Kammer (x). Jst die Aorte hingegen frei, so leeret sich die Herzkammer in selbige aus, und wenn dieses Blut herausgetrieben worden, so läst die Kammer in ihrer Anstrengung nach, bis eine neue Ursache wieder zum Vorschein kommt, von der sie veranlasset wird, sich wie- der zu verengern.
Es fällt diese vornehmste Schlagader, (und eben so auch die Lungenschlagader,) nachdem sie von dem hinein- getriebenen Blute aufgeschwollen, bald darauf wieder zusammen, es mag nun dieses blos von der Federkraft, oder von einer muskelhaften Bewegung herrühren. Wenn sie sich aber wieder zusammenziehet, so treibet sie nach allen Seiten das Blut von sich, und findet nicht nur von neuem den Weg, der in ihre Aeste führet, son- dern sie würde auch das Blut gegen das nunmehro schon ermattende Herz, welches kein neues Blut mehr fort- treibet, zurükke stossen, wofern sie nicht die halbmonden- förmigen Klappen bekommen hätte (y).
Denn wenn sich die Wände der Aorte verengern, und das in der Schlagader enthaltne Blut weiter fort- treiben, so trift dasselbe auf der Richtungslinie, die nach dem Herzen führt, die Mündungen der blinden Klap- penbuchten offen an, tritt in dieselben hinein, erfüllet sie, und schiebet die beweglichen Klappenseegel von den Wän- den des Herzens zurükke, und dränget so lange gegen die Achse, bis alle drei ausgespannte Klappen mit einander die Schlagader völlig verschliessen, und den Rüklauf des Blutes in das Herz wirklich hemmen, indem ihr Maas mit dem Durchschnitte der Schlagader gleich gros ist (z). Es wird aber diese Stärke der Klappen von ihren Seh- nenfasern vermehrt, damit sie desto leichter den Stoß
von
(x)[Spaltenumbruch]Mem. de l'Acad. des scienc. 1735. S. 20. 21.
(y) §. 10. Abschn. 3. Vom Baue des Herzens und §. 17.
(z)[Spaltenumbruch]
Ebendas. Siehe auch den galenvs de Hippoc. & Platon. decretis L. 6. c. 6. Senac S. 359.
Viertes Buch. Das Herz.
Kammer (x). Jſt die Aorte hingegen frei, ſo leeret ſich die Herzkammer in ſelbige aus, und wenn dieſes Blut herausgetrieben worden, ſo laͤſt die Kammer in ihrer Anſtrengung nach, bis eine neue Urſache wieder zum Vorſchein kommt, von der ſie veranlaſſet wird, ſich wie- der zu verengern.
Es faͤllt dieſe vornehmſte Schlagader, (und eben ſo auch die Lungenſchlagader,) nachdem ſie von dem hinein- getriebenen Blute aufgeſchwollen, bald darauf wieder zuſammen, es mag nun dieſes blos von der Federkraft, oder von einer muskelhaften Bewegung herruͤhren. Wenn ſie ſich aber wieder zuſammenziehet, ſo treibet ſie nach allen Seiten das Blut von ſich, und findet nicht nur von neuem den Weg, der in ihre Aeſte fuͤhret, ſon- dern ſie wuͤrde auch das Blut gegen das nunmehro ſchon ermattende Herz, welches kein neues Blut mehr fort- treibet, zuruͤkke ſtoſſen, wofern ſie nicht die halbmonden- foͤrmigen Klappen bekommen haͤtte (y).
Denn wenn ſich die Waͤnde der Aorte verengern, und das in der Schlagader enthaltne Blut weiter fort- treiben, ſo trift daſſelbe auf der Richtungslinie, die nach dem Herzen fuͤhrt, die Muͤndungen der blinden Klap- penbuchten offen an, tritt in dieſelben hinein, erfuͤllet ſie, und ſchiebet die beweglichen Klappenſeegel von den Waͤn- den des Herzens zuruͤkke, und draͤnget ſo lange gegen die Achſe, bis alle drei ausgeſpannte Klappen mit einander die Schlagader voͤllig verſchlieſſen, und den Ruͤklauf des Blutes in das Herz wirklich hemmen, indem ihr Maas mit dem Durchſchnitte der Schlagader gleich gros iſt (z). Es wird aber dieſe Staͤrke der Klappen von ihren Seh- nenfaſern vermehrt, damit ſie deſto leichter den Stoß
von
(x)[Spaltenumbruch]Mem. de l’Acad. des ſcienc. 1735. S. 20. 21.
(y) §. 10. Abſchn. 3. Vom Baue des Herzens und §. 17.
(z)[Spaltenumbruch]
Ebendaſ. Siehe auch den galenvs de Hippoc. & Platon. decretis L. 6. c. 6. Senac S. 359.
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Viertes Buch. Das Herz.
Kammer (x). Jſt die Aorte hingegen frei, ſo leeret ſich
die Herzkammer in ſelbige aus, und wenn dieſes Blut
herausgetrieben worden, ſo laͤſt die Kammer in ihrer
Anſtrengung nach, bis eine neue Urſache wieder zum
Vorſchein kommt, von der ſie veranlaſſet wird, ſich wie-
der zu verengern.
Es faͤllt dieſe vornehmſte Schlagader, (und eben ſo
auch die Lungenſchlagader,) nachdem ſie von dem hinein-
getriebenen Blute aufgeſchwollen, bald darauf wieder
zuſammen, es mag nun dieſes blos von der Federkraft,
oder von einer muskelhaften Bewegung herruͤhren.
Wenn ſie ſich aber wieder zuſammenziehet, ſo treibet ſie
nach allen Seiten das Blut von ſich, und findet nicht
nur von neuem den Weg, der in ihre Aeſte fuͤhret, ſon-
dern ſie wuͤrde auch das Blut gegen das nunmehro ſchon
ermattende Herz, welches kein neues Blut mehr fort-
treibet, zuruͤkke ſtoſſen, wofern ſie nicht die halbmonden-
foͤrmigen Klappen bekommen haͤtte (y).
Denn wenn ſich die Waͤnde der Aorte verengern,
und das in der Schlagader enthaltne Blut weiter fort-
treiben, ſo trift daſſelbe auf der Richtungslinie, die nach
dem Herzen fuͤhrt, die Muͤndungen der blinden Klap-
penbuchten offen an, tritt in dieſelben hinein, erfuͤllet ſie,
und ſchiebet die beweglichen Klappenſeegel von den Waͤn-
den des Herzens zuruͤkke, und draͤnget ſo lange gegen die
Achſe, bis alle drei ausgeſpannte Klappen mit einander
die Schlagader voͤllig verſchlieſſen, und den Ruͤklauf des
Blutes in das Herz wirklich hemmen, indem ihr Maas
mit dem Durchſchnitte der Schlagader gleich gros iſt (z).
Es wird aber dieſe Staͤrke der Klappen von ihren Seh-
nenfaſern vermehrt, damit ſie deſto leichter den Stoß
von
(x)
Mem. de l’Acad. des ſcienc.
1735. S. 20. 21.
(y) §. 10. Abſchn. 3. Vom Baue
des Herzens und §. 17.
(z)
Ebendaſ. Siehe auch den
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 1. Berlin, 1759, S. 788. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende01_1759/844>, abgerufen am 22.11.2024.
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