eben dieser Muskel seine Fasern wie Halbmesser in das Herz-Ohr von sich.
Ein dritter Muskel, der zu dem Anhange des Ohres gehöret, fand sich noch in einem andern Leichname; er kam von der Blutader-Mündung der rechten Kammer herauf, lag etwas höher als der vorhergehende, und, nachdem er gerade aufwerts gestiegen, so giengen seine strahligten Fasern in den holen Anhang hinein. Dieser Muskel war hingegen in einem andren todten Körper nicht anzutreffen. Mit diesem, was ich hier angeführt, kann man dasjenige vergleichen, was Vieussens(y) und der vortrefliche Senac(z) von den Fasern des rech- ten Herz-Ohres in ihren Schriften gemeldet haben. Es lassen sich aber solche Sachen schwerlich ohne Zeichnun- gen, oder ohne einen Körper vor sich zu haben, hinläng- lich beschreiben.
Uebrigens wird das Herz-Ohr inwendig von einer zarten und glatten Membrane überkleidet, welche eine Fortsezzung von der inwendigen Dekke des Herzens (a) und der Holader ist: von aussen leget sich um selbiges die äussere Herzbekleidung herum, die vom Herzbeutel ihren Ursprung nimmt. Da aber beide Membranen un- gemein zart sind, und zwischen den Muskelbogen gewisse Zwischenräume übrig bleiben, wo gemeiniglich, ausser diesen Membranen, der Ausdehnungskraft des Blutes gar nichts einigen Widerstand thun kann, und wo das Herz-Ohr, wenn es gegen das Licht gehalten wird, durch- sichtig ist (b), so ersiehet man hieraus, daß sich das rech- te Herz-Ohr ungemein ausdehnen lassen, und endlich gar zerreissen könne. Beiderlei Uebel sind besonders als- denn zu befürchten, wenn einige Hindernis vorhanden
ist,
(y)[Spaltenumbruch]
Am angef. Ort, S. 40.
(z) S. 207. u. s. f.
(a)vievssens de remot. et pro- xim. princip. S. 76.
(b)[Spaltenumbruch]thebesivs de sangu. circul. per cor S. 29. winslow am an- geführten Ort.
Viertes Buch. Das Herz.
eben dieſer Muskel ſeine Faſern wie Halbmeſſer in das Herz-Ohr von ſich.
Ein dritter Muskel, der zu dem Anhange des Ohres gehoͤret, fand ſich noch in einem andern Leichname; er kam von der Blutader-Muͤndung der rechten Kammer herauf, lag etwas hoͤher als der vorhergehende, und, nachdem er gerade aufwerts geſtiegen, ſo giengen ſeine ſtrahligten Faſern in den holen Anhang hinein. Dieſer Muskel war hingegen in einem andren todten Koͤrper nicht anzutreffen. Mit dieſem, was ich hier angefuͤhrt, kann man dasjenige vergleichen, was Vieuſſens(y) und der vortrefliche Senac(z) von den Faſern des rech- ten Herz-Ohres in ihren Schriften gemeldet haben. Es laſſen ſich aber ſolche Sachen ſchwerlich ohne Zeichnun- gen, oder ohne einen Koͤrper vor ſich zu haben, hinlaͤng- lich beſchreiben.
Uebrigens wird das Herz-Ohr inwendig von einer zarten und glatten Membrane uͤberkleidet, welche eine Fortſezzung von der inwendigen Dekke des Herzens (a) und der Holader iſt: von auſſen leget ſich um ſelbiges die aͤuſſere Herzbekleidung herum, die vom Herzbeutel ihren Urſprung nimmt. Da aber beide Membranen un- gemein zart ſind, und zwiſchen den Muskelbogen gewiſſe Zwiſchenraͤume uͤbrig bleiben, wo gemeiniglich, auſſer dieſen Membranen, der Ausdehnungskraft des Blutes gar nichts einigen Widerſtand thun kann, und wo das Herz-Ohr, wenn es gegen das Licht gehalten wird, durch- ſichtig iſt (b), ſo erſiehet man hieraus, daß ſich das rech- te Herz-Ohr ungemein ausdehnen laſſen, und endlich gar zerreiſſen koͤnne. Beiderlei Uebel ſind beſonders als- denn zu befuͤrchten, wenn einige Hindernis vorhanden
iſt,
(y)[Spaltenumbruch]
Am angef. Ort, S. 40.
(z) S. 207. u. ſ. f.
(a)vievssens de remot. et pro- xim. princip. S. 76.
(b)[Spaltenumbruch]thebesivs de ſangu. circul. per cor S. 29. winslow am an- gefuͤhrten Ort.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0650"n="594"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Viertes Buch. Das Herz.</hi></fw><lb/>
eben dieſer Muskel ſeine Faſern wie Halbmeſſer in das<lb/>
Herz-Ohr von ſich.</p><lb/><p>Ein dritter Muskel, der zu dem Anhange des Ohres<lb/>
gehoͤret, fand ſich noch in einem andern Leichname; er<lb/>
kam von der Blutader-Muͤndung der rechten Kammer<lb/>
herauf, lag etwas hoͤher als der vorhergehende, und,<lb/>
nachdem er gerade aufwerts geſtiegen, ſo giengen ſeine<lb/>ſtrahligten Faſern in den holen Anhang hinein. Dieſer<lb/>
Muskel war hingegen in einem andren todten Koͤrper<lb/>
nicht anzutreffen. Mit dieſem, was ich hier angefuͤhrt,<lb/>
kann man dasjenige vergleichen, was <hirendition="#fr">Vieuſſens</hi><noteplace="foot"n="(y)"><cb/>
Am angef. Ort, S. 40.</note><lb/>
und der vortrefliche <hirendition="#fr">Senac</hi><noteplace="foot"n="(z)">S. 207. u. ſ. f.</note> von den Faſern des rech-<lb/>
ten Herz-Ohres in ihren Schriften gemeldet haben. Es<lb/>
laſſen ſich aber ſolche Sachen ſchwerlich ohne Zeichnun-<lb/>
gen, oder ohne einen Koͤrper vor ſich zu haben, hinlaͤng-<lb/>
lich beſchreiben.</p><lb/><p>Uebrigens wird das Herz-Ohr inwendig von einer<lb/>
zarten und glatten Membrane uͤberkleidet, welche eine<lb/>
Fortſezzung von der inwendigen Dekke des Herzens <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#k">vievssens</hi> de remot. et pro-<lb/>
xim. princip.</hi> S. 76.</note><lb/>
und der Holader iſt: von auſſen leget ſich um ſelbiges<lb/>
die aͤuſſere Herzbekleidung herum, die vom Herzbeutel<lb/>
ihren Urſprung nimmt. Da aber beide Membranen un-<lb/>
gemein zart ſind, und zwiſchen den Muskelbogen gewiſſe<lb/>
Zwiſchenraͤume uͤbrig bleiben, wo gemeiniglich, auſſer<lb/>
dieſen Membranen, der Ausdehnungskraft des Blutes<lb/>
gar nichts einigen Widerſtand thun kann, und wo das<lb/>
Herz-Ohr, wenn es gegen das Licht gehalten wird, durch-<lb/>ſichtig iſt <noteplace="foot"n="(b)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#k">thebesivs</hi> de ſangu. circul.<lb/>
per cor</hi> S. 29. <hirendition="#aq"><hirendition="#k">winslow</hi></hi> am an-<lb/>
gefuͤhrten Ort.</note>, ſo erſiehet man hieraus, daß ſich das rech-<lb/>
te Herz-Ohr ungemein ausdehnen laſſen, und endlich<lb/>
gar zerreiſſen koͤnne. Beiderlei Uebel ſind beſonders als-<lb/>
denn zu befuͤrchten, wenn einige Hindernis vorhanden<lb/><fwplace="bottom"type="catch">iſt,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[594/0650]
Viertes Buch. Das Herz.
eben dieſer Muskel ſeine Faſern wie Halbmeſſer in das
Herz-Ohr von ſich.
Ein dritter Muskel, der zu dem Anhange des Ohres
gehoͤret, fand ſich noch in einem andern Leichname; er
kam von der Blutader-Muͤndung der rechten Kammer
herauf, lag etwas hoͤher als der vorhergehende, und,
nachdem er gerade aufwerts geſtiegen, ſo giengen ſeine
ſtrahligten Faſern in den holen Anhang hinein. Dieſer
Muskel war hingegen in einem andren todten Koͤrper
nicht anzutreffen. Mit dieſem, was ich hier angefuͤhrt,
kann man dasjenige vergleichen, was Vieuſſens (y)
und der vortrefliche Senac (z) von den Faſern des rech-
ten Herz-Ohres in ihren Schriften gemeldet haben. Es
laſſen ſich aber ſolche Sachen ſchwerlich ohne Zeichnun-
gen, oder ohne einen Koͤrper vor ſich zu haben, hinlaͤng-
lich beſchreiben.
Uebrigens wird das Herz-Ohr inwendig von einer
zarten und glatten Membrane uͤberkleidet, welche eine
Fortſezzung von der inwendigen Dekke des Herzens (a)
und der Holader iſt: von auſſen leget ſich um ſelbiges
die aͤuſſere Herzbekleidung herum, die vom Herzbeutel
ihren Urſprung nimmt. Da aber beide Membranen un-
gemein zart ſind, und zwiſchen den Muskelbogen gewiſſe
Zwiſchenraͤume uͤbrig bleiben, wo gemeiniglich, auſſer
dieſen Membranen, der Ausdehnungskraft des Blutes
gar nichts einigen Widerſtand thun kann, und wo das
Herz-Ohr, wenn es gegen das Licht gehalten wird, durch-
ſichtig iſt (b), ſo erſiehet man hieraus, daß ſich das rech-
te Herz-Ohr ungemein ausdehnen laſſen, und endlich
gar zerreiſſen koͤnne. Beiderlei Uebel ſind beſonders als-
denn zu befuͤrchten, wenn einige Hindernis vorhanden
iſt,
(y)
Am angef. Ort, S. 40.
(z) S. 207. u. ſ. f.
(a) vievssens de remot. et pro-
xim. princip. S. 76.
(b)
thebesivs de ſangu. circul.
per cor S. 29. winslow am an-
gefuͤhrten Ort.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/650>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.