aus der linken Kammer entspringende Lungenblutader, ihres Ursprungs halber, eine Schlagader, und wegen ihres dünnen Gewebes eine Blutader (arteria venosa) (a). Hiernächst leitete man auch das Blut aus der rechten Kammer, durch die kleinen Oefnungen (pori) der Herz- scheidewand (b), in die linke Hölung des Herzens, und behauptete zugleich dabei, daß in dieser Hölung das Blut von dem Lebensgeiste gleichsam beschwängert würde. Jn- dessen hat sich doch dieser Jrrthum nicht überall ausge- breitet, wenigstens blieb Galenus davon befreiet. Denn es war ihm schon so viel bekannt, daß das nährende Blut, durch ein aus der rechten Kammer entspringendes Gefäß, der Lunge zugeführt würde (c), hingegen aber von der Lunge, mittelst eines von dem linken Sinus ab- stammenden Gefässes, der Geist oder die Luft aus der Lunge in die linke Herzkammer gelange (d).
Nachdem nun also schon vorlängst bereits ein Theil der Wahrheit bekannt war, so betrachtete zuerst Michael Servetus(e), aus Villanova gebürtig, und nachher Realdus Columbus(f), die Grösse der Lungenschlag- ader (g), wie wir sie heutiges Tages nennen, und fan- den dieselbe in der That zu weit, als daß sie blos der Lunge die Nahrung zuzuführen bestimmt seyn sollte: und nachdem sie auch die wahre Beschaffenheit derer Klappen genau erkannt hatten, welche zwar die flüßigen Säfte in die linke Kammer durchlassen, aber denenselben die Rük-
(e)L. V. de Trinitate, so 1553. herausgekommen. Man ziehe hie- her die Stelle aus der Lebensbe- schreibung des Servetus, welche von unsrem ehemaligen vortrefli- [Spaltenumbruch]
chen Collegen, dem Mosheim, ist herausgegeben worden, wie auch bei dem wotton of antient & mo- dern learning, S. 212. und den Douglasin Bibliographia anato- mica.
(f) Am angef. Ort L. VII. c. 177.
(g)Servetus, Columbus, ArantiusObs. anat. 33.
D d d
Die Bewegung des Herzens.
aus der linken Kammer entſpringende Lungenblutader, ihres Urſprungs halber, eine Schlagader, und wegen ihres duͤnnen Gewebes eine Blutader (arteria venoſa) (a). Hiernaͤchſt leitete man auch das Blut aus der rechten Kammer, durch die kleinen Oefnungen (pori) der Herz- ſcheidewand (b), in die linke Hoͤlung des Herzens, und behauptete zugleich dabei, daß in dieſer Hoͤlung das Blut von dem Lebensgeiſte gleichſam beſchwaͤngert wuͤrde. Jn- deſſen hat ſich doch dieſer Jrrthum nicht uͤberall ausge- breitet, wenigſtens blieb Galenus davon befreiet. Denn es war ihm ſchon ſo viel bekannt, daß das naͤhrende Blut, durch ein aus der rechten Kammer entſpringendes Gefaͤß, der Lunge zugefuͤhrt wuͤrde (c), hingegen aber von der Lunge, mittelſt eines von dem linken Sinus ab- ſtammenden Gefaͤſſes, der Geiſt oder die Luft aus der Lunge in die linke Herzkammer gelange (d).
Nachdem nun alſo ſchon vorlaͤngſt bereits ein Theil der Wahrheit bekannt war, ſo betrachtete zuerſt Michael Servetus(e), aus Villanova gebuͤrtig, und nachher Realdus Columbus(f), die Groͤſſe der Lungenſchlag- ader (g), wie wir ſie heutiges Tages nennen, und fan- den dieſelbe in der That zu weit, als daß ſie blos der Lunge die Nahrung zuzufuͤhren beſtimmt ſeyn ſollte: und nachdem ſie auch die wahre Beſchaffenheit derer Klappen genau erkannt hatten, welche zwar die fluͤßigen Saͤfte in die linke Kammer durchlaſſen, aber denenſelben die Ruͤk-
(e)L. V. de Trinitate, ſo 1553. herausgekommen. Man ziehe hie- her die Stelle aus der Lebensbe- ſchreibung des Servetus, welche von unſrem ehemaligen vortrefli- [Spaltenumbruch]
chen Collegen, dem Mosheim, iſt herausgegeben worden, wie auch bei dem wotton of antient & mo- dern learning, S. 212. und den Douglasin Bibliographia anato- mica.
(f) Am angef. Ort L. VII. c. 177.
(g)Servetus, Columbus, ArantiusObſ. anat. 33.
D d d
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0841"n="785"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die Bewegung des Herzens.</hi></fw><lb/>
aus der linken Kammer entſpringende Lungenblutader,<lb/>
ihres Urſprungs halber, eine <hirendition="#fr">Schlagader,</hi> und wegen<lb/>
ihres duͤnnen Gewebes eine <hirendition="#fr">Blutader</hi> (<hirendition="#aq">arteria venoſa</hi>) <noteplace="foot"n="(a)"><cb/><hirendition="#fr">Galenus</hi> ebendaſ. <hirendition="#fr">Oriba-<lb/>ſius</hi><hirendition="#aq">de corde.</hi></note>.<lb/>
Hiernaͤchſt leitete man auch das Blut aus der rechten<lb/>
Kammer, durch die kleinen Oefnungen (<hirendition="#aq">pori</hi>) der Herz-<lb/>ſcheidewand <noteplace="foot"n="(b)">Ebenderſ. ebendaſ. <hirendition="#aq">c.</hi> 17.</note>, in die linke Hoͤlung des Herzens, und<lb/>
behauptete zugleich dabei, daß in dieſer Hoͤlung das Blut<lb/>
von dem Lebensgeiſte gleichſam beſchwaͤngert wuͤrde. Jn-<lb/>
deſſen hat ſich doch dieſer Jrrthum nicht uͤberall ausge-<lb/>
breitet, wenigſtens blieb <hirendition="#fr">Galenus</hi> davon befreiet. Denn<lb/>
es war ihm ſchon ſo viel bekannt, daß das naͤhrende<lb/>
Blut, durch ein aus der rechten Kammer entſpringendes<lb/>
Gefaͤß, der Lunge zugefuͤhrt wuͤrde <noteplace="foot"n="(c)">Ebendaſ.</note>, hingegen aber<lb/>
von der Lunge, mittelſt eines von dem linken Sinus ab-<lb/>ſtammenden Gefaͤſſes, der Geiſt oder die Luft aus der<lb/>
Lunge in die linke Herzkammer gelange <noteplace="foot"n="(d)">Ebendaſ. <hirendition="#aq">c.</hi> 10. 14 15. u. f.</note>.</p><lb/><p>Nachdem nun alſo ſchon vorlaͤngſt bereits ein Theil<lb/>
der Wahrheit bekannt war, ſo betrachtete zuerſt Michael<lb/><hirendition="#fr">Servetus</hi><noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq">L. V. de Trinitate,</hi>ſo 1553.<lb/>
herausgekommen. Man ziehe hie-<lb/>
her die Stelle aus der Lebensbe-<lb/>ſchreibung des <hirendition="#fr">Servetus,</hi> welche<lb/>
von unſrem ehemaligen vortrefli-<lb/><cb/>
chen Collegen, dem <hirendition="#fr">Mosheim,</hi> iſt<lb/>
herausgegeben worden, wie auch<lb/>
bei dem <hirendition="#aq"><hirendition="#k">wotton</hi> of antient & mo-<lb/>
dern learning,</hi> S. 212. und den<lb/><hirendition="#fr">Douglas</hi><hirendition="#aq">in Bibliographia anato-<lb/>
mica.</hi></note>, aus Villanova gebuͤrtig, und nachher<lb/>
Realdus <hirendition="#fr">Columbus</hi><noteplace="foot"n="(f)">Am angef. Ort <hirendition="#aq">L. VII. c.</hi> 177.</note>, die Groͤſſe der Lungenſchlag-<lb/>
ader <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#fr">Servetus, Columbus,<lb/>
Arantius</hi><hirendition="#aq">Obſ. anat.</hi> 33.</note>, wie wir ſie heutiges Tages nennen, und fan-<lb/>
den dieſelbe in der That zu weit, als daß ſie blos der<lb/>
Lunge die Nahrung zuzufuͤhren beſtimmt ſeyn ſollte: und<lb/>
nachdem ſie auch die wahre Beſchaffenheit derer Klappen<lb/>
genau erkannt hatten, welche zwar die fluͤßigen Saͤfte in<lb/>
die linke Kammer durchlaſſen, aber denenſelben die Ruͤk-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kehr</fw><lb/><fwplace="bottom"type="sig">D d d</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[785/0841]
Die Bewegung des Herzens.
aus der linken Kammer entſpringende Lungenblutader,
ihres Urſprungs halber, eine Schlagader, und wegen
ihres duͤnnen Gewebes eine Blutader (arteria venoſa) (a).
Hiernaͤchſt leitete man auch das Blut aus der rechten
Kammer, durch die kleinen Oefnungen (pori) der Herz-
ſcheidewand (b), in die linke Hoͤlung des Herzens, und
behauptete zugleich dabei, daß in dieſer Hoͤlung das Blut
von dem Lebensgeiſte gleichſam beſchwaͤngert wuͤrde. Jn-
deſſen hat ſich doch dieſer Jrrthum nicht uͤberall ausge-
breitet, wenigſtens blieb Galenus davon befreiet. Denn
es war ihm ſchon ſo viel bekannt, daß das naͤhrende
Blut, durch ein aus der rechten Kammer entſpringendes
Gefaͤß, der Lunge zugefuͤhrt wuͤrde (c), hingegen aber
von der Lunge, mittelſt eines von dem linken Sinus ab-
ſtammenden Gefaͤſſes, der Geiſt oder die Luft aus der
Lunge in die linke Herzkammer gelange (d).
Nachdem nun alſo ſchon vorlaͤngſt bereits ein Theil
der Wahrheit bekannt war, ſo betrachtete zuerſt Michael
Servetus (e), aus Villanova gebuͤrtig, und nachher
Realdus Columbus (f), die Groͤſſe der Lungenſchlag-
ader (g), wie wir ſie heutiges Tages nennen, und fan-
den dieſelbe in der That zu weit, als daß ſie blos der
Lunge die Nahrung zuzufuͤhren beſtimmt ſeyn ſollte: und
nachdem ſie auch die wahre Beſchaffenheit derer Klappen
genau erkannt hatten, welche zwar die fluͤßigen Saͤfte in
die linke Kammer durchlaſſen, aber denenſelben die Ruͤk-
kehr
(a)
Galenus ebendaſ. Oriba-
ſius de corde.
(b) Ebenderſ. ebendaſ. c. 17.
(c) Ebendaſ.
(d) Ebendaſ. c. 10. 14 15. u. f.
(e) L. V. de Trinitate, ſo 1553.
herausgekommen. Man ziehe hie-
her die Stelle aus der Lebensbe-
ſchreibung des Servetus, welche
von unſrem ehemaligen vortrefli-
chen Collegen, dem Mosheim, iſt
herausgegeben worden, wie auch
bei dem wotton of antient & mo-
dern learning, S. 212. und den
Douglas in Bibliographia anato-
mica.
(f) Am angef. Ort L. VII. c. 177.
(g) Servetus, Columbus,
Arantius Obſ. anat. 33.
D d d
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 785. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/841>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.