bringen nie eine Entzündung zuwege. Legt man ein Band um die grösten Schlagadern des Nabels, an einer neugebornen Frucht, um die Halsschlagader (carotis), und andre Stämme an lebendigen Thieren, so bringt man nichts, das einer Entzündung gleich wäre, hervor. Nach etlichen Pulsschlägen, und nach einen schnell ent- standenen, aber nicht sonderlich stark zunehmenden Ge- schwulst (x), wendet sich das Blut vom Bande ab, und ziehet sich in die nächsten offenen Gefässe zurük, welche in der That mehr Blut von sich geben würden, wenn man eine Oefnung darein machte, da inzwischen der eige- ne Stamm vom Blute ledig bleibet, und mit der Zeit mit dem wenigen zurükgebliebenen Blute zusammen wach- sen würde. An kleinen und durchscheinenden Gefässen, an denen die Vergrösserungsgläser alles, was darinnen vorgehet, zu erkennen geben, bringet hingegen ein ange- legtes Band gerade das Gegentheil von demjenigen zu- wege, was nach der angenommenen Meinung geschehen sollte. Denn anstatt, daß sich die gebundene Kanäle ausdehnen sollten, so weichet vielmehr das Blut von dem Bande und dem verstopften Aste hinweg, und be- gibt sich in andre Schlagadern, die mit jenen eine Ge- meinschaft unterhalten, bis der Ast, den man unterbun- den gehabt, endlich ganz leer verbleibet (z).
Jch habe auch die Verstopfung öfters an lebendigen Thieren gesehen. Zuweilen pfleget das Blut sogar in den Schlagadern stehen zu bleiben und zu stokken, also daß die Kügelchen in eine Masse zusammen verwandelt werden (a). Diese wird nun manchmal von der annoch übrigen Kraft des Blutes wieder frei gemacht und in Be- (y)
wegung
(x)[Spaltenumbruch]sauvages theor. pulsus. S. 56. Pathol. method. S. 125. 226.
(z)[Spaltenumbruch]Second Memoire sur le mou- vement du sang. Exp. 54. 93. re- mvs in Exper. ad circul. sangu. S. 50.
(a)Exp. 93.
(y)Ferrein beim berühmten Salmon in der Streitschr. de Vtero.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
bringen nie eine Entzuͤndung zuwege. Legt man ein Band um die groͤſten Schlagadern des Nabels, an einer neugebornen Frucht, um die Halsſchlagader (carotis), und andre Staͤmme an lebendigen Thieren, ſo bringt man nichts, das einer Entzuͤndung gleich waͤre, hervor. Nach etlichen Pulsſchlaͤgen, und nach einen ſchnell ent- ſtandenen, aber nicht ſonderlich ſtark zunehmenden Ge- ſchwulſt (x), wendet ſich das Blut vom Bande ab, und ziehet ſich in die naͤchſten offenen Gefaͤſſe zuruͤk, welche in der That mehr Blut von ſich geben wuͤrden, wenn man eine Oefnung darein machte, da inzwiſchen der eige- ne Stamm vom Blute ledig bleibet, und mit der Zeit mit dem wenigen zuruͤkgebliebenen Blute zuſammen wach- ſen wuͤrde. An kleinen und durchſcheinenden Gefaͤſſen, an denen die Vergroͤſſerungsglaͤſer alles, was darinnen vorgehet, zu erkennen geben, bringet hingegen ein ange- legtes Band gerade das Gegentheil von demjenigen zu- wege, was nach der angenommenen Meinung geſchehen ſollte. Denn anſtatt, daß ſich die gebundene Kanaͤle ausdehnen ſollten, ſo weichet vielmehr das Blut von dem Bande und dem verſtopften Aſte hinweg, und be- gibt ſich in andre Schlagadern, die mit jenen eine Ge- meinſchaft unterhalten, bis der Aſt, den man unterbun- den gehabt, endlich ganz leer verbleibet (z).
Jch habe auch die Verſtopfung oͤfters an lebendigen Thieren geſehen. Zuweilen pfleget das Blut ſogar in den Schlagadern ſtehen zu bleiben und zu ſtokken, alſo daß die Kuͤgelchen in eine Maſſe zuſammen verwandelt werden (a). Dieſe wird nun manchmal von der annoch uͤbrigen Kraft des Blutes wieder frei gemacht und in Be- (y)
wegung
(x)[Spaltenumbruch]sauvages theor. pulſus. S. 56. Pathol. method. S. 125. 226.
(z)[Spaltenumbruch]Second Memoire ſur le mou- vement du ſang. Exp. 54. 93. re- mvs in Exper. ad circul. ſangu. S. 50.
(a)Exp. 93.
(y)Ferrein beim beruͤhmten Salmon in der Streitſchr. de Vtero.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
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neugebornen Frucht, um die Halsſchlagader (carotis),
und andre Staͤmme an lebendigen Thieren, ſo bringt
man nichts, das einer Entzuͤndung gleich waͤre, hervor.
Nach etlichen Pulsſchlaͤgen, und nach einen ſchnell ent-
ſtandenen, aber nicht ſonderlich ſtark zunehmenden Ge-
ſchwulſt (x), wendet ſich das Blut vom Bande ab, und
ziehet ſich in die naͤchſten offenen Gefaͤſſe zuruͤk, welche
in der That mehr Blut von ſich geben wuͤrden, wenn
man eine Oefnung darein machte, da inzwiſchen der eige-
ne Stamm vom Blute ledig bleibet, und mit der Zeit
mit dem wenigen zuruͤkgebliebenen Blute zuſammen wach-
ſen wuͤrde. An kleinen und durchſcheinenden Gefaͤſſen,
an denen die Vergroͤſſerungsglaͤſer alles, was darinnen
vorgehet, zu erkennen geben, bringet hingegen ein ange-
legtes Band gerade das Gegentheil von demjenigen zu-
wege, was nach der angenommenen Meinung geſchehen
ſollte. Denn anſtatt, daß ſich die gebundene Kanaͤle
ausdehnen ſollten, ſo weichet vielmehr das Blut von
dem Bande und dem verſtopften Aſte hinweg, und be-
gibt ſich in andre Schlagadern, die mit jenen eine Ge-
meinſchaft unterhalten, bis der Aſt, den man unterbun-
den gehabt, endlich ganz leer verbleibet (z).
Jch habe auch die Verſtopfung oͤfters an lebendigen
Thieren geſehen. Zuweilen pfleget das Blut ſogar in
den Schlagadern ſtehen zu bleiben und zu ſtokken, alſo
daß die Kuͤgelchen in eine Maſſe zuſammen verwandelt
werden (a). Dieſe wird nun manchmal von der annoch
uͤbrigen Kraft des Blutes wieder frei gemacht und in Be-
wegung
(y)
(x)
sauvages theor. pulſus. S.
56. Pathol. method. S. 125. 226.
(z)
Second Memoire ſur le mou-
vement du ſang. Exp. 54. 93. re-
mvs in Exper. ad circul. ſangu.
S. 50.
(a) Exp. 93.
(y) Ferrein beim beruͤhmten
Salmon in der Streitſchr. de
Vtero.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/274>, abgerufen am 22.11.2024.
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