Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Bewegung des Herzens.
aus der linken Kammer entspringende Lungenblutader,
ihres Ursprungs halber, eine Schlagader, und wegen
ihres dünnen Gewebes eine Blutader (arteria venosa) (a).
Hiernächst leitete man auch das Blut aus der rechten
Kammer, durch die kleinen Oefnungen (pori) der Herz-
scheidewand (b), in die linke Hölung des Herzens, und
behauptete zugleich dabei, daß in dieser Hölung das Blut
von dem Lebensgeiste gleichsam beschwängert würde. Jn-
dessen hat sich doch dieser Jrrthum nicht überall ausge-
breitet, wenigstens blieb Galenus davon befreiet. Denn
es war ihm schon so viel bekannt, daß das nährende
Blut, durch ein aus der rechten Kammer entspringendes
Gefäß, der Lunge zugeführt würde (c), hingegen aber
von der Lunge, mittelst eines von dem linken Sinus ab-
stammenden Gefässes, der Geist oder die Luft aus der
Lunge in die linke Herzkammer gelange (d).

Nachdem nun also schon vorlängst bereits ein Theil
der Wahrheit bekannt war, so betrachtete zuerst Michael
Servetus (e), aus Villanova gebürtig, und nachher
Realdus Columbus (f), die Grösse der Lungenschlag-
ader (g), wie wir sie heutiges Tages nennen, und fan-
den dieselbe in der That zu weit, als daß sie blos der
Lunge die Nahrung zuzuführen bestimmt seyn sollte: und
nachdem sie auch die wahre Beschaffenheit derer Klappen
genau erkannt hatten, welche zwar die flüßigen Säfte in
die linke Kammer durchlassen, aber denenselben die Rük-

kehr
(a) [Spaltenumbruch] Galenus ebendas. Oriba-
sius
de corde.
(b) Ebenders. ebendas. c. 17.
(c) Ebendas.
(d) Ebendas. c. 10. 14 15. u. f.
(e) L. V. de Trinitate, so 1553.
herausgekommen. Man ziehe hie-
her die Stelle aus der Lebensbe-
schreibung des Servetus, welche
von unsrem ehemaligen vortrefli-
[Spaltenumbruch] chen Collegen, dem Mosheim, ist
herausgegeben worden, wie auch
bei dem wotton of antient & mo-
dern learning,
S. 212. und den
Douglas in Bibliographia anato-
mica.
(f) Am angef. Ort L. VII. c. 177.
(g) Servetus, Columbus,
Arantius
Obs. anat. 33.
D d d

Die Bewegung des Herzens.
aus der linken Kammer entſpringende Lungenblutader,
ihres Urſprungs halber, eine Schlagader, und wegen
ihres duͤnnen Gewebes eine Blutader (arteria venoſa) (a).
Hiernaͤchſt leitete man auch das Blut aus der rechten
Kammer, durch die kleinen Oefnungen (pori) der Herz-
ſcheidewand (b), in die linke Hoͤlung des Herzens, und
behauptete zugleich dabei, daß in dieſer Hoͤlung das Blut
von dem Lebensgeiſte gleichſam beſchwaͤngert wuͤrde. Jn-
deſſen hat ſich doch dieſer Jrrthum nicht uͤberall ausge-
breitet, wenigſtens blieb Galenus davon befreiet. Denn
es war ihm ſchon ſo viel bekannt, daß das naͤhrende
Blut, durch ein aus der rechten Kammer entſpringendes
Gefaͤß, der Lunge zugefuͤhrt wuͤrde (c), hingegen aber
von der Lunge, mittelſt eines von dem linken Sinus ab-
ſtammenden Gefaͤſſes, der Geiſt oder die Luft aus der
Lunge in die linke Herzkammer gelange (d).

Nachdem nun alſo ſchon vorlaͤngſt bereits ein Theil
der Wahrheit bekannt war, ſo betrachtete zuerſt Michael
Servetus (e), aus Villanova gebuͤrtig, und nachher
Realdus Columbus (f), die Groͤſſe der Lungenſchlag-
ader (g), wie wir ſie heutiges Tages nennen, und fan-
den dieſelbe in der That zu weit, als daß ſie blos der
Lunge die Nahrung zuzufuͤhren beſtimmt ſeyn ſollte: und
nachdem ſie auch die wahre Beſchaffenheit derer Klappen
genau erkannt hatten, welche zwar die fluͤßigen Saͤfte in
die linke Kammer durchlaſſen, aber denenſelben die Ruͤk-

kehr
(a) [Spaltenumbruch] Galenus ebendaſ. Oriba-
ſius
de corde.
(b) Ebenderſ. ebendaſ. c. 17.
(c) Ebendaſ.
(d) Ebendaſ. c. 10. 14 15. u. f.
(e) L. V. de Trinitate, ſo 1553.
herausgekommen. Man ziehe hie-
her die Stelle aus der Lebensbe-
ſchreibung des Servetus, welche
von unſrem ehemaligen vortrefli-
[Spaltenumbruch] chen Collegen, dem Mosheim, iſt
herausgegeben worden, wie auch
bei dem wotton of antient & mo-
dern learning,
S. 212. und den
Douglas in Bibliographia anato-
mica.
(f) Am angef. Ort L. VII. c. 177.
(g) Servetus, Columbus,
Arantius
Obſ. anat. 33.
D d d
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0841" n="785"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Bewegung des Herzens.</hi></fw><lb/>
aus der linken Kammer ent&#x017F;pringende Lungenblutader,<lb/>
ihres Ur&#x017F;prungs halber, eine <hi rendition="#fr">Schlagader,</hi> und wegen<lb/>
ihres du&#x0364;nnen Gewebes eine <hi rendition="#fr">Blutader</hi> (<hi rendition="#aq">arteria veno&#x017F;a</hi>) <note place="foot" n="(a)"><cb/><hi rendition="#fr">Galenus</hi> ebenda&#x017F;. <hi rendition="#fr">Oriba-<lb/>
&#x017F;ius</hi> <hi rendition="#aq">de corde.</hi></note>.<lb/>
Hierna&#x0364;ch&#x017F;t leitete man auch das Blut aus der rechten<lb/>
Kammer, durch die kleinen Oefnungen (<hi rendition="#aq">pori</hi>) der Herz-<lb/>
&#x017F;cheidewand <note place="foot" n="(b)">Ebender&#x017F;. ebenda&#x017F;. <hi rendition="#aq">c.</hi> 17.</note>, in die linke Ho&#x0364;lung des Herzens, und<lb/>
behauptete zugleich dabei, daß in die&#x017F;er Ho&#x0364;lung das Blut<lb/>
von dem Lebensgei&#x017F;te gleich&#x017F;am be&#x017F;chwa&#x0364;ngert wu&#x0364;rde. Jn-<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en hat &#x017F;ich doch die&#x017F;er Jrrthum nicht u&#x0364;berall ausge-<lb/>
breitet, wenig&#x017F;tens blieb <hi rendition="#fr">Galenus</hi> davon befreiet. Denn<lb/>
es war ihm &#x017F;chon &#x017F;o viel bekannt, daß das na&#x0364;hrende<lb/>
Blut, durch ein aus der rechten Kammer ent&#x017F;pringendes<lb/>
Gefa&#x0364;ß, der Lunge zugefu&#x0364;hrt wu&#x0364;rde <note place="foot" n="(c)">Ebenda&#x017F;.</note>, hingegen aber<lb/>
von der Lunge, mittel&#x017F;t eines von dem linken Sinus ab-<lb/>
&#x017F;tammenden Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;es, der Gei&#x017F;t oder die Luft aus der<lb/>
Lunge in die linke Herzkammer gelange <note place="foot" n="(d)">Ebenda&#x017F;. <hi rendition="#aq">c.</hi> 10. 14 15. u. f.</note>.</p><lb/>
            <p>Nachdem nun al&#x017F;o &#x017F;chon vorla&#x0364;ng&#x017F;t bereits ein Theil<lb/>
der Wahrheit bekannt war, &#x017F;o betrachtete zuer&#x017F;t Michael<lb/><hi rendition="#fr">Servetus</hi> <note place="foot" n="(e)"><hi rendition="#aq">L. V. de Trinitate,</hi> &#x017F;o 1553.<lb/>
herausgekommen. Man ziehe hie-<lb/>
her die Stelle aus der Lebensbe-<lb/>
&#x017F;chreibung des <hi rendition="#fr">Servetus,</hi> welche<lb/>
von un&#x017F;rem ehemaligen vortrefli-<lb/><cb/>
chen Collegen, dem <hi rendition="#fr">Mosheim,</hi> i&#x017F;t<lb/>
herausgegeben worden, wie auch<lb/>
bei dem <hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">wotton</hi> of antient &amp; mo-<lb/>
dern learning,</hi> S. 212. und den<lb/><hi rendition="#fr">Douglas</hi> <hi rendition="#aq">in Bibliographia anato-<lb/>
mica.</hi></note>, aus Villanova gebu&#x0364;rtig, und nachher<lb/>
Realdus <hi rendition="#fr">Columbus</hi> <note place="foot" n="(f)">Am angef. Ort <hi rendition="#aq">L. VII. c.</hi> 177.</note>, die Gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;e der Lungen&#x017F;chlag-<lb/>
ader <note place="foot" n="(g)"><hi rendition="#fr">Servetus, Columbus,<lb/>
Arantius</hi><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;. anat.</hi> 33.</note>, wie wir &#x017F;ie heutiges Tages nennen, und fan-<lb/>
den die&#x017F;elbe in der That zu weit, als daß &#x017F;ie blos der<lb/>
Lunge die Nahrung zuzufu&#x0364;hren be&#x017F;timmt &#x017F;eyn &#x017F;ollte: und<lb/>
nachdem &#x017F;ie auch die wahre Be&#x017F;chaffenheit derer Klappen<lb/>
genau erkannt hatten, welche zwar die flu&#x0364;ßigen Sa&#x0364;fte in<lb/>
die linke Kammer durchla&#x017F;&#x017F;en, aber denen&#x017F;elben die Ru&#x0364;k-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kehr</fw><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D d d</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[785/0841] Die Bewegung des Herzens. aus der linken Kammer entſpringende Lungenblutader, ihres Urſprungs halber, eine Schlagader, und wegen ihres duͤnnen Gewebes eine Blutader (arteria venoſa) (a). Hiernaͤchſt leitete man auch das Blut aus der rechten Kammer, durch die kleinen Oefnungen (pori) der Herz- ſcheidewand (b), in die linke Hoͤlung des Herzens, und behauptete zugleich dabei, daß in dieſer Hoͤlung das Blut von dem Lebensgeiſte gleichſam beſchwaͤngert wuͤrde. Jn- deſſen hat ſich doch dieſer Jrrthum nicht uͤberall ausge- breitet, wenigſtens blieb Galenus davon befreiet. Denn es war ihm ſchon ſo viel bekannt, daß das naͤhrende Blut, durch ein aus der rechten Kammer entſpringendes Gefaͤß, der Lunge zugefuͤhrt wuͤrde (c), hingegen aber von der Lunge, mittelſt eines von dem linken Sinus ab- ſtammenden Gefaͤſſes, der Geiſt oder die Luft aus der Lunge in die linke Herzkammer gelange (d). Nachdem nun alſo ſchon vorlaͤngſt bereits ein Theil der Wahrheit bekannt war, ſo betrachtete zuerſt Michael Servetus (e), aus Villanova gebuͤrtig, und nachher Realdus Columbus (f), die Groͤſſe der Lungenſchlag- ader (g), wie wir ſie heutiges Tages nennen, und fan- den dieſelbe in der That zu weit, als daß ſie blos der Lunge die Nahrung zuzufuͤhren beſtimmt ſeyn ſollte: und nachdem ſie auch die wahre Beſchaffenheit derer Klappen genau erkannt hatten, welche zwar die fluͤßigen Saͤfte in die linke Kammer durchlaſſen, aber denenſelben die Ruͤk- kehr (a) Galenus ebendaſ. Oriba- ſius de corde. (b) Ebenderſ. ebendaſ. c. 17. (c) Ebendaſ. (d) Ebendaſ. c. 10. 14 15. u. f. (e) L. V. de Trinitate, ſo 1553. herausgekommen. Man ziehe hie- her die Stelle aus der Lebensbe- ſchreibung des Servetus, welche von unſrem ehemaligen vortrefli- chen Collegen, dem Mosheim, iſt herausgegeben worden, wie auch bei dem wotton of antient & mo- dern learning, S. 212. und den Douglas in Bibliographia anato- mica. (f) Am angef. Ort L. VII. c. 177. (g) Servetus, Columbus, Arantius Obſ. anat. 33. D d d

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/841
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 785. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/841>, abgerufen am 22.11.2024.