Es sind also, in Ansehung dieses auf eben die Wei- se, wie in denen Blutadern, erfolgenden Laufs des Flies- wassers, alle Zergliederer nicht nur anjezo gleicher Mei- nung, sondern auch ehedem darinnen einstimmig gewe- sen, daß daher der einzige Ludwig de Bils das Gegentheil davon behauptet hat. Er war von adelichen Geschlecht, und Stadtschultheis zu Ardenburg in dem holländischen Flandern, übrigens ein ganz ausserordentlicher Liebha- ber der Zergliederungskunst, und kein ungeschikter Zer- leger, der lebendige Thiere ohne Blutvergiessung zu öf- nen (h), und menschliche Körper ungleich länger zu er- halten wuste, als man sich von der Geschiklichkeit derer Zer- gliederer des damaligen Jahrhunderts versprechen konn- te (i); und diese Kunst hat auch der sonst nicht eben gar zu billig denkende Johann van Horne so hoch gehalten, daß er sich grosse Mühe gab, die geheime Zubereitung des Bilsischen Balsams zu erlangen (k), sich auch da- neben berühmte, daß er die besondere Handgriffe dieses Mannes mit einem Silber-Service erkauft hätte (l). Er hat aber mit diesen besondern Gaben des Verstandes kei- ne Gelehrsamkeit verbunden (m), welches auch ohne Zweifel der Hauptquell von allen seinen Jrrthümern, und von seinem Eigensinne war.
Es
(h)[Spaltenumbruch]bils Gebruyk van de Gyl- buys, S. 11. wobei zugleich ein Zeugnis befindlich ist.
(i) Er überlies selbige der Aea- demie zu Löwen vor 22000 Gulden Epist. ad T. Andr.
(k)[Spaltenumbruch]I. v. horne Waarschouwing S. 31.
(l) Ebendaselbst S. 14.
(m) Er verstand kaum die Na- men derer Theile des Körpers. graanen de homine, S. 119.
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
§. 5. Des Bilſius gegenſeitige Meinung hiervon.
Es ſind alſo, in Anſehung dieſes auf eben die Wei- ſe, wie in denen Blutadern, erfolgenden Laufs des Flies- waſſers, alle Zergliederer nicht nur anjezo gleicher Mei- nung, ſondern auch ehedem darinnen einſtimmig gewe- ſen, daß daher der einzige Ludwig de Bils das Gegentheil davon behauptet hat. Er war von adelichen Geſchlecht, und Stadtſchultheis zu Ardenburg in dem hollaͤndiſchen Flandern, uͤbrigens ein ganz auſſerordentlicher Liebha- ber der Zergliederungskunſt, und kein ungeſchikter Zer- leger, der lebendige Thiere ohne Blutvergieſſung zu oͤf- nen (h), und menſchliche Koͤrper ungleich laͤnger zu er- halten wuſte, als man ſich von der Geſchiklichkeit derer Zer- gliederer des damaligen Jahrhunderts verſprechen konn- te (i); und dieſe Kunſt hat auch der ſonſt nicht eben gar zu billig denkende Johann van Horne ſo hoch gehalten, daß er ſich groſſe Muͤhe gab, die geheime Zubereitung des Bilſiſchen Balſams zu erlangen (k), ſich auch da- neben beruͤhmte, daß er die beſondere Handgriffe dieſes Mannes mit einem Silber-Service erkauft haͤtte (l). Er hat aber mit dieſen beſondern Gaben des Verſtandes kei- ne Gelehrſamkeit verbunden (m), welches auch ohne Zweifel der Hauptquell von allen ſeinen Jrrthuͤmern, und von ſeinem Eigenſinne war.
Es
(h)[Spaltenumbruch]bils Gebruyk van de Gyl- buys, S. 11. wobei zugleich ein Zeugnis befindlich iſt.
(i) Er uͤberlies ſelbige der Aea- demie zu Loͤwen vor 22000 Gulden Epiſt. ad T. Andr.
(k)[Spaltenumbruch]I. v. horne Waarſchouwing S. 31.
(l) Ebendaſelbſt S. 14.
(m) Er verſtand kaum die Na- men derer Theile des Koͤrpers. graanen de homine, S. 119.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0538"n="482"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 5.<lb/>
Des Bilſius gegenſeitige Meinung<lb/>
hiervon.</head><lb/><p>Es ſind alſo, in Anſehung dieſes auf eben die Wei-<lb/>ſe, wie in denen Blutadern, erfolgenden Laufs des Flies-<lb/>
waſſers, alle Zergliederer nicht nur anjezo gleicher Mei-<lb/>
nung, ſondern auch ehedem darinnen einſtimmig gewe-<lb/>ſen, daß daher der einzige Ludwig de <hirendition="#fr">Bils</hi> das Gegentheil<lb/>
davon behauptet hat. Er war von adelichen Geſchlecht,<lb/>
und Stadtſchultheis zu Ardenburg in dem hollaͤndiſchen<lb/>
Flandern, uͤbrigens ein ganz auſſerordentlicher Liebha-<lb/>
ber der Zergliederungskunſt, und kein ungeſchikter Zer-<lb/>
leger, der lebendige Thiere ohne Blutvergieſſung zu oͤf-<lb/>
nen <noteplace="foot"n="(h)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#k">bils</hi> Gebruyk van de Gyl-<lb/>
buys,</hi> S. 11. wobei zugleich ein<lb/>
Zeugnis befindlich iſt.</note>, und menſchliche Koͤrper ungleich laͤnger zu er-<lb/>
halten wuſte, als man ſich von der Geſchiklichkeit derer Zer-<lb/>
gliederer des damaligen Jahrhunderts verſprechen konn-<lb/>
te <noteplace="foot"n="(i)">Er uͤberlies ſelbige der Aea-<lb/>
demie zu Loͤwen vor 22000 Gulden<lb/><hirendition="#aq">Epiſt. ad T. Andr.</hi></note>; und dieſe Kunſt hat auch der ſonſt nicht eben gar<lb/>
zu billig denkende Johann van <hirendition="#fr">Horne</hi>ſo hoch gehalten,<lb/>
daß er ſich groſſe Muͤhe gab, die geheime Zubereitung<lb/>
des <hirendition="#fr">Bilſiſchen</hi> Balſams zu erlangen <noteplace="foot"n="(k)"><cb/><hirendition="#aq">I. v. <hirendition="#k">horne</hi> Waarſchouwing</hi><lb/>
S. 31.</note>, ſich auch da-<lb/>
neben beruͤhmte, daß er die beſondere Handgriffe dieſes<lb/>
Mannes mit einem Silber-Service erkauft haͤtte <noteplace="foot"n="(l)">Ebendaſelbſt S. 14.</note>. Er<lb/>
hat aber mit dieſen beſondern Gaben des Verſtandes kei-<lb/>
ne Gelehrſamkeit verbunden <noteplace="foot"n="(m)">Er verſtand kaum die Na-<lb/>
men derer Theile des Koͤrpers.<lb/><hirendition="#aq"><hirendition="#k">graanen</hi> de homine,</hi> S. 119.</note>, welches auch ohne<lb/>
Zweifel der Hauptquell von allen ſeinen Jrrthuͤmern,<lb/>
und von ſeinem Eigenſinne war.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Es</fw><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[482/0538]
Drittes Buch. Der Umlauf des Blutes.
§. 5.
Des Bilſius gegenſeitige Meinung
hiervon.
Es ſind alſo, in Anſehung dieſes auf eben die Wei-
ſe, wie in denen Blutadern, erfolgenden Laufs des Flies-
waſſers, alle Zergliederer nicht nur anjezo gleicher Mei-
nung, ſondern auch ehedem darinnen einſtimmig gewe-
ſen, daß daher der einzige Ludwig de Bils das Gegentheil
davon behauptet hat. Er war von adelichen Geſchlecht,
und Stadtſchultheis zu Ardenburg in dem hollaͤndiſchen
Flandern, uͤbrigens ein ganz auſſerordentlicher Liebha-
ber der Zergliederungskunſt, und kein ungeſchikter Zer-
leger, der lebendige Thiere ohne Blutvergieſſung zu oͤf-
nen (h), und menſchliche Koͤrper ungleich laͤnger zu er-
halten wuſte, als man ſich von der Geſchiklichkeit derer Zer-
gliederer des damaligen Jahrhunderts verſprechen konn-
te (i); und dieſe Kunſt hat auch der ſonſt nicht eben gar
zu billig denkende Johann van Horne ſo hoch gehalten,
daß er ſich groſſe Muͤhe gab, die geheime Zubereitung
des Bilſiſchen Balſams zu erlangen (k), ſich auch da-
neben beruͤhmte, daß er die beſondere Handgriffe dieſes
Mannes mit einem Silber-Service erkauft haͤtte (l). Er
hat aber mit dieſen beſondern Gaben des Verſtandes kei-
ne Gelehrſamkeit verbunden (m), welches auch ohne
Zweifel der Hauptquell von allen ſeinen Jrrthuͤmern,
und von ſeinem Eigenſinne war.
Es
(h)
bils Gebruyk van de Gyl-
buys, S. 11. wobei zugleich ein
Zeugnis befindlich iſt.
(i) Er uͤberlies ſelbige der Aea-
demie zu Loͤwen vor 22000 Gulden
Epiſt. ad T. Andr.
(k)
I. v. horne Waarſchouwing
S. 31.
(l) Ebendaſelbſt S. 14.
(m) Er verſtand kaum die Na-
men derer Theile des Koͤrpers.
graanen de homine, S. 119.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 482. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/538>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.