Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.Viertes Buch. Das Herz. aus der Brust ist herausgenommen worden, stark auf-bläset, so ziehet sie sich um den ganzen Herzbeutel herum, und verdekket ihn gänzlich, oder lässet nur den unteren kleinsten nebst dem mittleren und vordern Theil desselben frei liegen. Ja man hat auch gefunden, daß wenn die Lunge nach dem Tode gleich überall an der Ribbenhaut angewachsen gewesen, sie dennoch zwischen dem Herzbeu- tel und dem Brustbein gelegen, daß dieser Sak nirgends den Brustknochen berühren können (s). Jn todten Körpern siehet man aber gemeiniglich, wenn die Hand des Zerlegers alles in seiner Lage gelassen hat, und keine Luft in die Lunge ist geblasen worden, daß sich der zur rechten Seite befindliche Lungenlappen dergestalt vom Herzen zurükke ziehet, daß nicht nur die Spizze des rech- ten Herzohres, sondern auch die rechte und vordere Sei- te des Herzens blos zu sehen sind. Dieses ist die Be- schreibung, die man gemeiniglich davon giebt (t), wie- wohl man oft ein gar zu grosses Stük vom Herzen blos vorstellet (u), welches nur alsdenn zum Vorschein kommt, wenn die Luft, welche in die Höle der geöfneten Brust eingedrungen ist, die Lunge zusammengedrükt und gegen den Rükken zurükgetrieben hat. Man kann auch nicht mit Warheit sagen, daß das entblösete Herz an die Rib- ben anschlage (x), und daß der linke Lungenlappen für die Spizze des Herzens gleichsam ausgehölet sey (y). Denn da die Lunge bei einem lebendigen Menschen jeder- zeit die ganze Brust ausfüllt, so muß man den Herz- beutel so beschreiben, wie er beschaffen ist, wenn sich die Lunge, indem sie von allem Zugange der äussern Luft befreiet ist, in der Brust ausdehnet. §. 13. (s) [Spaltenumbruch]
Opusc. patholog. obs. 16. (t) Siehe z. E. den gelehrten Ioh. astrve über den Saz: Ergo ex anatomia subtiliori ars medica certior. (u) Wie z. E. vom vesalivs L. [Spaltenumbruch] VI. f. 2. und evstachivs T. XVI. f. I. geschehen. (x) barbavt Splanchnologie S. 240. (y) disdier Splanchnologie T.
II. S. 60 Viertes Buch. Das Herz. aus der Bruſt iſt herausgenommen worden, ſtark auf-blaͤſet, ſo ziehet ſie ſich um den ganzen Herzbeutel herum, und verdekket ihn gaͤnzlich, oder laͤſſet nur den unteren kleinſten nebſt dem mittleren und vordern Theil deſſelben frei liegen. Ja man hat auch gefunden, daß wenn die Lunge nach dem Tode gleich uͤberall an der Ribbenhaut angewachſen geweſen, ſie dennoch zwiſchen dem Herzbeu- tel und dem Bruſtbein gelegen, daß dieſer Sak nirgends den Bruſtknochen beruͤhren koͤnnen (s). Jn todten Koͤrpern ſiehet man aber gemeiniglich, wenn die Hand des Zerlegers alles in ſeiner Lage gelaſſen hat, und keine Luft in die Lunge iſt geblaſen worden, daß ſich der zur rechten Seite befindliche Lungenlappen dergeſtalt vom Herzen zuruͤkke ziehet, daß nicht nur die Spizze des rech- ten Herzohres, ſondern auch die rechte und vordere Sei- te des Herzens blos zu ſehen ſind. Dieſes iſt die Be- ſchreibung, die man gemeiniglich davon giebt (t), wie- wohl man oft ein gar zu groſſes Stuͤk vom Herzen blos vorſtellet (u), welches nur alsdenn zum Vorſchein kommt, wenn die Luft, welche in die Hoͤle der geoͤfneten Bruſt eingedrungen iſt, die Lunge zuſammengedruͤkt und gegen den Ruͤkken zuruͤkgetrieben hat. Man kann auch nicht mit Warheit ſagen, daß das entbloͤſete Herz an die Rib- ben anſchlage (x), und daß der linke Lungenlappen fuͤr die Spizze des Herzens gleichſam ausgehoͤlet ſey (y). Denn da die Lunge bei einem lebendigen Menſchen jeder- zeit die ganze Bruſt ausfuͤllt, ſo muß man den Herz- beutel ſo beſchreiben, wie er beſchaffen iſt, wenn ſich die Lunge, indem ſie von allem Zugange der aͤuſſern Luft befreiet iſt, in der Bruſt ausdehnet. §. 13. (s) [Spaltenumbruch]
Opuſc. patholog. obſ. 16. (t) Siehe z. E. den gelehrten Ioh. astrve uͤber den Saz: Ergo ex anatomia ſubtiliori ars medica certior. (u) Wie z. E. vom vesalivs L. [Spaltenumbruch] VI. f. 2. und evstachivs T. XVI. f. I. geſchehen. (x) barbavt Splanchnologie S. 240. (y) disdier Splanchnologie T.
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Viertes Buch. Das Herz.
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und verdekket ihn gaͤnzlich, oder laͤſſet nur den unteren
kleinſten nebſt dem mittleren und vordern Theil deſſelben
frei liegen. Ja man hat auch gefunden, daß wenn die
Lunge nach dem Tode gleich uͤberall an der Ribbenhaut
angewachſen geweſen, ſie dennoch zwiſchen dem Herzbeu-
tel und dem Bruſtbein gelegen, daß dieſer Sak nirgends
den Bruſtknochen beruͤhren koͤnnen (s). Jn todten
Koͤrpern ſiehet man aber gemeiniglich, wenn die Hand
des Zerlegers alles in ſeiner Lage gelaſſen hat, und keine
Luft in die Lunge iſt geblaſen worden, daß ſich der zur
rechten Seite befindliche Lungenlappen dergeſtalt vom
Herzen zuruͤkke ziehet, daß nicht nur die Spizze des rech-
ten Herzohres, ſondern auch die rechte und vordere Sei-
te des Herzens blos zu ſehen ſind. Dieſes iſt die Be-
ſchreibung, die man gemeiniglich davon giebt (t), wie-
wohl man oft ein gar zu groſſes Stuͤk vom Herzen blos
vorſtellet (u), welches nur alsdenn zum Vorſchein kommt,
wenn die Luft, welche in die Hoͤle der geoͤfneten Bruſt
eingedrungen iſt, die Lunge zuſammengedruͤkt und gegen
den Ruͤkken zuruͤkgetrieben hat. Man kann auch nicht
mit Warheit ſagen, daß das entbloͤſete Herz an die Rib-
ben anſchlage (x), und daß der linke Lungenlappen fuͤr
die Spizze des Herzens gleichſam ausgehoͤlet ſey (y).
Denn da die Lunge bei einem lebendigen Menſchen jeder-
zeit die ganze Bruſt ausfuͤllt, ſo muß man den Herz-
beutel ſo beſchreiben, wie er beſchaffen iſt, wenn ſich die
Lunge, indem ſie von allem Zugange der aͤuſſern Luft
befreiet iſt, in der Bruſt ausdehnet.
§. 13.
(s)
Opuſc. patholog. obſ. 16.
(t) Siehe z. E. den gelehrten
Ioh. astrve uͤber den Saz: Ergo
ex anatomia ſubtiliori ars medica
certior.
(u) Wie z. E. vom vesalivs L.
VI. f. 2. und evstachivs T. XVI.
f. I. geſchehen.
(x) barbavt Splanchnologie
S. 240.
(y) disdier Splanchnologie T.
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