auch nicht. Jn denen meisten Gegenden laufen sie ge- sellig neben einander, wie man an dem Eingeweide sie- het, nur allein das Gehirn ausgenommen; und es gehen die grossen Stämme der Gliedmasen und des Halses ne- ben einander durch die zellförmige Zwischenräume ande- rer Theile am Körper fort. An andren Orten verlassen sie sich aus mancherlei Ursachen. Die ungepaarte Blut- ader ist ganz einsam, und so eingerichtet, daß sie keine ihr ähnliche Schlagader neben sich hat, weil in dem ganzen Raum, welcher sich der Länge nach zwischen dem Herz- beutel und der Leberfurche befindet, kein Plaz vorhanden gewesen, wo die Jnterkostalblutadern ihr Blut in die Holader hätten ausschütten können. Um deswillen be- kamen also diese Blutadern ihren eignen Stamm, wel- cher sowol über dem Herzbeutel, als unterhalb dem An- hängsel der Leber, das Blut aus denselben in die Hol- ader bringen mus. Jm Gehirne liegen die Adergänge (sinus) in ganz entfernten Gegenden von den Schlag- adern, neben den Nahten und Furchen der Knochen. Jn denen übrigen Gegenden hat dasjenige Gesez statt, des- sen wir an einem andern Orte Erwehnung gethan ha- ben (g), daß sich nämlich die Blutadern zwischen die Muskeln und die Haut legen, und die Schlagadern ne- ben den Knochen an den sichersten und tiefsten Orten fortlaufen. Das einzige Gegenexempel gibt die Hol- ader ab. Diese wird aber in dem Unterleibe von so vie- lem Eingeweide beschüzzet, daß keine andre Gewaltthä- tigkeit, ausser einer solchen, die schon an sich den Tod verursachen würde, bis zu derselben hin gelangen kann. Sonst machen die Blutadern eben so, wie die Schlag- adern, Zertheilungen, und zulezt auch Nezze, von denen der berühmte Hales, ich weis aber nicht, ob mit gutem Grunde, behauptet, daß sie von denen Schlagadernez-
zen
(g)[Spaltenumbruch]I. Abschnitt n. 16.
Zweites Buch. Gefaͤſſe.
auch nicht. Jn denen meiſten Gegenden laufen ſie ge- ſellig neben einander, wie man an dem Eingeweide ſie- het, nur allein das Gehirn ausgenommen; und es gehen die groſſen Staͤmme der Gliedmaſen und des Halſes ne- ben einander durch die zellfoͤrmige Zwiſchenraͤume ande- rer Theile am Koͤrper fort. An andren Orten verlaſſen ſie ſich aus mancherlei Urſachen. Die ungepaarte Blut- ader iſt ganz einſam, und ſo eingerichtet, daß ſie keine ihr aͤhnliche Schlagader neben ſich hat, weil in dem ganzen Raum, welcher ſich der Laͤnge nach zwiſchen dem Herz- beutel und der Leberfurche befindet, kein Plaz vorhanden geweſen, wo die Jnterkoſtalblutadern ihr Blut in die Holader haͤtten ausſchuͤtten koͤnnen. Um deswillen be- kamen alſo dieſe Blutadern ihren eignen Stamm, wel- cher ſowol uͤber dem Herzbeutel, als unterhalb dem An- haͤngſel der Leber, das Blut aus denſelben in die Hol- ader bringen mus. Jm Gehirne liegen die Adergaͤnge (ſinus) in ganz entfernten Gegenden von den Schlag- adern, neben den Nahten und Furchen der Knochen. Jn denen uͤbrigen Gegenden hat dasjenige Geſez ſtatt, deſ- ſen wir an einem andern Orte Erwehnung gethan ha- ben (g), daß ſich naͤmlich die Blutadern zwiſchen die Muskeln und die Haut legen, und die Schlagadern ne- ben den Knochen an den ſicherſten und tiefſten Orten fortlaufen. Das einzige Gegenexempel gibt die Hol- ader ab. Dieſe wird aber in dem Unterleibe von ſo vie- lem Eingeweide beſchuͤzzet, daß keine andre Gewaltthaͤ- tigkeit, auſſer einer ſolchen, die ſchon an ſich den Tod verurſachen wuͤrde, bis zu derſelben hin gelangen kann. Sonſt machen die Blutadern eben ſo, wie die Schlag- adern, Zertheilungen, und zulezt auch Nezze, von denen der beruͤhmte Hales, ich weis aber nicht, ob mit gutem Grunde, behauptet, daß ſie von denen Schlagadernez-
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(g)[Spaltenumbruch]I. Abſchnitt n. 16.
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Zweites Buch. Gefaͤſſe.
auch nicht. Jn denen meiſten Gegenden laufen ſie ge-
ſellig neben einander, wie man an dem Eingeweide ſie-
het, nur allein das Gehirn ausgenommen; und es gehen
die groſſen Staͤmme der Gliedmaſen und des Halſes ne-
ben einander durch die zellfoͤrmige Zwiſchenraͤume ande-
rer Theile am Koͤrper fort. An andren Orten verlaſſen
ſie ſich aus mancherlei Urſachen. Die ungepaarte Blut-
ader iſt ganz einſam, und ſo eingerichtet, daß ſie keine ihr
aͤhnliche Schlagader neben ſich hat, weil in dem ganzen
Raum, welcher ſich der Laͤnge nach zwiſchen dem Herz-
beutel und der Leberfurche befindet, kein Plaz vorhanden
geweſen, wo die Jnterkoſtalblutadern ihr Blut in die
Holader haͤtten ausſchuͤtten koͤnnen. Um deswillen be-
kamen alſo dieſe Blutadern ihren eignen Stamm, wel-
cher ſowol uͤber dem Herzbeutel, als unterhalb dem An-
haͤngſel der Leber, das Blut aus denſelben in die Hol-
ader bringen mus. Jm Gehirne liegen die Adergaͤnge
(ſinus) in ganz entfernten Gegenden von den Schlag-
adern, neben den Nahten und Furchen der Knochen. Jn
denen uͤbrigen Gegenden hat dasjenige Geſez ſtatt, deſ-
ſen wir an einem andern Orte Erwehnung gethan ha-
ben (g), daß ſich naͤmlich die Blutadern zwiſchen die
Muskeln und die Haut legen, und die Schlagadern ne-
ben den Knochen an den ſicherſten und tiefſten Orten
fortlaufen. Das einzige Gegenexempel gibt die Hol-
ader ab. Dieſe wird aber in dem Unterleibe von ſo vie-
lem Eingeweide beſchuͤzzet, daß keine andre Gewaltthaͤ-
tigkeit, auſſer einer ſolchen, die ſchon an ſich den Tod
verurſachen wuͤrde, bis zu derſelben hin gelangen kann.
Sonſt machen die Blutadern eben ſo, wie die Schlag-
adern, Zertheilungen, und zulezt auch Nezze, von denen
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I. Abſchnitt n. 16.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/308>, abgerufen am 24.11.2024.
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