kommen gleichender Saft aus den Schlagadern selbst, ohne ein anderes dazwischen kommendes Werkzeug, her- vordringt, so scheinet es in der That eine unbedachtsame Curiosität zu seyn, wenn man aus einer blosen Muth- massung solche Quellen angibt, von welchen man gar nichts ähnliches im Herzbeutel jemals gefunden hat.
Man siehet demnach, so bald man an einem lebendi- gen Thiere das Herz von dem Herzbeutel entblöset hat, daß überhaupt sowol vom ganzen Herzen, als vom Herz- beutel, ein Rauch aufsteiget, dergleichen auch das noch warme Darmfell, das Ribbenfell, und die harte Ge- hirnhaut von sich geben, und es ist bekannt, daß derselbe endlich zu Wasser wird. Eben diesen Versuch haben auch andre berühmte Männer angestellt (n). Bedekt man an einem lebendigen Thiere das Herz mit einem lei- nen Tuch, so siehet man bald darauf, daß dasselbe naß wird (o).
Hier kann demnach die Kunst allerdings die Natur nachahmen. Denn wenn man ein mit Safran gefärb- tes Wasser, oder in schwachen Kornbranntweine aufge- lösete Hausenblase mittelst der Sprizze in die Kranzschlag- adern des Herzens treibt (p), so wird das hineingesprizzte Wasser oder die Gallerte, welche man dazu genommen, al- lenthalben ganz deutlich aus den kleinsten, und dem schärf- sten Auge vorher verborgenen kleinen Oefnungen (pori) des Herzens, seiner beiden Ohren, des Herzbeutels, und der grossen Gefässe herausschwizzen, und sich in Tropfen sammlen. Hieraus erhellet also, daß das Herzbeutel- wasser aus eben dem Quell hervorkomme, woraus sonst die übrigen Dämpfe, welche die grossen Hölen des Kör-
pers
(n)[Spaltenumbruch]kaauw. n. 539. 541. 542. 668. 669. 670. Senac am angef. Ort S. 267. stenzel de Steatom. aortae.
(o)[Spaltenumbruch]Stenzel ebendas.
(p) Eben diesen Versuch mach- te der vortrefliche Kaauw an an- gef. Ort n. 552. 690. 691. 692.
N n 2
Die Bekleidungen deſſelben.
kommen gleichender Saft aus den Schlagadern ſelbſt, ohne ein anderes dazwiſchen kommendes Werkzeug, her- vordringt, ſo ſcheinet es in der That eine unbedachtſame Curioſitaͤt zu ſeyn, wenn man aus einer bloſen Muth- maſſung ſolche Quellen angibt, von welchen man gar nichts aͤhnliches im Herzbeutel jemals gefunden hat.
Man ſiehet demnach, ſo bald man an einem lebendi- gen Thiere das Herz von dem Herzbeutel entbloͤſet hat, daß uͤberhaupt ſowol vom ganzen Herzen, als vom Herz- beutel, ein Rauch aufſteiget, dergleichen auch das noch warme Darmfell, das Ribbenfell, und die harte Ge- hirnhaut von ſich geben, und es iſt bekannt, daß derſelbe endlich zu Waſſer wird. Eben dieſen Verſuch haben auch andre beruͤhmte Maͤnner angeſtellt (n). Bedekt man an einem lebendigen Thiere das Herz mit einem lei- nen Tuch, ſo ſiehet man bald darauf, daß daſſelbe naß wird (o).
Hier kann demnach die Kunſt allerdings die Natur nachahmen. Denn wenn man ein mit Safran gefaͤrb- tes Waſſer, oder in ſchwachen Kornbranntweine aufge- loͤſete Hauſenblaſe mittelſt der Sprizze in die Kranzſchlag- adern des Herzens treibt (p), ſo wird das hineingeſprizzte Waſſer oder die Gallerte, welche man dazu genommen, al- lenthalben ganz deutlich aus den kleinſten, und dem ſchaͤrf- ſten Auge vorher verborgenen kleinen Oefnungen (pori) des Herzens, ſeiner beiden Ohren, des Herzbeutels, und der groſſen Gefaͤſſe herausſchwizzen, und ſich in Tropfen ſammlen. Hieraus erhellet alſo, daß das Herzbeutel- waſſer aus eben dem Quell hervorkomme, woraus ſonſt die uͤbrigen Daͤmpfe, welche die groſſen Hoͤlen des Koͤr-
pers
(n)[Spaltenumbruch]kaauw. n. 539. 541. 542. 668. 669. 670. Senac am angef. Ort S. 267. stenzel de Steatom. aortae.
(o)[Spaltenumbruch]Stenzel ebendaſ.
(p) Eben dieſen Verſuch mach- te der vortrefliche Kaauw an an- gef. Ort n. 552. 690. 691. 692.
N n 2
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Die Bekleidungen deſſelben.
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ohne ein anderes dazwiſchen kommendes Werkzeug, her-
vordringt, ſo ſcheinet es in der That eine unbedachtſame
Curioſitaͤt zu ſeyn, wenn man aus einer bloſen Muth-
maſſung ſolche Quellen angibt, von welchen man gar
nichts aͤhnliches im Herzbeutel jemals gefunden hat.
Man ſiehet demnach, ſo bald man an einem lebendi-
gen Thiere das Herz von dem Herzbeutel entbloͤſet hat,
daß uͤberhaupt ſowol vom ganzen Herzen, als vom Herz-
beutel, ein Rauch aufſteiget, dergleichen auch das noch
warme Darmfell, das Ribbenfell, und die harte Ge-
hirnhaut von ſich geben, und es iſt bekannt, daß derſelbe
endlich zu Waſſer wird. Eben dieſen Verſuch haben
auch andre beruͤhmte Maͤnner angeſtellt (n). Bedekt
man an einem lebendigen Thiere das Herz mit einem lei-
nen Tuch, ſo ſiehet man bald darauf, daß daſſelbe naß
wird (o).
Hier kann demnach die Kunſt allerdings die Natur
nachahmen. Denn wenn man ein mit Safran gefaͤrb-
tes Waſſer, oder in ſchwachen Kornbranntweine aufge-
loͤſete Hauſenblaſe mittelſt der Sprizze in die Kranzſchlag-
adern des Herzens treibt (p), ſo wird das hineingeſprizzte
Waſſer oder die Gallerte, welche man dazu genommen, al-
lenthalben ganz deutlich aus den kleinſten, und dem ſchaͤrf-
ſten Auge vorher verborgenen kleinen Oefnungen (pori)
des Herzens, ſeiner beiden Ohren, des Herzbeutels, und
der groſſen Gefaͤſſe herausſchwizzen, und ſich in Tropfen
ſammlen. Hieraus erhellet alſo, daß das Herzbeutel-
waſſer aus eben dem Quell hervorkomme, woraus ſonſt
die uͤbrigen Daͤmpfe, welche die groſſen Hoͤlen des Koͤr-
pers
(n)
kaauw. n. 539. 541. 542. 668.
669. 670. Senac am angef. Ort
S. 267. stenzel de Steatom.
aortae.
(o)
Stenzel ebendaſ.
(p) Eben dieſen Verſuch mach-
te der vortrefliche Kaauw an an-
gef. Ort n. 552. 690. 691. 692.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/619>, abgerufen am 22.11.2024.
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