erscheinung, nach welcher die rothen Kügelchen von den Schlagaderwänden her- vorzuragen scheinen, hat überreden lassen, daß sie gar keine hätten (z). An einem bebrüteten Eie scheinen al- lerdings den zweeten Tag, in einer gelben spreuhaften weichen Substanz (acerosa pulpa), die Gänge gleichsam mit einer Nadel vorgerissen zu seyn; den folgenden Tag aber kommen schon offenbare Membranen zum Vorschei- ne. Suchet man den Durchmesser, so ist derselbe eben nicht schwer zu bestimmen, denn er muß eben so groß, oder ein wenig grösser seyn, als der Durchmesser eines Blutkügelchens, das eine ganz kleine Schlagader aus-
füllet,
(t)[Spaltenumbruch]
Nämlich die weisse Gefässe des vortreflichen Ferreins, die er in denen Comment. Acad. reg. scient. Paris. 1749. beschrieben.
(u)kavivs im Anhange zu M. B. valentini Amphith. Zootom. S. 52.
(x)Lettre sur le nouveau syste- [Spaltenumbruch]
me sur la formation de la voix. S. 55.
(y) Daß sich die Kügelchen Plaz machten und durchpresseten, wel- ches der leichteste Weg sey. Oper. T. II. S. 184.
(z)Second. Memoire sur le mouvem. du sang. Exp. II. 124.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
dieſes nun ein Zellgewebe, welches weis bleibt, oder Ge- faͤſſe von kleiner Art ſeyn, in welche keine etwas dikke Materie eindringen kann (t). Wir uͤbergehen anjezo mit guten Vorbedacht die ganz ſonderbare Gemeinſchaft zwiſchen den Schlag- und Blutadern, da die Blutadern ſehr gros, und die Schlagadern nur ganz klein ſeyn, wie an dem Mutterkuchen (u), oder auf andre Weiſe die ganz kleine Gefaͤſſe von der gewoͤhnlichen Bauart abgehen.
Uebrigens ſind dieſe ganz kleinen Gefaͤſſe, in denen das Blut aus den Schlagadern in die Blutadern uͤber- flieſt, allerdings ſehr zart, hoͤchſt durchſichtig, mit bloſ- ſen Augen gar nicht zu entdekken (x), noch durch ein Ver- groͤſſerungsglas leicht wahrzunehmen; denn man kann Blutadern, die ein einziges Kuͤgelchen fuͤhren, viel leich- ter ſehen, als die Schlagadern. Jedennoch haben ſie ihre Membranen, ob ſich Anton van Leeuwenhoek (y) gleich durch eine gemeine Erſcheinung, nach welcher die rothen Kuͤgelchen von den Schlagaderwaͤnden her- vorzuragen ſcheinen, hat uͤberreden laſſen, daß ſie gar keine haͤtten (z). An einem bebruͤteten Eie ſcheinen al- lerdings den zweeten Tag, in einer gelben ſpreuhaften weichen Subſtanz (aceroſa pulpa), die Gaͤnge gleichſam mit einer Nadel vorgeriſſen zu ſeyn; den folgenden Tag aber kommen ſchon offenbare Membranen zum Vorſchei- ne. Suchet man den Durchmeſſer, ſo iſt derſelbe eben nicht ſchwer zu beſtimmen, denn er muß eben ſo groß, oder ein wenig groͤſſer ſeyn, als der Durchmeſſer eines Blutkuͤgelchens, das eine ganz kleine Schlagader aus-
fuͤllet,
(t)[Spaltenumbruch]
Naͤmlich die weiſſe Gefaͤſſe des vortreflichen Ferreins, die er in denen Comment. Acad. reg. ſcient. Paris. 1749. beſchrieben.
(u)kavivs im Anhange zu M. B. valentini Amphith. Zootom. S. 52.
(x)Lettre ſur le nouveau ſyſte- [Spaltenumbruch]
me ſur la formation de la voix. S. 55.
(y) Daß ſich die Kuͤgelchen Plaz machten und durchpreſſeten, wel- ches der leichteſte Weg ſey. Oper. T. II. S. 184.
(z)Second. Memoire ſur le mouvem. du ſang. Exp. II. 124.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
dieſes nun ein Zellgewebe, welches weis bleibt, oder Ge-
faͤſſe von kleiner Art ſeyn, in welche keine etwas dikke
Materie eindringen kann (t). Wir uͤbergehen anjezo
mit guten Vorbedacht die ganz ſonderbare Gemeinſchaft
zwiſchen den Schlag- und Blutadern, da die Blutadern
ſehr gros, und die Schlagadern nur ganz klein ſeyn, wie
an dem Mutterkuchen (u), oder auf andre Weiſe die ganz
kleine Gefaͤſſe von der gewoͤhnlichen Bauart abgehen.
Uebrigens ſind dieſe ganz kleinen Gefaͤſſe, in denen
das Blut aus den Schlagadern in die Blutadern uͤber-
flieſt, allerdings ſehr zart, hoͤchſt durchſichtig, mit bloſ-
ſen Augen gar nicht zu entdekken (x), noch durch ein Ver-
groͤſſerungsglas leicht wahrzunehmen; denn man kann
Blutadern, die ein einziges Kuͤgelchen fuͤhren, viel leich-
ter ſehen, als die Schlagadern. Jedennoch haben ſie
ihre Membranen, ob ſich Anton van Leeuwenhoek
(y) gleich durch eine gemeine Erſcheinung, nach welcher
die rothen Kuͤgelchen von den Schlagaderwaͤnden her-
vorzuragen ſcheinen, hat uͤberreden laſſen, daß ſie gar
keine haͤtten (z). An einem bebruͤteten Eie ſcheinen al-
lerdings den zweeten Tag, in einer gelben ſpreuhaften
weichen Subſtanz (aceroſa pulpa), die Gaͤnge gleichſam
mit einer Nadel vorgeriſſen zu ſeyn; den folgenden Tag
aber kommen ſchon offenbare Membranen zum Vorſchei-
ne. Suchet man den Durchmeſſer, ſo iſt derſelbe eben
nicht ſchwer zu beſtimmen, denn er muß eben ſo groß,
oder ein wenig groͤſſer ſeyn, als der Durchmeſſer eines
Blutkuͤgelchens, das eine ganz kleine Schlagader aus-
fuͤllet,
(t)
Naͤmlich die weiſſe Gefaͤſſe
des vortreflichen Ferreins, die er
in denen Comment. Acad. reg.
ſcient. Paris. 1749. beſchrieben.
(u) kavivs im Anhange zu M.
B. valentini Amphith. Zootom.
S. 52.
(x) Lettre ſur le nouveau ſyſte-
me ſur la formation de la voix.
S. 55.
(y) Daß ſich die Kuͤgelchen Plaz
machten und durchpreſſeten, wel-
ches der leichteſte Weg ſey. Oper.
T. II. S. 184.
(z) Second. Memoire ſur le
mouvem. du ſang. Exp. II. 124.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/238>, abgerufen am 21.11.2024.
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