die ebene oder platte Fläche desselben (z), welche Ausdrükke J. B. Winslow mit gutem Nuzzen zuerst angegeben hat. Eben diese äusserliche Beschaffenhei- ten waren dem berühmten Fr. Ruysch bereits bekannt (a), nur hatte er dabey die unrichtige Meinung, daß dieselbe einzig und allein bei starken Personen wahrgenommen würden.
Wie aber die Natur überhaupt in dem menschlichen Körper fast niemals sich nach völlig regulairen Figuren gerichtet hat, so findet man auch an diesen Flächen kei- ne vollkommne Gleichheit von einem Kegelschnitte. Denn die obere Fläche des Herzens stellet zwar so ziemlich die längliche Rundung eines Kegels vor, die sich in eine dünne Spizze ziehet, deren eine Helfte man auf der er- habenen, und die andere auf der flachen Seite des Her- zens sehr deutlich siehet. Hiernächst schliesset sich sowol auf der obern, als auch noch mehr auf der untern flachen Seite, eine niederwärts gedrukte Linie an diejenige längliche Rundung, wo die grossen Gefässe aus dem Her- zen herausgehen, und wodurch das Herz in zweene Thei- le abgetheilet wird.
Hingegen ist der vordre und zugleich niedrigere Theil vom Herzen nicht so erhaben; an der obern Fläche aber, welche beinahe platt ist, verengert er sich vorwärts in ei- ne Schärfe, welche auf der Unterfläche die andre gleich- falls geradlinige Oberfläche des Herzens abschneidet. Die- ser Winkel ist sehr spizzig. Will man derowegen die Ge- stalt des Herzens, welche von dem Kegelschnitte entsteht, genaner untersuchen, so wird man einen Zirkel bekom- men, aus dessen Umfange die zween Tangenten gezogen werden, darunter der eine, der mit dem Horizonte pa-
rallel
(z)[Spaltenumbruch]Expos. n. 77.
(a)RuyschTnes. IV. n. 96. Jn [Spaltenumbruch]T. III. f. 1. stellet er die flache Sei- te, und f. 2. die erhabene vor.
Viertes Buch. Das Herz.
die ebene oder platte Flaͤche deſſelben (z), welche Ausdruͤkke J. B. Winslow mit gutem Nuzzen zuerſt angegeben hat. Eben dieſe aͤuſſerliche Beſchaffenhei- ten waren dem beruͤhmten Fr. Ruyſch bereits bekannt (a), nur hatte er dabey die unrichtige Meinung, daß dieſelbe einzig und allein bei ſtarken Perſonen wahrgenommen wuͤrden.
Wie aber die Natur uͤberhaupt in dem menſchlichen Koͤrper faſt niemals ſich nach voͤllig regulairen Figuren gerichtet hat, ſo findet man auch an dieſen Flaͤchen kei- ne vollkommne Gleichheit von einem Kegelſchnitte. Denn die obere Flaͤche des Herzens ſtellet zwar ſo ziemlich die laͤngliche Rundung eines Kegels vor, die ſich in eine duͤnne Spizze ziehet, deren eine Helfte man auf der er- habenen, und die andere auf der flachen Seite des Her- zens ſehr deutlich ſiehet. Hiernaͤchſt ſchlieſſet ſich ſowol auf der obern, als auch noch mehr auf der untern flachen Seite, eine niederwaͤrts gedrukte Linie an diejenige laͤngliche Rundung, wo die groſſen Gefaͤſſe aus dem Her- zen herausgehen, und wodurch das Herz in zweene Thei- le abgetheilet wird.
Hingegen iſt der vordre und zugleich niedrigere Theil vom Herzen nicht ſo erhaben; an der obern Flaͤche aber, welche beinahe platt iſt, verengert er ſich vorwaͤrts in ei- ne Schaͤrfe, welche auf der Unterflaͤche die andre gleich- falls geradlinige Oberflaͤche des Herzens abſchneidet. Die- ſer Winkel iſt ſehr ſpizzig. Will man derowegen die Ge- ſtalt des Herzens, welche von dem Kegelſchnitte entſteht, genaner unterſuchen, ſo wird man einen Zirkel bekom- men, aus deſſen Umfange die zween Tangenten gezogen werden, darunter der eine, der mit dem Horizonte pa-
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(z)[Spaltenumbruch]Expoſ. n. 77.
(a)RuyſchTneſ. IV. n. 96. Jn [Spaltenumbruch]T. III. f. 1. ſtellet er die flache Sei- te, und f. 2. die erhabene vor.
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Viertes Buch. Das Herz.
die ebene oder platte Flaͤche deſſelben (z), welche
Ausdruͤkke J. B. Winslow mit gutem Nuzzen zuerſt
angegeben hat. Eben dieſe aͤuſſerliche Beſchaffenhei-
ten waren dem beruͤhmten Fr. Ruyſch bereits bekannt (a),
nur hatte er dabey die unrichtige Meinung, daß dieſelbe
einzig und allein bei ſtarken Perſonen wahrgenommen
wuͤrden.
Wie aber die Natur uͤberhaupt in dem menſchlichen
Koͤrper faſt niemals ſich nach voͤllig regulairen Figuren
gerichtet hat, ſo findet man auch an dieſen Flaͤchen kei-
ne vollkommne Gleichheit von einem Kegelſchnitte. Denn
die obere Flaͤche des Herzens ſtellet zwar ſo ziemlich die
laͤngliche Rundung eines Kegels vor, die ſich in eine
duͤnne Spizze ziehet, deren eine Helfte man auf der er-
habenen, und die andere auf der flachen Seite des Her-
zens ſehr deutlich ſiehet. Hiernaͤchſt ſchlieſſet ſich ſowol
auf der obern, als auch noch mehr auf der untern flachen
Seite, eine niederwaͤrts gedrukte Linie an diejenige
laͤngliche Rundung, wo die groſſen Gefaͤſſe aus dem Her-
zen herausgehen, und wodurch das Herz in zweene Thei-
le abgetheilet wird.
Hingegen iſt der vordre und zugleich niedrigere Theil
vom Herzen nicht ſo erhaben; an der obern Flaͤche aber,
welche beinahe platt iſt, verengert er ſich vorwaͤrts in ei-
ne Schaͤrfe, welche auf der Unterflaͤche die andre gleich-
falls geradlinige Oberflaͤche des Herzens abſchneidet. Die-
ſer Winkel iſt ſehr ſpizzig. Will man derowegen die Ge-
ſtalt des Herzens, welche von dem Kegelſchnitte entſteht,
genaner unterſuchen, ſo wird man einen Zirkel bekom-
men, aus deſſen Umfange die zween Tangenten gezogen
werden, darunter der eine, der mit dem Horizonte pa-
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(z)
Expoſ. n. 77.
(a) Ruyſch Tneſ. IV. n. 96. Jn
T. III. f. 1. ſtellet er die flache Sei-
te, und f. 2. die erhabene vor.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/626>, abgerufen am 22.11.2024.
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