der grössern Oefnung aller Aeste gegen die Stammöf- nung vermindert, wozu auch noch das Reiben kommt, welches zu entstehen pflegt, wenn die Flüßigkeit, die durch kleinere und kegelarnge nach und nach abnehmende Gefässe geführt wird, die Wände der Gefässe ausdehnt. Jch habe selbst bei einem angestellten Versuch wahrge- nommen, daß in den Flieswasserdrüsen, vermöge dieser Ursache, eine solche starke Zurükkhaltung entstehe, daß ich das flüßigste Metall, wenn ich es in die Milchgefässe gesprizzet, auf keinerlei Weise in das gesammte Sistem der Milchgefässe oder in den Brustkanal habe bringen können, wie ich denn auch keinen glüklichern Erfolg ge- sehen, wenn der grosse Zergliederer Albinus diesen Ver- such vornahm. Man hat demnach vorlängst ganz wohl bemerkt (d), daß aus der Trägheit des durchfliessenden Saftes, wie in der Leber, also auch in den einfachen Drüsen, sehr häufige Verhärtungen erzeugt worden. Es wird nicht nöthig seyn, ob es gleich noch hieher zu rech- nen wäre, daß wir mit einem neuern berühmten Engli- schen Wundarzte noch hinzufügen, es hätte die Natur, dafern sie den Lauf des Flieswassers beschleunigen wollen, diesen Endzwek ungleich leichter erreichen können, wenn sie die Gefässe, darinnen es sich befindet, mit einer mus- kelhaften Membrane umgeben hätte (e). Solchemnach ist es gar nicht wahrscheinlich, daß die jezt beschriebne Drüsen die Bewegung des Flieswassers befördern solten.
§. 27. Noch andre Hipothesen.
Jn den übrigen Hipothesen leuchtet, wenigstens nach meiner Einsicht, so wenig Wahrscheinlichkeit hervor, daß es genung ist, sie ohne Widerlegung zu erzählen: Es be-
haupten
(d)[Spaltenumbruch]rivinvs de Coagul. humor. S. 37.
(e)[Spaltenumbruch]
Guil. CheseldenAnat. of human body, 6te Ausg. S. 218.
Flieswaſſergefaͤſſe.
der groͤſſern Oefnung aller Aeſte gegen die Stammoͤf- nung vermindert, wozu auch noch das Reiben kommt, welches zu entſtehen pflegt, wenn die Fluͤßigkeit, die durch kleinere und kegelarnge nach und nach abnehmende Gefaͤſſe gefuͤhrt wird, die Waͤnde der Gefaͤſſe ausdehnt. Jch habe ſelbſt bei einem angeſtellten Verſuch wahrge- nommen, daß in den Flieswaſſerdruͤſen, vermoͤge dieſer Urſache, eine ſolche ſtarke Zuruͤkkhaltung entſtehe, daß ich das fluͤßigſte Metall, wenn ich es in die Milchgefaͤſſe geſprizzet, auf keinerlei Weiſe in das geſammte Siſtem der Milchgefaͤſſe oder in den Bruſtkanal habe bringen koͤnnen, wie ich denn auch keinen gluͤklichern Erfolg ge- ſehen, wenn der groſſe Zergliederer Albinus dieſen Ver- ſuch vornahm. Man hat demnach vorlaͤngſt ganz wohl bemerkt (d), daß aus der Traͤgheit des durchflieſſenden Saftes, wie in der Leber, alſo auch in den einfachen Druͤſen, ſehr haͤufige Verhaͤrtungen erzeugt worden. Es wird nicht noͤthig ſeyn, ob es gleich noch hieher zu rech- nen waͤre, daß wir mit einem neuern beruͤhmten Engli- ſchen Wundarzte noch hinzufuͤgen, es haͤtte die Natur, dafern ſie den Lauf des Flieswaſſers beſchleunigen wollen, dieſen Endzwek ungleich leichter erreichen koͤnnen, wenn ſie die Gefaͤſſe, darinnen es ſich befindet, mit einer mus- kelhaften Membrane umgeben haͤtte (e). Solchemnach iſt es gar nicht wahrſcheinlich, daß die jezt beſchriebne Druͤſen die Bewegung des Flieswaſſers befoͤrdern ſolten.
§. 27. Noch andre Hipotheſen.
Jn den uͤbrigen Hipotheſen leuchtet, wenigſtens nach meiner Einſicht, ſo wenig Wahrſcheinlichkeit hervor, daß es genung iſt, ſie ohne Widerlegung zu erzaͤhlen: Es be-
haupten
(d)[Spaltenumbruch]rivinvs de Coagul. humor. S. 37.
(e)[Spaltenumbruch]
Guil. CheſeldenAnat. of human body, 6te Ausg. S. 218.
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Flieswaſſergefaͤſſe.
der groͤſſern Oefnung aller Aeſte gegen die Stammoͤf-
nung vermindert, wozu auch noch das Reiben kommt,
welches zu entſtehen pflegt, wenn die Fluͤßigkeit, die
durch kleinere und kegelarnge nach und nach abnehmende
Gefaͤſſe gefuͤhrt wird, die Waͤnde der Gefaͤſſe ausdehnt.
Jch habe ſelbſt bei einem angeſtellten Verſuch wahrge-
nommen, daß in den Flieswaſſerdruͤſen, vermoͤge dieſer
Urſache, eine ſolche ſtarke Zuruͤkkhaltung entſtehe, daß
ich das fluͤßigſte Metall, wenn ich es in die Milchgefaͤſſe
geſprizzet, auf keinerlei Weiſe in das geſammte Siſtem
der Milchgefaͤſſe oder in den Bruſtkanal habe bringen
koͤnnen, wie ich denn auch keinen gluͤklichern Erfolg ge-
ſehen, wenn der groſſe Zergliederer Albinus dieſen Ver-
ſuch vornahm. Man hat demnach vorlaͤngſt ganz wohl
bemerkt (d), daß aus der Traͤgheit des durchflieſſenden
Saftes, wie in der Leber, alſo auch in den einfachen
Druͤſen, ſehr haͤufige Verhaͤrtungen erzeugt worden. Es
wird nicht noͤthig ſeyn, ob es gleich noch hieher zu rech-
nen waͤre, daß wir mit einem neuern beruͤhmten Engli-
ſchen Wundarzte noch hinzufuͤgen, es haͤtte die Natur,
dafern ſie den Lauf des Flieswaſſers beſchleunigen wollen,
dieſen Endzwek ungleich leichter erreichen koͤnnen, wenn
ſie die Gefaͤſſe, darinnen es ſich befindet, mit einer mus-
kelhaften Membrane umgeben haͤtte (e). Solchemnach
iſt es gar nicht wahrſcheinlich, daß die jezt beſchriebne
Druͤſen die Bewegung des Flieswaſſers befoͤrdern ſolten.
§. 27.
Noch andre Hipotheſen.
Jn den uͤbrigen Hipotheſen leuchtet, wenigſtens nach
meiner Einſicht, ſo wenig Wahrſcheinlichkeit hervor, daß
es genung iſt, ſie ohne Widerlegung zu erzaͤhlen: Es be-
haupten
(d)
rivinvs de Coagul. humor.
S. 37.
(e)
Guil. Cheſelden Anat. of
human body, 6te Ausg. S. 218.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/421>, abgerufen am 26.11.2024.
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