Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Blutadern.
chen an der Mündung der Schlagadern am Herzen wä-
ren.

Es hat auch Amatus Lusitanus (y), ein Mann,
der sonsten nicht unter die Zergliederer gehöret, im
Jahr 1547 in Gegenwart des Cannans, der sie ihm
auch ohne Zweifel selbst gezeiget, kleine Fallthürchen in
dem Anfange der ungepaarten Blutader wahrgenommen,
welche durch ihre Gegenwart verhindern, daß das
Blut dieser Adern nicht in die Holader wieder zurüktre-
ten könne: und er fügt noch hinzu, weil er sich in der
That eines verführerischen Versuches bediente, daß auch
nicht einmal die hineingetriebene Luft aus der unge-
paarten Blutader in die Holader zurük komme. Eben
dieser Ebräer wiederholt, daß diese Fallthürchen nichts
aus der ungepaarten Blutader in die Holader hinüber
gehen liessen (z).

Auch aus dieser Erfindung erhellet, was für eine
unbillige Herrschaft vorgefassete Meinungen selbst über
sehr gelehrte Männer öfters erlangen und in der That zu
äussern pflegen. Die Klappen in der ungepaarten Ader,
fanden, ob man sie gleich zu Neapel mit Versuchen be-
stätigte, dennoch keinen Beifall, indem sie den grösten
Männern misfielen (a). Vesalius, der kein abergläu-
bischer Anbeter der Alten war, hatte in dem erstern Wer-
ke gesagt, daß diese neue Klappen eine hervorragende
Substanz vom Körper der Blutadern wären, und er
verglich dieselbe mit den Membranen, welche sich in der
Mündung der Aorte befinden (b). Eben derselbe schrei-
bet ganz artig in dem folgenden Buche (c), er fände eine
an der Blutader hervorragende dikke Erhöhung, und

keine
(y) [Spaltenumbruch] Cent. I. curat. 52. in Scholio.
Er versichert, daß er sie in zwölf
Leichnamen gesehen habe.
(z) Cent. V. cur. 70.
(a) [Spaltenumbruch] Salvus sclanvs comment.
ad aphor. Hippocr. 21. L. I.
(b) De fabrica corp. hum.
Ausgabe 555. S. 443.
(c) Exam. obs. fallop. S. 83.
R

Blutadern.
chen an der Muͤndung der Schlagadern am Herzen waͤ-
ren.

Es hat auch Amatus Luſitanus (y), ein Mann,
der ſonſten nicht unter die Zergliederer gehoͤret, im
Jahr 1547 in Gegenwart des Cannans, der ſie ihm
auch ohne Zweifel ſelbſt gezeiget, kleine Fallthuͤrchen in
dem Anfange der ungepaarten Blutader wahrgenommen,
welche durch ihre Gegenwart verhindern, daß das
Blut dieſer Adern nicht in die Holader wieder zuruͤktre-
ten koͤnne: und er fuͤgt noch hinzu, weil er ſich in der
That eines verfuͤhreriſchen Verſuches bediente, daß auch
nicht einmal die hineingetriebene Luft aus der unge-
paarten Blutader in die Holader zuruͤk komme. Eben
dieſer Ebraͤer wiederholt, daß dieſe Fallthuͤrchen nichts
aus der ungepaarten Blutader in die Holader hinuͤber
gehen lieſſen (z).

Auch aus dieſer Erfindung erhellet, was fuͤr eine
unbillige Herrſchaft vorgefaſſete Meinungen ſelbſt uͤber
ſehr gelehrte Maͤnner oͤfters erlangen und in der That zu
aͤuſſern pflegen. Die Klappen in der ungepaarten Ader,
fanden, ob man ſie gleich zu Neapel mit Verſuchen be-
ſtaͤtigte, dennoch keinen Beifall, indem ſie den groͤſten
Maͤnnern misfielen (a). Veſalius, der kein aberglaͤu-
biſcher Anbeter der Alten war, hatte in dem erſtern Wer-
ke geſagt, daß dieſe neue Klappen eine hervorragende
Subſtanz vom Koͤrper der Blutadern waͤren, und er
verglich dieſelbe mit den Membranen, welche ſich in der
Muͤndung der Aorte befinden (b). Eben derſelbe ſchrei-
bet ganz artig in dem folgenden Buche (c), er faͤnde eine
an der Blutader hervorragende dikke Erhoͤhung, und

keine
(y) [Spaltenumbruch] Cent. I. curat. 52. in Scholio.
Er verſichert, daß er ſie in zwoͤlf
Leichnamen geſehen habe.
(z) Cent. V. cur. 70.
(a) [Spaltenumbruch] Salvus sclanvs comment.
ad aphor. Hippocr. 21. L. I.
(b) De fabrica corp. hum.
Ausgabe 555. S. 443.
(c) Exam. obſ. fallop. S. 83.
R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0313" n="257"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Blutadern.</hi></fw><lb/>
chen an der Mu&#x0364;ndung der Schlagadern am Herzen wa&#x0364;-<lb/>
ren.</p><lb/>
            <p>Es hat auch <hi rendition="#fr">Amatus Lu&#x017F;itanus</hi> <note place="foot" n="(y)"><cb/><hi rendition="#aq">Cent. I. curat. 52. in Scholio.</hi><lb/>
Er ver&#x017F;ichert, daß er &#x017F;ie in zwo&#x0364;lf<lb/>
Leichnamen ge&#x017F;ehen habe.</note>, ein Mann,<lb/>
der &#x017F;on&#x017F;ten nicht unter die Zergliederer geho&#x0364;ret, im<lb/>
Jahr 1547 in Gegenwart des <hi rendition="#fr">Cannans,</hi> der &#x017F;ie ihm<lb/>
auch ohne Zweifel &#x017F;elb&#x017F;t gezeiget, kleine Fallthu&#x0364;rchen in<lb/>
dem Anfange der ungepaarten Blutader wahrgenommen,<lb/>
welche durch ihre Gegenwart verhindern, daß das<lb/>
Blut die&#x017F;er Adern nicht in die Holader wieder zuru&#x0364;ktre-<lb/>
ten ko&#x0364;nne: und er fu&#x0364;gt noch hinzu, weil er &#x017F;ich in der<lb/>
That eines verfu&#x0364;hreri&#x017F;chen Ver&#x017F;uches bediente, daß auch<lb/>
nicht einmal die hineingetriebene Luft aus der unge-<lb/>
paarten Blutader in die Holader zuru&#x0364;k komme. Eben<lb/>
die&#x017F;er Ebra&#x0364;er wiederholt, daß die&#x017F;e Fallthu&#x0364;rchen nichts<lb/>
aus der ungepaarten Blutader in die Holader hinu&#x0364;ber<lb/>
gehen lie&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="(z)"><hi rendition="#aq">Cent. V. cur.</hi> 70.</note>.</p><lb/>
            <p>Auch aus die&#x017F;er Erfindung erhellet, was fu&#x0364;r eine<lb/>
unbillige Herr&#x017F;chaft vorgefa&#x017F;&#x017F;ete Meinungen &#x017F;elb&#x017F;t u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;ehr gelehrte Ma&#x0364;nner o&#x0364;fters erlangen und in der That zu<lb/>
a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ern pflegen. Die Klappen in der ungepaarten Ader,<lb/>
fanden, ob man &#x017F;ie gleich zu Neapel mit Ver&#x017F;uchen be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tigte, dennoch keinen Beifall, indem &#x017F;ie den gro&#x0364;&#x017F;ten<lb/>
Ma&#x0364;nnern misfielen <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#aq">Salvus <hi rendition="#k">sclanvs</hi> comment.<lb/>
ad aphor. Hippocr. 21. L. I.</hi></note>. <hi rendition="#fr">Ve&#x017F;alius,</hi> der kein abergla&#x0364;u-<lb/>
bi&#x017F;cher Anbeter der Alten war, hatte in dem er&#x017F;tern Wer-<lb/>
ke ge&#x017F;agt, daß die&#x017F;e neue Klappen eine hervorragende<lb/>
Sub&#x017F;tanz vom Ko&#x0364;rper der Blutadern wa&#x0364;ren, und er<lb/>
verglich die&#x017F;elbe mit den Membranen, welche &#x017F;ich in der<lb/>
Mu&#x0364;ndung der Aorte befinden <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#aq">De fabrica corp. hum.</hi><lb/>
Ausgabe 555. S. 443.</note>. Eben der&#x017F;elbe &#x017F;chrei-<lb/>
bet ganz artig in dem folgenden Buche <note place="foot" n="(c)"><hi rendition="#aq">Exam. ob&#x017F;. <hi rendition="#k">fallop.</hi></hi> S. 83.</note>, er fa&#x0364;nde eine<lb/>
an der Blutader hervorragende dikke Erho&#x0364;hung, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">keine</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0313] Blutadern. chen an der Muͤndung der Schlagadern am Herzen waͤ- ren. Es hat auch Amatus Luſitanus (y), ein Mann, der ſonſten nicht unter die Zergliederer gehoͤret, im Jahr 1547 in Gegenwart des Cannans, der ſie ihm auch ohne Zweifel ſelbſt gezeiget, kleine Fallthuͤrchen in dem Anfange der ungepaarten Blutader wahrgenommen, welche durch ihre Gegenwart verhindern, daß das Blut dieſer Adern nicht in die Holader wieder zuruͤktre- ten koͤnne: und er fuͤgt noch hinzu, weil er ſich in der That eines verfuͤhreriſchen Verſuches bediente, daß auch nicht einmal die hineingetriebene Luft aus der unge- paarten Blutader in die Holader zuruͤk komme. Eben dieſer Ebraͤer wiederholt, daß dieſe Fallthuͤrchen nichts aus der ungepaarten Blutader in die Holader hinuͤber gehen lieſſen (z). Auch aus dieſer Erfindung erhellet, was fuͤr eine unbillige Herrſchaft vorgefaſſete Meinungen ſelbſt uͤber ſehr gelehrte Maͤnner oͤfters erlangen und in der That zu aͤuſſern pflegen. Die Klappen in der ungepaarten Ader, fanden, ob man ſie gleich zu Neapel mit Verſuchen be- ſtaͤtigte, dennoch keinen Beifall, indem ſie den groͤſten Maͤnnern misfielen (a). Veſalius, der kein aberglaͤu- biſcher Anbeter der Alten war, hatte in dem erſtern Wer- ke geſagt, daß dieſe neue Klappen eine hervorragende Subſtanz vom Koͤrper der Blutadern waͤren, und er verglich dieſelbe mit den Membranen, welche ſich in der Muͤndung der Aorte befinden (b). Eben derſelbe ſchrei- bet ganz artig in dem folgenden Buche (c), er faͤnde eine an der Blutader hervorragende dikke Erhoͤhung, und keine (y) Cent. I. curat. 52. in Scholio. Er verſichert, daß er ſie in zwoͤlf Leichnamen geſehen habe. (z) Cent. V. cur. 70. (a) Salvus sclanvs comment. ad aphor. Hippocr. 21. L. I. (b) De fabrica corp. hum. Ausgabe 555. S. 443. (c) Exam. obſ. fallop. S. 83. R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/313
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/313>, abgerufen am 24.11.2024.