gebracht wird; wenn diese kleinen Aeste mit den kleinsten Wurzeln der Blutadern in einem Stük fortgehen; wenn die Blutadern das Blut dem Herzen wieder zuführen: so ist, allem Ansehen nach, solchergestalt der ganze Blut- lauf vom Herzen durch die Schlagadern, und durch die Blutadern wieder zum Herzen deutlich erwiesen. Und doch muß man allerdings, weil es eine Sache von äus- serster Wichtigkeit ist, auch die übrigen Beweise nicht weglassen, welche diese Grundsäule der medicinischen Theo- rie unterstüzzen.
Es scheinet demnach eine kurze Betrachtung uns den Weg zur Erkenntniß der Warheit zu bahnen. Wenn das Blut durch die Schlagadern nach ihren lezten Endi- gungen geschwinde hingetrieben wird, so muß dasselbe in andre Gefässe dringen: dringet es nicht in dieselben hin- ein, so muß es stille stehen, sich anhäufen, und die Ge- fässe ausdehnen und zerreissen. Es ergießt sich aber nicht in die Flieswassergefässe, in die ausdünstende Gefässe, oder in die Auswurfsgänge, denn die in denenselben be- findliche Feuchtigkeiten sind von dem Blute unterschie- den (s); folglich bleibt nichts weiter übrig, als daß es sich in die Blutadern hineinbegiebt.
Nun führen die Blutadern das Blut wieder nach dem Herzen zurükke, folglich müssen sie es anders woher bekommen haben. Sie haben es aber weder von den Flieswassergefässen, noch von den einhauchenden her be- kommen, denn die Feuchtigkeit, welche diese führen, ist kein Blut (t), folglich müssen es ihnen die Schlagadern mitgetheilt haben, als welche nicht nur Blut führen, son- dern auch mit den Blutadern in einem Stükke fort- laufen.
Ferner,
(s)[Spaltenumbruch]
Jm II. Buch, I. Abschnitt, N. 29.
(t)[Spaltenumbruch]
Jm II. Buch, II. Abschn. N. 22. 23. 24. 25.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
gebracht wird; wenn dieſe kleinen Aeſte mit den kleinſten Wurzeln der Blutadern in einem Stuͤk fortgehen; wenn die Blutadern das Blut dem Herzen wieder zufuͤhren: ſo iſt, allem Anſehen nach, ſolchergeſtalt der ganze Blut- lauf vom Herzen durch die Schlagadern, und durch die Blutadern wieder zum Herzen deutlich erwieſen. Und doch muß man allerdings, weil es eine Sache von aͤuſ- ſerſter Wichtigkeit iſt, auch die uͤbrigen Beweiſe nicht weglaſſen, welche dieſe Grundſaͤule der mediciniſchen Theo- rie unterſtuͤzzen.
Es ſcheinet demnach eine kurze Betrachtung uns den Weg zur Erkenntniß der Warheit zu bahnen. Wenn das Blut durch die Schlagadern nach ihren lezten Endi- gungen geſchwinde hingetrieben wird, ſo muß daſſelbe in andre Gefaͤſſe dringen: dringet es nicht in dieſelben hin- ein, ſo muß es ſtille ſtehen, ſich anhaͤufen, und die Ge- faͤſſe ausdehnen und zerreiſſen. Es ergießt ſich aber nicht in die Flieswaſſergefaͤſſe, in die ausduͤnſtende Gefaͤſſe, oder in die Auswurfsgaͤnge, denn die in denenſelben be- findliche Feuchtigkeiten ſind von dem Blute unterſchie- den (s); folglich bleibt nichts weiter uͤbrig, als daß es ſich in die Blutadern hineinbegiebt.
Nun fuͤhren die Blutadern das Blut wieder nach dem Herzen zuruͤkke, folglich muͤſſen ſie es anders woher bekommen haben. Sie haben es aber weder von den Flieswaſſergefaͤſſen, noch von den einhauchenden her be- kommen, denn die Feuchtigkeit, welche dieſe fuͤhren, iſt kein Blut (t), folglich muͤſſen es ihnen die Schlagadern mitgetheilt haben, als welche nicht nur Blut fuͤhren, ſon- dern auch mit den Blutadern in einem Stuͤkke fort- laufen.
Ferner,
(s)[Spaltenumbruch]
Jm II. Buch, I. Abſchnitt, N. 29.
(t)[Spaltenumbruch]
Jm II. Buch, II. Abſchn. N. 22. 23. 24. 25.
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Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes
gebracht wird; wenn dieſe kleinen Aeſte mit den kleinſten
Wurzeln der Blutadern in einem Stuͤk fortgehen; wenn
die Blutadern das Blut dem Herzen wieder zufuͤhren: ſo
iſt, allem Anſehen nach, ſolchergeſtalt der ganze Blut-
lauf vom Herzen durch die Schlagadern, und durch die
Blutadern wieder zum Herzen deutlich erwieſen. Und
doch muß man allerdings, weil es eine Sache von aͤuſ-
ſerſter Wichtigkeit iſt, auch die uͤbrigen Beweiſe nicht
weglaſſen, welche dieſe Grundſaͤule der mediciniſchen Theo-
rie unterſtuͤzzen.
Es ſcheinet demnach eine kurze Betrachtung uns den
Weg zur Erkenntniß der Warheit zu bahnen. Wenn
das Blut durch die Schlagadern nach ihren lezten Endi-
gungen geſchwinde hingetrieben wird, ſo muß daſſelbe in
andre Gefaͤſſe dringen: dringet es nicht in dieſelben hin-
ein, ſo muß es ſtille ſtehen, ſich anhaͤufen, und die Ge-
faͤſſe ausdehnen und zerreiſſen. Es ergießt ſich aber nicht
in die Flieswaſſergefaͤſſe, in die ausduͤnſtende Gefaͤſſe,
oder in die Auswurfsgaͤnge, denn die in denenſelben be-
findliche Feuchtigkeiten ſind von dem Blute unterſchie-
den (s); folglich bleibt nichts weiter uͤbrig, als daß es
ſich in die Blutadern hineinbegiebt.
Nun fuͤhren die Blutadern das Blut wieder nach
dem Herzen zuruͤkke, folglich muͤſſen ſie es anders woher
bekommen haben. Sie haben es aber weder von den
Flieswaſſergefaͤſſen, noch von den einhauchenden her be-
kommen, denn die Feuchtigkeit, welche dieſe fuͤhren, iſt
kein Blut (t), folglich muͤſſen es ihnen die Schlagadern
mitgetheilt haben, als welche nicht nur Blut fuͤhren, ſon-
dern auch mit den Blutadern in einem Stuͤkke fort-
laufen.
Ferner,
(s)
Jm II. Buch, I. Abſchnitt,
N. 29.
(t)
Jm II. Buch, II. Abſchn.
N. 22. 23. 24. 25.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/468>, abgerufen am 22.11.2024.
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