Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.Viertes Buch. Das Herz. auf einander folgende Zusammenziehung und Nachlas-sung in allen, auch selbst denen kleinsten Thierchen, deut- lich wahrgenommen (l). Daher hat Gavet ganz un- recht, oder wenigstens nicht mit gehöriger Behutsamkeit vorgegeben (m), daß die Zusammenziehung des Herzens natürlich, die Erweiterung aber auf eine gewaltsame Art geschehe, welches auch Jacob Drake (n), aus frem- der Zergliederer ihren Berichten eben also behaupten woll- te: denn es ist gewiß, daß das Herz von freien Stük- ken, wenn gleich keine fremde Ursache hinzukömmt, in den Zustand seiner Erweiterung übergeht, und in diesem Zustande bleiben würde, wofern nicht ein gewisser Reiz wieder dazu käme und denselben veränderte: so hat auch George Erhard Hamberger (o), ein Mann, der ehe- mals mehr wizzig, als in Versuchen geübt war, eben- falls unrecht, wenn er behauptet, daß das Herz bei ei- nem lebendigen Hunde nicht welk werde, wenn es im Er- weiterungszustande von seiner Anstrengung nachläs- set. Bei dieser Meinung ist nur das einzige wahr, daß sich das Fleisch des Herzens der Erweiterung desselben in so weit widersezt, so wie es sich auch derselben nach dem Tode noch widersezt; denn die Wände dieses holen Mus- kels thun seiner Erweiterung, von der sie ausgedehnt werden, Widerstand, welcher allezeit um so viel grösser ist, je weiter sie auseinander getrieben werden (p). Aus diesem ganz einfachen Versuche folget demnach, daß das Herz, seiner Natur nach, keine Erweiterung, sondern vielmehr die Ruhe suche. §. 2. (l) [Spaltenumbruch]
An der Laus des Karpfen. Baker Employem. for the Mi- croscop. S. 376. an dem radschla- genden Thierchen (animal rotife- rum) S. 279. an dem Thierchen, das Joblot die Wasser-Raupe nennt, Descript. de plusieurs Mi- croscop. T. I. S. 55. (m) [Spaltenumbruch]
Nov. febr. idea S. 143. (n) Anthropograph. L. II. c. 7. (o) Jn der Streitschrift, in der er zeigt: daß die Erweiterung des Herzens nicht vom Blute der Blutadern herrühre, n. 35. (p) Senac T. I. S. 311. 451.
u. f. Viertes Buch. Das Herz. auf einander folgende Zuſammenziehung und Nachlaſ-ſung in allen, auch ſelbſt denen kleinſten Thierchen, deut- lich wahrgenommen (l). Daher hat Gavet ganz un- recht, oder wenigſtens nicht mit gehoͤriger Behutſamkeit vorgegeben (m), daß die Zuſammenziehung des Herzens natuͤrlich, die Erweiterung aber auf eine gewaltſame Art geſchehe, welches auch Jacob Drake (n), aus frem- der Zergliederer ihren Berichten eben alſo behaupten woll- te: denn es iſt gewiß, daß das Herz von freien Stuͤk- ken, wenn gleich keine fremde Urſache hinzukoͤmmt, in den Zuſtand ſeiner Erweiterung uͤbergeht, und in dieſem Zuſtande bleiben wuͤrde, wofern nicht ein gewiſſer Reiz wieder dazu kaͤme und denſelben veraͤnderte: ſo hat auch George Erhard Hamberger (o), ein Mann, der ehe- mals mehr wizzig, als in Verſuchen geuͤbt war, eben- falls unrecht, wenn er behauptet, daß das Herz bei ei- nem lebendigen Hunde nicht welk werde, wenn es im Er- weiterungszuſtande von ſeiner Anſtrengung nachlaͤſ- ſet. Bei dieſer Meinung iſt nur das einzige wahr, daß ſich das Fleiſch des Herzens der Erweiterung deſſelben in ſo weit widerſezt, ſo wie es ſich auch derſelben nach dem Tode noch widerſezt; denn die Waͤnde dieſes holen Mus- kels thun ſeiner Erweiterung, von der ſie ausgedehnt werden, Widerſtand, welcher allezeit um ſo viel groͤſſer iſt, je weiter ſie auseinander getrieben werden (p). Aus dieſem ganz einfachen Verſuche folget demnach, daß das Herz, ſeiner Natur nach, keine Erweiterung, ſondern vielmehr die Ruhe ſuche. §. 2. (l) [Spaltenumbruch]
An der Laus des Karpfen. Baker Employem. for the Mi- croſcop. S. 376. an dem radſchla- genden Thierchen (animal rotife- rum) S. 279. an dem Thierchen, das Joblot die Waſſer-Raupe nennt, Deſcript. de pluſieurs Mi- croſcop. T. I. S. 55. (m) [Spaltenumbruch]
Nov. febr. idea S. 143. (n) Anthropograph. L. II. c. 7. (o) Jn der Streitſchrift, in der er zeigt: daß die Erweiterung des Herzens nicht vom Blute der Blutadern herrühre, n. 35. (p) Senac T. I. S. 311. 451.
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Viertes Buch. Das Herz.
auf einander folgende Zuſammenziehung und Nachlaſ-
ſung in allen, auch ſelbſt denen kleinſten Thierchen, deut-
lich wahrgenommen (l). Daher hat Gavet ganz un-
recht, oder wenigſtens nicht mit gehoͤriger Behutſamkeit
vorgegeben (m), daß die Zuſammenziehung des Herzens
natuͤrlich, die Erweiterung aber auf eine gewaltſame
Art geſchehe, welches auch Jacob Drake (n), aus frem-
der Zergliederer ihren Berichten eben alſo behaupten woll-
te: denn es iſt gewiß, daß das Herz von freien Stuͤk-
ken, wenn gleich keine fremde Urſache hinzukoͤmmt, in
den Zuſtand ſeiner Erweiterung uͤbergeht, und in dieſem
Zuſtande bleiben wuͤrde, wofern nicht ein gewiſſer Reiz
wieder dazu kaͤme und denſelben veraͤnderte: ſo hat auch
George Erhard Hamberger (o), ein Mann, der ehe-
mals mehr wizzig, als in Verſuchen geuͤbt war, eben-
falls unrecht, wenn er behauptet, daß das Herz bei ei-
nem lebendigen Hunde nicht welk werde, wenn es im Er-
weiterungszuſtande von ſeiner Anſtrengung nachlaͤſ-
ſet. Bei dieſer Meinung iſt nur das einzige wahr, daß
ſich das Fleiſch des Herzens der Erweiterung deſſelben in
ſo weit widerſezt, ſo wie es ſich auch derſelben nach dem
Tode noch widerſezt; denn die Waͤnde dieſes holen Mus-
kels thun ſeiner Erweiterung, von der ſie ausgedehnt
werden, Widerſtand, welcher allezeit um ſo viel groͤſſer
iſt, je weiter ſie auseinander getrieben werden (p). Aus
dieſem ganz einfachen Verſuche folget demnach, daß das
Herz, ſeiner Natur nach, keine Erweiterung, ſondern
vielmehr die Ruhe ſuche.
§. 2.
(l)
An der Laus des Karpfen.
Baker Employem. for the Mi-
croſcop. S. 376. an dem radſchla-
genden Thierchen (animal rotife-
rum) S. 279. an dem Thierchen,
das Joblot die Waſſer-Raupe
nennt, Deſcript. de pluſieurs Mi-
croſcop. T. I. S. 55.
(m)
Nov. febr. idea S. 143.
(n) Anthropograph. L. II. c. 7.
(o) Jn der Streitſchrift, in der
er zeigt: daß die Erweiterung
des Herzens nicht vom Blute
der Blutadern herrühre, n. 35.
(p) Senac T. I. S. 311. 451.
u. f.
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