und im Geschlechte der Würmer (d). Jn allen diesen Thieren, wenn sie eine Lunge erhalten haben, gehet den- noch nur eine so kleine Schlagader nach diesem Einge- weide, daß sie nicht grösser ist, als es das Stük Lunge erfordert. So finde ich es in dem Frosche, der ein kaltes Blut führet, ingleichen in den Fischen. Jn diese Schlag- ader kann eben dieselbe Herzkammer das Blut hineintrei- ben, von der es sonst in alle übrige Aortenäste getrieben wird. Bei denen Thieren hingegen, die ein wärmeres Blut haben, gehet eine, mit der Aorte fast gleich grosse, Schlagader in die Lunge; und diese haben deswegen eine besondre Kammer bekommen, welche eine so grosse Blut- masse mit gehöriger Stärke weiter treiben muß. Denn da die Lungenschlagader der Aorte an der Grösse gleich kommt, so scheint es auch nöthig gewesen zu seyn, daß sie ein eigenes Herz habe. Aus der Ursache haben alle diese Thiere, sie mögen vierfüßige, oder Vögel oder Fi- sche von warmen Blute seyn (e), im Herzen zwo Hölen, welche Celsus schon vorlängst mit dem Magen (ventri- culus) verglichen hat (f).
Es ist uns mehr als zuwol bekannt, daß Aristote- les den grossen Thieren drei offenbare Herzkammern, de- nen mittelmäßig grossen zwo, nebst einer dritten etwas undeutlichen, den kleinsten Thieren eine einzige Kammer, nebst zwoen undeutlichen Hölungen (g), beigelegt: ich habe auch an einem andern Orte bei diesem berühmten Schriftsteller gelesen, daß die rechte Kammer die gröste von allen, die linke die kleinste, und die mittlere auch nur mittelmäßig groß sey (h): und daß endlich aus der wei-
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(d)[Spaltenumbruch]
An dem Mies- oder Keil- muschelfische. MeryMemoir. de l'Acad. des sciences 1710. S. 421. an der im Gehäuse befindlichen Schnekke. Listerde Cochleis S. 35. f. 3.
(e)Ed. tyson Anat. phocaenae, [Spaltenumbruch]
S. 30. Collins am angef. Ort, S. 776. Tab. 44. u. s. f.
(f)L. V. c. 1.
(g)Hist. anim. L. III. c. 3. und aus ihm PliniusL. XI. S. 625. Edit. hardvini.
(h)L. I. c. 17.
S s 4
Der Bau des Herzens.
und im Geſchlechte der Wuͤrmer (d). Jn allen dieſen Thieren, wenn ſie eine Lunge erhalten haben, gehet den- noch nur eine ſo kleine Schlagader nach dieſem Einge- weide, daß ſie nicht groͤſſer iſt, als es das Stuͤk Lunge erfordert. So finde ich es in dem Froſche, der ein kaltes Blut fuͤhret, ingleichen in den Fiſchen. Jn dieſe Schlag- ader kann eben dieſelbe Herzkammer das Blut hineintrei- ben, von der es ſonſt in alle uͤbrige Aortenaͤſte getrieben wird. Bei denen Thieren hingegen, die ein waͤrmeres Blut haben, gehet eine, mit der Aorte faſt gleich groſſe, Schlagader in die Lunge; und dieſe haben deswegen eine beſondre Kammer bekommen, welche eine ſo groſſe Blut- maſſe mit gehoͤriger Staͤrke weiter treiben muß. Denn da die Lungenſchlagader der Aorte an der Groͤſſe gleich kommt, ſo ſcheint es auch noͤthig geweſen zu ſeyn, daß ſie ein eigenes Herz habe. Aus der Urſache haben alle dieſe Thiere, ſie moͤgen vierfuͤßige, oder Voͤgel oder Fi- ſche von warmen Blute ſeyn (e), im Herzen zwo Hoͤlen, welche Celſus ſchon vorlaͤngſt mit dem Magen (ventri- culus) verglichen hat (f).
Es iſt uns mehr als zuwol bekannt, daß Ariſtote- les den groſſen Thieren drei offenbare Herzkammern, de- nen mittelmaͤßig groſſen zwo, nebſt einer dritten etwas undeutlichen, den kleinſten Thieren eine einzige Kammer, nebſt zwoen undeutlichen Hoͤlungen (g), beigelegt: ich habe auch an einem andern Orte bei dieſem beruͤhmten Schriftſteller geleſen, daß die rechte Kammer die groͤſte von allen, die linke die kleinſte, und die mittlere auch nur mittelmaͤßig groß ſey (h): und daß endlich aus der wei-
teſten
(d)[Spaltenumbruch]
An dem Mies- oder Keil- muſchelfiſche. MeryMemoir. de l’Acad. des ſciences 1710. S. 421. an der im Gehaͤuſe befindlichen Schnekke. Liſterde Cochleis S. 35. f. 3.
(e)Ed. tyson Anat. phocænæ, [Spaltenumbruch]
S. 30. Collins am angef. Ort, S. 776. Tab. 44. u. ſ. f.
(f)L. V. c. 1.
(g)Hiſt. anim. L. III. c. 3. und aus ihm PliniusL. XI. S. 625. Edit. hardvini.
(h)L. I. c. 17.
S s 4
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Der Bau des Herzens.
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Thieren, wenn ſie eine Lunge erhalten haben, gehet den-
noch nur eine ſo kleine Schlagader nach dieſem Einge-
weide, daß ſie nicht groͤſſer iſt, als es das Stuͤk Lunge
erfordert. So finde ich es in dem Froſche, der ein kaltes
Blut fuͤhret, ingleichen in den Fiſchen. Jn dieſe Schlag-
ader kann eben dieſelbe Herzkammer das Blut hineintrei-
ben, von der es ſonſt in alle uͤbrige Aortenaͤſte getrieben
wird. Bei denen Thieren hingegen, die ein waͤrmeres
Blut haben, gehet eine, mit der Aorte faſt gleich groſſe,
Schlagader in die Lunge; und dieſe haben deswegen eine
beſondre Kammer bekommen, welche eine ſo groſſe Blut-
maſſe mit gehoͤriger Staͤrke weiter treiben muß. Denn
da die Lungenſchlagader der Aorte an der Groͤſſe gleich
kommt, ſo ſcheint es auch noͤthig geweſen zu ſeyn, daß
ſie ein eigenes Herz habe. Aus der Urſache haben alle
dieſe Thiere, ſie moͤgen vierfuͤßige, oder Voͤgel oder Fi-
ſche von warmen Blute ſeyn (e), im Herzen zwo Hoͤlen,
welche Celſus ſchon vorlaͤngſt mit dem Magen (ventri-
culus) verglichen hat (f).
Es iſt uns mehr als zuwol bekannt, daß Ariſtote-
les den groſſen Thieren drei offenbare Herzkammern, de-
nen mittelmaͤßig groſſen zwo, nebſt einer dritten etwas
undeutlichen, den kleinſten Thieren eine einzige Kammer,
nebſt zwoen undeutlichen Hoͤlungen (g), beigelegt: ich
habe auch an einem andern Orte bei dieſem beruͤhmten
Schriftſteller geleſen, daß die rechte Kammer die groͤſte
von allen, die linke die kleinſte, und die mittlere auch nur
mittelmaͤßig groß ſey (h): und daß endlich aus der wei-
teſten
(d)
An dem Mies- oder Keil-
muſchelfiſche. Mery Memoir. de
l’Acad. des ſciences 1710. S. 421.
an der im Gehaͤuſe befindlichen
Schnekke. Liſter de Cochleis S.
35. f. 3.
(e) Ed. tyson Anat. phocænæ,
S. 30. Collins am angef. Ort,
S. 776. Tab. 44. u. ſ. f.
(f) L. V. c. 1.
(g) Hiſt. anim. L. III. c. 3. und
aus ihm Plinius L. XI. S. 625.
Edit. hardvini.
(h) L. I. c. 17.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 647. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/703>, abgerufen am 22.11.2024.
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